Название | Der Zthronmische Krieg |
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Автор произведения | Matthias Falke |
Жанр | Научная фантастика |
Серия | |
Издательство | Научная фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783957770417 |
Nach einer Weile kamen die lautlosen Explosionen in der hohen Atmosphäre zum Erliegen. Und auch das ferne Donnern aus den lebensfernen Weiten der Ngév verstummte beinahe; es ebbte zu einem fast unhörbaren Grummeln ab, wie wenn ein Gewitter vorbeigezogen war und sich jenseits der Gebirge austobte. Die Brände, die über den Einschlagkratern lohten, schienen anzuhalten. Der westliche Horizont war von einem tiefroten, wabernden Schein überwölbt, einer Art schmutzigen Zodiakallichtes. Niemand wusste, was sich dort in dieser Stunde zutrug, wie viel Blut in diese Feuersbrunst vermischt war.
Der Pater hätte es sich nicht durchgehen lassen, sich nach diesem Schauspiel wieder zu Bett zu begeben. Er kehrte in seine Wohnung zurück und schloss die Tür aus wärmedämmendem Elastil, die die Verbindung zum terrassenförmigen Vordach bildete. Aber er verweigerte sich für den Rest dieser Nacht den Schlaf. Vermutlich hatte es Tote gegeben. Menschliche oder andere Seelen irrten im Raum zwischen den Welten umher. Er musste für sie beten.
Er ließ sich auf dem hölzernen Bänkchen vor seinem Meditationskaktus nieder und versenkte sich in Trance. Dabei liefen die Gedanken auf unterschiedlichen Ebenen weiter. Wie die Satelliten einer Welt, die diese auf den verschiedensten Bahnen umkreisen und einander niemals berühren, kreisten seine Überlegungen um das nächtliche Phänomen, das seinerseits die unterschiedlichsten Deutungen und Interpretationen erlaubte. Er glaubte ausschließen zu können, dass es ein natürliches Ereignis gewesen war. Ein Asteroid, der an den hohen Atmosphäreschichten zerschellt wäre, hätte niemals ein solches lang anhaltendes Feuerwerk geboten. Und Kometentrümmer oder Meteore, die auf die Wüste eingehagelt wären, hätten nicht zu solchen Bränden geführt. Was sollte brennen, in der Stein- und Geröllwüste der Großen Ngév? Es mussten enorme Treibstoff- oder Munitionsmengen im Spiel sein. Eines oder mehrere Schiffe mussten aus einem Orbit abgestürzt sein. Vermutlich war dem ein Gefecht vorausgegangen. Ihm war von einer politischen Krise oder einer sonstigen Bedrohungslage nichts bekannt. Aber die Situation auf dem geteilten Planeten war in den letzten Tagen und Wochen immer noch prekärer geworden. Auch ein Kampf im Raum über der Lufthülle konnte da nicht ausgeschlossen werden.
Er wusste nichts. Und er verbat sich alle Spekulation. Er ahnte nur eines: Im großen schwarzen Buch der Geschichte wurde wieder einmal ein neues Kapitel aufgeschlagen. Er fürchtete, es werde auf dieser Welt spielen, auf dem so überaus reichen und kargen, umkämpften und verlassenen, schönen und erbarmungslosen, gesegneten und verfluchten Zthronmia.
Pater Pu Rhea Bel betete zu Gott, dass der Konflikt glimpflich ablaufen und dass sein Hunger nach menschlichen und anderen Seelen nicht unersättlich sein würde. Er erteilte allen, die in der Nacht womöglich den Tod gefunden hatten, die Absolution. Dann verharrte er in durchlässiger Trance bis zum Morgen.
Nachdem er das Morgengebet gesprochen und die rituelle Verneigung vor seinem Kaktus absolviert hatte, widmete er sich im ersten Frühlicht seinen Übungen. Man sollte dem Körper nicht zu viel an Aufmerksamkeit widmen; aber ihn zu vernachlässigen, war dennoch Sünde. Schließlich war er das Gefäß des Geistes. Nachdem er sich gewaschen und angekleidet hatte, nahm der Pater sein knappes Frühstück aus getrocknetem Fladenbrot und dünnem Synthetkaffee zu sich. Eines seiner wenigen Zugeständnisse an die Zeit künstlicher Genussmittel. Er hatte sich eben die weiße Toga aus handgewebtem Tuch umgeworfen, um sich zu seiner Gemeinde zu begeben, als die Sirenen ertönten. Das war zwar in den letzten Wochen zu einer beinahe täglich wiederkehrenden Prüfung geworden, dennoch durfte es – auch in der inneren Haltung, die man dazu einnahm – niemals Routine werden.
Er trat auf die Plattform seiner Pueblos hinaus und beschattete die Augen vor der Sonne, die in diesem Augenblick über den staubigen Horizont kam. Im Westen war ihm gerade noch ein dünner schwarzer Rauchfaden aufgefallen, dessen Wurzel tief in der Großen Ngév stehen musste und der sich im Morgenwind zusehends zerfaserte. Doch jetzt loderte im Osten ein neuer Morgen. Es bestand kein Zweifel, dass es ein blutiger sein würde. Denn aus dem Strahlenfächer der aufgehenden platinfarbenen Sonne brach ein Geschwader Scyther hervor, das in weit auseinandergezogener Formation im Tiefflug auf den Kibbuz zuhielt. Wie es ihrer gewöhnlichen Taktik entsprach, bildeten die Scyther ein asymmetrisches Delta, dessen einer Balken aus drei, der andere jedoch aus mindestens einem halben Dutzend Maschinen bestand. So pflegten sie in geringer Höhe auf ihr Zielgebiet zuzuhalten und es dann in rollenden Angriffen ins Visier zu nehmen.
Der Pater konnte sehen, wie die Menschen überall den Schutz der Bunker und festen Unterstände aufsuchten. Er selbst blieb an seinem Platz, auf dem weit vorspringenden Terrassendach seines Pueblos. Die Angriffe der Zthronmic galten für gewöhnlich der Unterstadt, wo ihre Bomben im Gewirr der engen Gassen wie auch auf den weiten volkreichen Plätzen, Märkten und Foren mehr Schaden anrichten konnten als bei den vereinzelt stehenden Häusern der Oberstadt, die sich an den Hang des Hügels lehnte. Er fühlte sich einigermaßen sicher. Zugleich schämte er sich dieses Gefühls, das einen Beigeschmack von Überheblichkeit barg. Weidete er sich an der Illusion seiner Unversehrbarkeit – und am Anblick der Katastrophe wenige Steinwürfe unter seinen Füßen?
Der Pater beschloss, es diesmal nicht bei der Rolle des Zuschauers zu belassen. Während unten die ersten Einschläge krachten, hangelte er sich an der Außenleiter seiner Pueblos nach unten und tauchte in die kühle Gasse ein, die zu dieser frühen Stunde noch im Schatten lag. Dann begann er, die verwinkelten Treppen und Wege hinunterzueilen, die zur bevölkerungsreichen Unterstadt führten. Detonationen ließen die Gebäude erbeben. Scheiben aus Elastalglas gingen zu Bruch. Explosionen, Sirenen, Schreie ertönten und vermischten sich zu einem panischen Durcheinander. Das Gellen der Verwundeten wurde von den ohnmächtigen Rufen der Mütter durchdrungen, die ihre Kinder sterben sahen. Dazwischen schollen die Kommandos der Rettungskräfte und die anklagenden Laute der unfreiwilligen Zeugen, die mit ansehen mussten, wie der Kibbuz ein weiteres Mal angegriffen wurde, ohne sich zur Wehr zu setzen.
Je weiter er im kegelförmigen Bau der verschachtelten Siedlung nach unten kam, umso voller waren die Straßen von hin und her eilenden Menschen. Und immer noch krachten Einschläge. An der Ecke zum großen Markt kam ihm ein Mann der Schutztruppe entgegen, warf sich über ihn und zog ihn zu Boden. Während der Pater noch verwirrt um Atem rang, von der schweren Gestalt des Mannes fast erdrückt, bebte die Erde unter ihm und der Himmel verwandelte sich in flüssiges Blut. Eine Pilzwolke aus rotem Feuer blühte über ihnen auf, während der Boden wankte und der Explosionsdruck den Staub in seltsam ästhetischen Mustern um die Kanten der Gebäude tanzen ließ.
Brennende Schwaden troffen auf sie herab. Die Luft war geschwängert vom widrigen Dunst explodierten Treibstoffs und verkohlten menschlichen Fleisches. War eines der Depots getroffen worden?
Während sie sich mühsam erhoben und überall Leute dabei waren, die vom Himmel regnenden flüssigen Brände zu löschen, starrte der Pater den Mann an, der ihm das Leben gerettet hatte. Zwei Schritte weiter, aus dem Schutz des steinernen Gebäudes heraus, und der feurige Atem der Katastrophe würde ihn in Asche verwandelt haben.
»Was war das?«, stammelte er und erschrak darüber, wie heiser seine Stimme klang.
Der bullige Schutzmann, der nicht das traditionelle weiße Gewand der Amish trug, sondern eine Uniform aus Hitze abweisendem Elastil, lugte vorsichtig um die Ecke und auf den getroffenen Markt hinaus.
»Eine Aerosolbombe«, hustete er, sich Staub und Ruß aus dem Anzug klopfend.
Pater Bel schob ihn aus dem Weg und