Название | Schlacht um Sina |
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Автор произведения | Matthias Falke |
Жанр | Научная фантастика |
Серия | |
Издательство | Научная фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783957770295 |
Ich mochte das gerne glauben, verriet das Leuchten in seinen Augen mir doch, wie sehr das Projekt ihn begeistert hatte und noch begeisterte. Vor allem aber setzte es uns in Stand, den geplanten Aufmarsch voranzutreiben. Selbst wenn noch eine der sinesischen Sonden ablegen und ihre Informationen nach Sina bringen sollte, würde man dem zum Prinzip erhobenen Kauderwelsch dort schwerlich etwas entnehmen können. Und was für Informationen wurden in diesen Tagen nicht verschoben! Endlose Listen mussten abgearbeitet werden. Truppenstärken, Aufstellungen von Material und Nachschub, Treibstoff- und Munitionsvorräte, Organisation von Konvois und Zusammenstellung von Geleitzügen, komplizierte Staffelung von Befehlsstrukturen, Flugrouten, Computerprogrammierungen, Gefechtspläne. Alles wurde im speziellen Argot der Unterwelt von Buenos Aires oder im scholastischen Jargon theologischer Experten übermittelt.
Endlich waren die Vorbereitungen abgeschlossen. Die größte interstellare Armada, die je einem Kommandanten unterstellt worden war, stand bereit, auf meinen Befehl hin in den Warpraum aufzubrechen. Selbst ein Stein hätte ein mulmiges Gefühl gehabt. Seit Tagen schlief ich schlecht. Mein Magen, dessen Dienste zur Wiedererlangung meines Kampfgewichtes dringend nötig gewesen wären, revoltierte. Ich musste mich zu den Mahlzeiten zwingen; dennoch stagnierte mein Heilungsprozess. Aber darauf durften wir jetzt keine Rücksicht mehr nehmen.
Bis jetzt war alles nur Papier und vielstimmige, babylonisch verbrämte Absicht. Noch war kein Schuss gefallen, kein Triebwerk gezündet, hatte sich kein Hangartor geöffnet. Selbst für den aufmerksamen Beobachter dürfte sich allenfalls eine Zunahme des Funkverkehrs ergeben haben. Alles andere hatte im Verborgenen stattgefunden, in unterirdischen Werften oder in der Kryptik unverständlicher Mitteilungen. Das würde sich nun ändern. Mit dem Befehl zum Abheben durchschritten wir ein Tor, das sich im selben Augenblick krachend hinter uns schließen würde. Noch konnten wir die ganze Aktion abbrechen, aber wenn morgen die ENTHYMESIS und die Jägerstaffeln die Feldgeneratoren anwarfen und die Reaktoren zündeten, gab es kein Zurück mehr. Dann waren die Würfel geworfen, die fallen würden, wie sie fallen mussten. Alles lag dann in Gottes Hand. Leider gab es keinen Gott, dessen tröstlicher Grausamkeit wir uns anvertrauen konnten. Wir mussten selbst wissen, was wir taten. Es hing alles von uns selbst ab. Das machte es nicht gerade leichter.
Am letzten Abend vor dem Starttermin kamen wir in kleinem Kreis mit dem Kanzler und seinem Persönlichen zusammen. Es wurde ein exquisites Menü serviert, dazu erlesene Weine, teilweise allerneuester Jahrgänge. Zumindest was die Agrikultur betraf, war die Menschheit wieder über den Berg. Was ihre galaktischen Ambitionen anging, das mussten die nächsten Tage erweisen. Gedämpfte klassische Musik erfüllte den Raum, ein kleines Kabinett in einer der höchsten Etagen der Bunkerfestung. Es war eine ausgeschalte Bergspitze, einige hundert Stockwerke über den Wohn- und Regierungstrakten, in denen wir die letzten Wochen verbracht hatten. Massive Felswände schlossen sich zu einer Kuppel über dem privat anmutenden Zimmer. Nach allen Seiten waren große Fenster in das Gestein gebrochen, sodass wir einen umfassenden Blick über die Landschaft genießen konnten. Tief unter uns rauschte der Fluss in seinem gewundenen Bett. Das Tal hatte sich in den vergangenen Tagen von der Sohle her zu begrünen begonnen. Die Mandelbäume hatten die Blüte beendet und hellgrün knospendes Laub hervorgetrieben. Krokusse bildeten blaue Lachen, die aus dieser Höhe wie schimmernde, vom Wind gewellte Weiher aussahen. Aber auch Magnolien und wilde Obstbäume blühten schon. Der Abendhimmel war klar. Im Lauf der Mahlzeit trübte er sich flamingofarben ein und loderte dann für wenige Augenblicke wie Lava auf, ehe er rasch erkaltete und steingrau wurde. Die ersten Sterne zogen auf. Die Ringe wurden sichtbar, die bei Tag von der Sonne überstrahlt wurden, sich jetzt aber als hauchfeine silberglänzende Filamente über das südliche Firmament zogen. Ich hatte darauf gedrungen, die Batterien, die sich dort befanden, zu verstärken. In den größeren Trümmern, die nach Kilometern maßen, waren zahlenkräftige Einheiten untergebracht, die mit ihren Geschützen einen wirkungsvollen Sperrgürtel bildeten. In den kleineren Bruchstücken bis herab zu Felsbrocken von wenigen Metern waren automatische, KI-gesteuerte Kanonen montiert worden. Man hoffte so, die erste Welle einer Invasionsarmee auffangen oder sie so lange in Schach halten zu können, bis die Jagdgeschwader aufgestiegen waren. All das war ungewiss. Aber allein die Anstrengungen der zurückliegenden Wochen hatten noch einige besonders eklatante Lücken geschlossen.
Dem Kanzler war mein sorgenvoller Blick zum Himmel nicht entgangen. »Von morgen an lastet eine schwere Verantwortung auf Ihren Schultern«, sagte er. Das war das Zeichen, dass der der Konversation gewidmete Teil des Abends beendet war. Die Teller und Schüsseln, die in meinem Fall fast unberührt waren, wurden abgetragen. Liköre, Kaffee, Qat-Zigaretten und echte Tabakwaren wurden gereicht.
»Ich kann nur hoffen«, fuhr Seine Eminenz fort, »dass Sie sich dessen bewusst sind.«
Jennifer ließ sich einen Rhabarber-Kiwi-Drink mixen, während ich befand, dass ich einen Whisky brauchen konnte. Kauffmann bestellte einen Mokka. Der Kanzler blieb beim Wein, zündete sich aber eine Zigarette an.
»Das Schicksal einer großen Flotte liegt in ihren Händen. Vielleicht das der ganzen Menschheit.« Er paffte blaue Rauchwolken und sah mich durch die kreisförmigen Kringel durchdringend an.
»Selbstverständlich sind wir uns darüber im klaren«, beeilte ich mich zu sagen.
Ich wählte den Plural, weil mir aufgefallen war, dass er mit einer Miene zwischen Jennifer und mir hin und her blickte, die zu besagen schien, dass er sie für die eigentliche Antreiberin des ganzen Unterfangens hielt. Was nicht falsch, aber auch nicht vollkommen richtig war; ich stand durchaus hinter ihren Überlegungen.
»Wenn ich recht informiert bin«, sagte Cole Johnson mit einem Seitenblick zu seinem Sekretär, »ist den Sinesern bisher sowohl der Aufenthaltsort der MARQUIS DE LAPLACE als auch die Position der von Ihnen neugegründeten Kolonien unbekannt.“ Er zögerte, als denke er über etwas nach, das ihm entfallen war.
»Die Region Eschata«, warf Kauffmann ein, »im Nebel M42.«
Jennifer und ich nickten.
»Wenn Sie nun dorthin fliegen«, fuhr der Kanzler nach einem Moment der Zerstreuung fort, »werden Sie die Aufmerksamkeit der Sineser unweigerlich auf diese Regionen lenken.«
Jennifer machte eine Bewegung, als wolle sie das Wort ergreifen, aber der Kanzler ging nicht darauf ein. Ich berührte sie am Arm, um sie zurückzuhalten.
»Wir können nur hoffen«, seufzte Johnson, »dass sie das nicht als aggressiven Akt auffassen. Ich werde deshalb ein diplomatisches Kommuniqué übermitteln, in dem ich die friedlichen Absichten dieser Kolonisierung und den rein defensiven Charakter unserer Wiederbewaffnung herausstreiche und auf eine Wiederaufnahme der Gespräche dringe.«
Er schwieg und sog an seiner Zigarette, die er dann im Aschenbecher ausquetschte. Der Geruch von echtem verbranntem Tabak, der in dem geschlossenen Raum noch sehr viel intensiver war, faszinierte mich. Allerdings war ich so schwach auf dem Magen, dass mir der bloße Gedanke daran, auch nur eine Runde zu Qatten, beinahe übel werden ließ.
»Schließlich haben wir ja nicht vor, Sina zu überfallen oder so etwas.«
Der Satz des Kanzlers hallte in der betretenen Stille wider. Wir mussten etwas entgegnen, aber mir fiel nichts ein. Glücklicherweise ergriff Kauffmann das Wort und wies darauf hin, dass die Sineser nach Lombok alle Verhandlungen abgebrochen hatten und seit dem Jupiter-Ereignis auf allen diplomatischen Kanälen geräuschvoll schwiegen.
»Das muss ja nicht immer so bleiben«, murmelte Seine Eminenz.
Ich konnte ihm unumwunden beipflichten. Er hatte recht: unser Verhältnis zu Sina musste auf eine völlig neue Grundlage gestellt werden. Was seinen Argwohn, wir könnten die Kolonien verraten, anging, konnten wir ihn beruhigen. Dieser Punkt hatte uns selbst die meisten Kopfschmerzen bereitet, und wir konnten nur hoffen, dass wir uns nicht selbst belogen, wenn wir seine Zweifel zerstreuten. Wir hatten vor, zunächst die Dunkelwolke anzufliegen. Die besonderen