77 Fehler und Irrtümer in der Notfallmedizin. Группа авторов

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Название 77 Fehler und Irrtümer in der Notfallmedizin
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Жанр Медицина
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Издательство Медицина
Год выпуска 0
isbn 9783954660131



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Untersuchungsaufwand hätte in diesem Fall die Fehlintubation sofort identifiziert werden können. Spätestens das pralle Abdomen und die weiterhin bestehende Zyanose hätten das Rettungsteam vor Ort dazu veranlassen müssen, kritisch die Beatmung zu prüfen, auch wenn die Möglichkeit der Kapnometrie nicht gegeben war.

      In aktuellen Untersuchungen wird von bis zu knapp 7 % ösophagealen Tubusfehllagen nach präklinischen Intubationen berichtet.

      Fehler und Gefahren

       Eine Fehlintubation ist keine Schande, allerdings sind die fehlende Kontrolle der Tubuslage und das Übersehen der Fehllage des Tubus eine Katastrophe für den Patienten!

       Bei der Fixierung des Tubus, Lagerung des Patienten, Extension oder seitlichen Bewegung des Halses kann es unbemerkt zu einem unabsichtlichen Zurückziehen des Tubus bzw. zur Extubation kommen.

       Beim Patienten mit V. a. ein Wirbelsäulen-Trauma können Intubation und Manipulation am Patienten ohne Schutz und Stabilisierung der HWS zur weiteren Schädigung der HWS bzw. des Rückenmarks führen!

      Fehlervermeidung

       Nach jeder Intubation und nach jeder Lageänderung des Patienten: Auskultation der Lunge beidseits und ggf. des Epigastriums sowie Beurteilung der Thoraxbewegungen.

       Auf Zeichen der Fehlintubation und Hypoxie achten (fehlendes endtidales CO2, Sättigungsabfall, fehlende Thoraxbewegungen, Bradykardie, pralles Abdomen, weiterhin bestehende Zyanose).

       Exspiratorischer CO2-Nachweis mittels Kapnometrie: Eine Kapnometrie gehört als zuverlässige apparative Untersuchungsmethode zur Beurteilung der korrekten trachealen Tubuslage auf jedes (notarztbesetzte) Rettungsmittel.

       Notärzte, die aufgrund ihrer Fachrichtung über keine große Erfahrung im Airwaymanagement verfügen, müssen dieses Grundwerkzeug der präklinischen Notfallmedizin regelmäßig im OP bzw. am Phantom üben. Zwingend gehört die Kenntnis über Alternativen im Atemwegsmanagement mit zu den Basiskenntnissen eines Notarztes.

       Auch der Rettungsassistent hat die korrekte Lage des Tubus nach Intubation sowie nach Lagerungsmanöver im Auge zu behalten. Hierfür muss auch ein Rettungsassistent regelmäßig im OP oder am Phantom seine Intubationskenntnisse wiederholen und vertiefen.

       Bei Patienten mit V. a. Schädel-Hirn-Trauma oder Halswirbelsäulen-Trauma ist vor Manipulationen bzw. Lagerung eine Cervicalstütze (z. B. Stifneck®) anzulegen oder das achsengerechte Halten des Kopfes durch einen Helfer sicherzustellen.

       Falls sich eine erforderliche Intubation durch eine angelegte Cervicalstütze schwierig gestaltet, kann die Stütze unter der Voraussetzung gelöst werden, dass von einer Hilfskraft ständig ein achsengerechter Zug auf Kopf und Halswirbelsäule zur Vorbeugung einer Rückenmarkskompression ausgeübt wird. Nach der Intubation (und Sicherstellung der regelrechten Tubuslage): sofortige Wiederherstellung der HWS-Immobilisation.

      Ein Notarzt wird über seinen Meldeempfänger zu einem Einsatz alarmiert. Über BOS-Funk will er sich von seinem Einsatzfahrzeug aus bei der Leitstelle einsatzklar melden, um den Auftrag zu übernehmen. Trotz mehrmaligem Ansprechen über Funk, kann er nicht mit der Leitstelle in Kontakt treten. Mit deutlichem Zeitverlust ruft der Notarzt über Mobiltelefon die Leitstelle an. Per Telefon bekommt er schließlich den Einsatzauftrag.

      Hintergrund

      Bei der Wagenpflege wurde beim Reinigen des Funkgerätes versehentlich der Kanal verstellt. Durch die Veränderung einer Zahl am Funkgerät wurde ein neuer Funkkanal am NEF eingestellt. Dies bedeutete, dass Leitstelle und Einsatzfahrzeug unterschiedliche Kanäle nutzten und damit keine Kommunikation möglich war, ohne dass beide Teilnehmer dies zunächst bemerkten. Der Einsatz von Mobiltelefonen als Back-Up-System sollte heutzutage selbstverständlich sein.

      Fehler und Gefahren

       Durch die falsche Kanalwahl kam es zur deutlichen Verspätung der Einsatzübermittlung und folglich zu einem verzögerten Eintreffen des Rettungsteams beim Notfallpatienten.

       Durch die Nutzung von Statusmeldungen, die nur abgesetzt und nicht bestätigt werden, fehlt häufig die Kontrolle, inwieweit der Funkkreis intakt ist.

       Ferner verunsicherte es den betroffenen Notarzt, da er vermeintlich von einem defekten Funkgerät ausging, obwohl nur eine Zahl bei der Kanalwahl verstellt war.

      Fehlervermeidung

       Vor Dienstbeginn sind die Fernmeldeeinrichtungen zu überprüfen. Dies ist ggf. mit der Dienstanmeldung zu verbinden. Über Funk wird in diesem Fall die Leitstelle angesprochen und über den Dienstantritt informiert. Sollte hierbei kein Funkkontakt zustande kommen, ist nach der Ursache zu suchen. Diese Anmeldung über Funk ist aber nicht überall üblich.

       Bei der Fehlersuche sollte man sich zunächst auf simple Sachverhalte konzentrieren und nach einem festgelegten Schema vorgehen, wie z. B. ob das Gerät richtig eingeschaltet ist und die Überprüfung von Stromversorgung, Kanal- und Bandwahl, ordnungsgemäß installierter Antenne, des festen Sitzes aller Stecker und Verbindungen.

       Für alle Rettungsdienstmitarbeiter und Notärzte sollte es eine regelmäßig wiederkehrende Funkausbildung geben.

       Die Rettungsleitstelle muss die eingehenden Statusmeldungen genau auf Vollständigkeit kontrollieren und bei Unregelmäßigkeiten sofort Maßnahmen zur Klärung einleiten. Dies ist deshalb wichtig, weil als Ursache einer fehlenden Statusmeldung nicht nur eine fehlerhafte Funkverbindung in Frage kommt, sondern auch ein Unfall des Rettungsmittels denkbar ist.

       Bei Unklarheiten empfiehlt sich die rasche Kontaktaufnahme über Mobilfunk.

      Der Rettungshubschrauber wird zu einem Verkehrsunfall nachalarmiert. Der ersteingetroffene Notarzt gibt Anweisung zur Versorgung einer jungen Frau, die sich außerhalb ihres mutmaßlichen Fahrzeuges befindet.

      Bei der Untersuchung ist der GCS 3. Der Bodycheck ergibt keinen Hinweis auf eine erkennbare Verletzung. Die Atmung ist regelmäßig und suffizient, der Kreislauf ist bei einem Blutdruck von 110/60 mmHg und einer Herzfrequenz von 88/min stabil. Unter der Vorstellung eines isolierten Schädel-Hirn-Traumas wird die Patientin analgosediert, intubiert und beatmet. Es erfolgt die Verlegung in das nächstgelegene Krankenhaus der Maximalversorgung.

      Während des Transportes wird die Patientin reanimationspflichtig und nach Eintreffen im Krankenhaus unter kontinuierlicher Herz-Druck-Massage in den Schockraum gebracht. Dort zeigt sich in der Echokardiographie eine massive Luftansammlung in allen vier Herzhöhlen. Unter weiter durchgeführter Herz-Druck-Massage erfolgt die Computertomographie zum Ausschluss einer intrakraniellen Verletzung. Daraufhin wird die Patientin in die Kardiochirurgie verlegt, um die kardiale Luftansammlung zu entlasten. Im weiteren Verlauf gelingt der Abgang von der Herz-Lungen-Maschine wegen Herz-Rhythmus-Störungen erst nach wiederholten Versuchen. Schließlich kann der Eingriff erfolgreich zu Ende geführt werden, und es erfolgt die Verlegung auf die Intensivstation. Die Patientin verstirbt nach drei Tagen, ohne jemals das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

      Hintergrund

      Zunächst einmal stellt sich die Frage nach der Indikation für die Druckinfusion bei der äußerlich unverletzten Patientin und stabilen Kreislaufverhältnissen. Dennoch hatte der Notarzt im Hubschrauber die laufende Infusion als Druckinfusion fortgesetzt. Dabei war es unbemerkt zur Luftinfusion gekommen. Da bei Beginn der Druckinfusion bereits mehr als die Hälfte der Flüssigkeit infundiert war, befand sich in der Flasche eine entsprechende Menge Luft (geschätzte 200 bis 300 ml). Deren Infusion führte zum akuten Rechtsherzversagen.