Ein Leben mit Freunden. Cornelia Weidner

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Название Ein Leben mit Freunden
Автор произведения Cornelia Weidner
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783866749061



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target="_blank" rel="nofollow" href="#uce394b47-491e-4e6a-a0f4-5247f75d1c7f">9.1.3 Werke anderer Autoren

      9.2 Sekundärliteratur

      9.2.1 Rezensionen, Erinnerungen und Nekrologe

      9.2.2 Handbücher, Nachschlagewerke, Einzelschriften und Aufsätze in Sammelwerken

      9.3 Abbildungsnachweise

       Anmerkungen

       Vorwort

      »Es ist nur zu bedauern, daß der Tod Soma Morgensterns der Vollendung der Lebenserinnerungen eines Intellektuellen seiner Prägung – jüdischer Herkunft und Überzeugung, im deutschen und jüdischen Kulturgut gebildet, Journalist zum Dichter geworden, Zeuge und Teilnehmer an den stürmischen Ereignissen einer kataklysmischen Epoche, Bekannter und Freund von mehreren Angehörigen der zeitgenössischen geistigen Elite – zuvorgekommen ist« – mit diesen Worten beschließt der amerikanische Literaturwissenschaftler Alfred Hoelzel seinen 1989 verfaßten Essay über den ostgalizischen Journalisten und Schriftsteller Soma Morgenstern.1a Morgenstern war 1976 im New Yorker Exil nahezu unbekannt und von der literarischen Öffentlichkeit so gut wie unbeachtet gestorben. Neben einigen wenigen noch zu seinen Lebzeiten publizierten Romanen hinterließ Morgenstern in seinem Nachlaß eine Vielzahl unveröffentlichter Typoskripte, die als Teile eben jenes autobiographischen Projektes anzusehen sind, dessen Nicht-Vollendung Hoelzel zu Recht in seinem Aufsatz bedauert.

      Der zu Klampen Verlag, der es sich seit Anfang der 1990er Jahre zur Aufgabe gemacht hat, Morgensterns nicht unbeträchtliches Werk zu edieren, hob auch diesen verborgenen Schatz aus Morgensterns Nachlaß. Mit den Bänden In einer anderen Zeit, Joseph Roths Flucht und Ende, Alban Berg und seine Idole und dem ›Romanbericht‹ Flucht in Frankreich wurden Morgensterns autobiographische Schriften vor dem Vergessen bewahrt und erstmals einer breiten Leserschaft zugänglich gemacht. Das Erscheinen der Morgenstern-Werkausgabe legte den Grundstein nicht nur für eine größere Verbreitung seiner Schriften, sondern auch für eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Schriftsteller Morgenstern und dessen Werk, allen voran mit dessen autobiographischen Schriften, die zahlreiche Ansatzpunkte für eine weitergehende Auseinandersetzung bieten.

      Mit der Studie Ein Leben mit Freunden – Über Soma Morgensterns autobiographische Schriften erscheint die erste umfassende Monographie über den ostgalizischen Journalisten und Schriftsteller Soma Morgenstern auf dem deutschen Buchmarkt. Nahezu dreißig Jahre nach dessen Tod liegt hiermit die erste wissenschaftliche Untersuchung vor, die diesen in Vergessenheit geratenen Autor und dessen umfangreiches autobiographisches Œuvre in ihr Zentrum stellt.

      Die vorliegende Abhandlung entstand als Dissertation am Institut für Deutsche Sprache und Literatur der Universität Hamburg und wurde dem Fachbereich im Dezember 2002 unter dem Titel Ein Leben mit Freunden – Soma Morgenstern als Autobiograph und als Chronist seiner Zeit vorgelegt. Sie widmet sich den zu Lebzeiten des Autors unveröffentlicht gebliebenen autobiographischen Schriften Soma Morgensterns und greift jenen Titel auf, den Morgenstern ursprünglich für seine Autobiographie vorgesehen hatte: Ein Leben mit Freunden. Damit wird bewußt jener letzte von Alfred Hoelzel angeführte Wesenszuge Morgensterns in den Mittelpunkt gestellt: »Bekannter und Freund von mehreren Angehörigen der zeitgenössischen geistigen Elite«.

      Die Freunde, Familien- und Heimatersatz des mehrfach ins Exil getriebenen, ziehen sich wie ein roter Faden durch die autobiographischen Texte. Morgenstern schildert sein Leben im Spiegel der Freunde. Er stellt weniger sich und sein eigenes Erleben in den Mittelpunkt als vielmehr das seiner Freunde, allen voran das Joseph Roths und Alban Bergs. Da sich Morgensterns engster Freundeskreis überwiegend aus der Literatur-, Musik-, und Kunstszene rekrutierte, sind seine Aufzeichnungen zugleich ein lebendiges kulturgeschichtliches Zeugnis ihrer Zeit, es sind Erinnerungen eines »Zeuge[n] und Teilnehmer[s] an den stürmischen Ereignissen einer kataklysmischen Epoche«.

      Im Zentrum der Studie steht neben der Erschließung der Texte für die Wissenschaft vor allem die Klassifizierung der literarischen Verfahrensweisen, derer sich Morgenstern in seinen autobiographischen Schriften bedient. Das Spektrum der literarischen Methoden ist hierbei ebenso breit gefächert wie die historischen, biographischen und autobiographischen Bezüge. Die Texte oszillieren zwischen Biographie und Autobiographie, zwischen Generationenbild und Zeitdokument.

      1. »Freundschaft heißt, gemeinsam einen Sack voll Salz aufessen«2 – Soma Morgenstern und sein Leben mit Freunden

      Als der aus Ostgalizien stammende Journalist und Schriftsteller Soma Morgenstern im Jahr 1976 sechsundachtzigjährig in New York starb, war sein Name dies- und jenseits des Ozeans so gut wie unbekannt. Sein schriftstellerisches Œuvre war nur in Teilen ediert, und auch diese wenigen Werke hatten kaum internationale Beachtung gefunden.3 In seinem Nachlaß fand sich eine Vielzahl unveröffentlichter und zum Teil druckfertiger Manuskripte, die erst im Rahmen einer neuen Werkausgabe, die zwischen 1994 und 2001 im zu Klampen Verlag erschienen ist, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Es stellt sich hier die Frage, warum Soma Morgenstern und sein nicht gerade unbeträchtliches publizistisches und schriftstellerisches Werk – die Werkausgabe umfaßt elf Bände – bis heute in Deutschland und Österreich noch nahezu unbekannt sind? Selbst in den USA, wo Morgenstern die letzten fünfunddreißig Jahre seines Lebens verbrachte und einen Großteil seiner Werke verfaßte, ist es um seine Bekanntheit nicht wesentlich besser bestellt.

      Morgensterns Schicksal ist kein Einzelfall. Er zählt zu der großen Schar von Journalisten und Schriftstellern, die nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 zunächst ihre Anstellung und dann ihre Heimat verloren. Der in Wien lebende Morgenstern verließ Österreich nach dem sogenannten Anschluß des Landes an das Deutsche Reich im März 1938. Wie viele ging er ins Exil, zuerst nach Frankreich, dann in die USA und kehrte nie wieder nach Europa zurück. Morgenstern war in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts als Feuilletonkorrespondent der Frankfurter Zeitung zunächst in Berlin, später in Wien tätig. Nach ersten Versuchen als Dramatiker wandte er sich Anfang der dreißiger Jahre gänzlich der Schriftstellerei zu. Sein erster Roman Der Sohn des verlorenen Sohnes, der den Auftakt zu einer Roman-Trilogie bildet, war im Jahr 1934 im Manuskript abgeschlossen, doch die sich überschlagenden politischen Ereignisse erschwerten sowohl die schriftstellerische Arbeit als auch eine Veröffentlichung des Werkes. Morgenstern mußte emigrieren, bevor er sich im deutschsprachigen Raum einen Namen als Schriftsteller hatte machen können. Sein erster Roman konnte 1935 zwar noch in Deutschland im Berliner Erich Reiss Verlag erscheinen, durfte jedoch nur an Juden verkauft werden. Im Jahr 1938 ging Morgenstern endgültig ins Exil nach Paris. Dort setzte er die Arbeit an den Fortsetzungsbänden der Roman-Trilogie fort, doch der Beginn des Zweiten Weltkriegs verhinderte die Vollendung und Veröffentlichung der Werke. Darüber hinaus gingen sämtliche Manuskripte auf der Flucht durch das besetzte Frankreich im Sommer 1940 verloren. Barbara Mauersberg faßt Morgensterns Situation in ihrer Rezension von dessen Erinnerungen an den langjährigen Freund Joseph Roth, Joseph Roths Flucht und Ende, mit folgenden Worten zusammen: »Der Erste Weltkrieg raubte ihm die Jugend, der Zweite die Heimat und die Nachkriegszeit brachte ihn um jede literarische Wirkung.«4

      Barbara Mauersbergs Satz trifft auf eine Vielzahl sogenannter Exil-Autoren zu. Vielen Zeitgenossen Morgensterns erging es ähnlich. Hitlers Diktatur machte es regimekritischen