Pepe S. Fuchs - Schatzjäger. Steffen Schulze

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Название Pepe S. Fuchs - Schatzjäger
Автор произведения Steffen Schulze
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783899692440



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bereits wieder zurück.

      Kamil sah am fittesten in der Reihe aus, von der Augenklappe und der leicht gekrümmten Körperhaltung abgesehen. Er hatte den Lebertreffer noch nicht vollständig verarbeitet und war bei seinem Sturz vom Steg mit dem linken Auge voran in einen Dornenbusch gefallen.

      »Herr Professor, hören Sie mir überhaupt zu?«

      Kusch zuckte zusammen. »Wie bitte?«

      Den Bison reizte man besser nicht. Wie sein tierischer Namensvetter nahm der sonst Anlauf und rammte einen mit seinem Betonschädel gegen die Wand. Buchstäblich.

      »Was sind Ihre nächsten Schritte nach dem Fehlschlag in Berlin, habe ich gefragt«, wiederholte Gorzka und kam dem Professor bedrohlich nahe.

      Sie waren fast gleich groß, Kusch jedoch nur halb so schwer und mindestens doppelt so alt. Er war in Gedanken gewesen und hatte den Themenwechsel nicht mitbekommen. Das passierte ihm in letzter Zeit öfter. Leider hatte Gorzka recht. Berlin war tatsächlich ein Desaster gewesen. Nach mehr als zwei Jahren hatten sie endlich einen neuen Hinweis bekommen. Der Tipp kam von einer sehr vertrauenswürdigen Quelle. Leider hatte auch hier der im Wohnzimmer angetretene Volkssturm versagt. Besonders der beinverletzte Ali. Dabei war die Aufgabe leicht, der Plan wohldurchdacht gewesen. Kamil sollte sich als Pfleger getarnt in das Bundeswehrkrankenhaus Berlin einschleusen. Dort wurde eine Patientin behandelt, die laut Aussage ihrer Informanten Kontakt zu dem Objekt gehabt hatte, nach dem Oleg Gorzka und er, Professor Alexander Kusch, schon ihr Leben lang suchten. Und obwohl die Kontaktperson die kranke Soldatin als schwach und bettlägerig beschrieben hatte, war sie robust genug gewesen, um Kamil den Hintern zu versohlen. Vielleicht war die Hodenverletzung, die er aus Berlin mitgebracht hatte, sogar der Grund, warum er noch immer nicht gerade stehen konnte.

      »Herr Professor, ich warte!«

      Gorzka trat jetzt so nah vor Kusch, dass sich fast ihre Nasenspitzen berührten. Unwillkürlich hielt der Professor die Luft an, da er die Knoblauchwolke, die ihm entgegenschlug, nicht aushalten konnte. Obwohl der Spitzname Gorzkas recht martialisch klang, sah er eher wie der typische Bauernjunge aus einem russischen Märchen aus. Er war nicht dick, eher kräftig, mit Pausbacken, die im Moment rot glühten und strohblonden Haaren, die in einer Prinz-Eisenherz-Gedächtnis-Frisur geschnitten waren.

      »Wir werden nicht erneut ins Krankenhaus gehen«, antwortete Kusch endlich.

      »Das hätte ich Ihnen auch nicht geraten«, entgegnete Gorzka und warf einen verächtlichen Blick auf Kamil.

      Der nestelte sich daraufhin nervös an seinem Schritt herum.

      »Ich habe mich mit unserer Kontaktperson geeinigt. Sie wird die Informationen hierherbringen lassen.«

      »Doch nicht zu mir!«, donnerte Gorzka aufgebracht. »Sie wissen ganz genau, dass meine Frau keine Geschäfte in unserem Wochenendhäuschen duldet!«

      Ja, das wusste der Professor. Der große starke Bison stand dermaßen unter dem Pantoffel, dass die Männer, die in schwarzen SS-Uniformen mit dem zugehörigen Totenkopf am Revers vor ihnen standen, bunte Filzhausschuhe trugen, um den Teppich nicht schmutzig zu machen. Und das, obwohl seine Frau, die schöne Helena, noch nicht mal im Haus war. Kusch hatte es nie verstanden, wie Frauen eine solche Macht über das andere Geschlecht ausüben konnten. Wahrscheinlich aber auch, da er sich von jeher eher zu Männern hingezogen fühlte.

      »Nein, wir treffen uns auf dem Campingplatz«, erwiderte der Professor.

      »Wann?«

      Gorzkas Augen glühten vor Aufregung. Seine Nasenflügel zitterten. Kusch konnte die Anspannung sehr gut nachvollziehen. Ihm ging es nicht anders. Wenn die Kontaktperson recht hatte, dann standen sie kurz davor, die Entdeckung ihres Lebens zu machen.

      »Schon morgen.«

      Gorzka schloss kurz die Augen.

      »Wie viel?«, wollte er als Nächstes wissen.

      »Bei einem Kurs von etwa eins zu drei reden wir von einer Milliarde Euro. Aufgerundet«, gab der Professor bereitwillig Auskunft und ein Raunen lief durch den Raum.

      »Das weiß ich selbst!«, blockte Gorzka ab und schaute zwischen den angetretenen Männern und dem Professor hin und her.

      Augenscheinlich war es ihm nicht recht, dass Kusch die Summe ausgeplaudert hatte.

      »Wie viel kostet mich die Information, will ich wissen!«

      »Fünfzigtausend.«

      »Euro?«

      Der Professor kniff kurz die Augen zusammen. Was denn sonst, Zloty?

      »Ja, Euro«, antwortete er ruhig.

      Oleg Gorzka atmete schwer aus.

      »Sie geben mein Geld mit vollen Händen aus, Herr Professor. Erst quartieren sich Ihre Leute im Ritz-Carlton in Berlin ein und hinterlassen eine horrende Rechnung, ohne dass die Unternehmung von Erfolg gekrönt war, und jetzt das!«

      »Eigentlich sind das Ihre Leute, nicht meine«, hielt der Professor dagegen.

      »Das stimmt leider. Aber der Schuldige wird seiner Strafe nicht entgehen.«

      Kamil wurde mit einem Mal kreidebleich und kippte noch weiter zur Seite, als er eh schon stand.

      »Wir kehren heute nach Danzig zurück. Pawel und Kamil kommen mit. Der Rest bleibt hier und unterstützt den Professor. Wegtreten!«

      Als Kusch sich auch zum Gehen wandte, pfiff Gorzka ihn zurück.

      »Ich werde Ihnen die fünfzigtausend geben«, sagte er, als sie allein im Zimmer waren. »Allerdings ist das Ihre letzte Chance. Wenn Sie damit nicht zum Ziel kommen, suche ich mir einen anderen Wissenschaftler und mauere Sie in meinen nächsten Appartementblock ein.«

      Das war kein Scherz. Der Professor hatte mehrere Männer aus Gorzkas Umfeld verschwinden sehen. Bei einem war er sich ziemlich sicher, dass der seine letzte Ruhe direkt hinter ihnen im See gefunden hatte. Zerkleinert in winzige Stücke. Der Kerl war erst Gorzkas Frau und dann einem Profihäcksler zu nahegekommen. Da sie ihn mit den Füßen voran in den Einführschacht gesteckt hatten, waren seine Schreie erst sehr spät verklungen.

      Gorzka starrte Kusch aus seinem pausbäckigen Gesicht an. Der Professor hielt seinem Blick, ohne zu zwinkern, stand. Endlich ließ Gorzka von ihm ab und lief zu einem großen Wandgemälde hinüber. Kusch war sich ziemlich sicher, dass Gorzkas Frau das Bild gemalt hatte. Nach Zahlen. Es war mit Scharnieren an der Wand befestigt. Der Bison liebte es, sich mit einer Geheimagentenaura zu umgeben. Hinter dem Gemälde kam ein Wandtresor zum Vorschein. Gorzkas Daumenabdruck entriegelte die Tür. In dem Safe stapelten sich Geldscheine bis in die letzte Ecke. Sorgsam, wie bei einem Jenga-Spiel für Millionäre, zog Gorzka fünf Bündel hervor und warf sie dem Professor zu.

      »Ihre letzte Chance!«, wiederholte er drohend.

       Kusch war froh, als er Gorzkas Haus verlassen hatte. Er konnte den Kerl nicht ausstehen, brauchte ihn aber. Ohne die finanziellen Mittel des Baumoguls hätte er seine Suche nicht fortführen können. Dabei ging es dem Professor nicht um das Geld. Für ihn zählte der künstlerische Wert, das Vermächtnis und wenn er ehrlich zu sich selbst war, auch der Ruhm. Was sollte er schon mit einer Milliarde Euro anfangen? Für die knappe Zeit, die ihm noch auf Erden blieb, hatte er längst ausgesorgt. Und wenn man bedachte, dass er sich seinen Lebensstandard selbst erarbeitet und erkämpft hatte, ohne fremde Hilfe, konnte er mit Recht stolz darauf sein.

      Er war als Waisenjunge aufgewachsen, hatte sich von klein an gegen Größere und Stärkere zur Wehr setzen müssen. Nur klüger als er war kaum jemand gewesen. Mit seinem messerscharfen Verstand hatte Kusch es geschafft, trotz aller Widrigkeiten eine akademische Laufbahn einzuschlagen und seine dunkle Seite vor der Öffentlichkeit zu verbergen.

      Oleg Gorzka und er hatten sich zufällig getroffen. Wie das Leben manchmal so spielte. Gorzkas Firma hatte den Zuschlag für den Forschungsneubau der Erfurter Universität erhalten, an der Kusch an der Theologischen Fakultät lehrte. Die Feierlichkeiten anlässlich des Spatenstichs hatte er als notwendiges Übel empfunden