Pepe S. Fuchs - Schatzjäger. Steffen Schulze

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Название Pepe S. Fuchs - Schatzjäger
Автор произведения Steffen Schulze
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783899692440



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sollten Sie vielleicht aufhören, ihn so intensiv anzusehen.«

       Das Buch wie ein Pfarrer seine Bibel haltend schritt Rossi auf den Eingang des Campingplatzes zu. Sie war etwas zu früh dran. Hoffentlich war die Kontaktperson schon da. Je schneller sie wieder von hier verschwinden konnte, desto besser. Major Frankfurt, ihr Vorgesetzter bei den Erfurter Feldjägern, der Militärpolizei der Bundeswehr, hatte sie merkwürdig angesehen, als sie ihn gebeten hatte, die Obergefreite Bock in Berlin besuchen zu dürfen. Letztendlich hatte er ihr aber grünes Licht und den heutigen Tag frei gegeben. Wenn sie bis zum späten Nachmittag zurück in der Kaserne sein wollte, durfte sie hier nicht allzu viel Zeit vertrödeln.

      Da! Ihr winkte jemand zu. Rossi hatte sich die Beschreibung ihres Kontaktmannes gut eingeprägt. Ein großer, schlaksiger Herr mit weißen Haaren, der Professor genannt wurde. Das musste er sein.

       Da der Grauhaarige angeregt mit seinem Begleiter redete und letztendlich an Pepe vorbeischaute, nahm der seine Hand herunter, drehte sich um und konnte nicht glauben, wen er sah.

      »Rossi!«, entfuhr es ihm.

      »Herr Oberfeldwebel«, antwortete die Hauptgefreite ebenso verdattert.

      »Was machen Sie denn hier?«, fragten beide im Chor.

      »Urlaub«, reagierte Pepe rasch.

      »Was ist mit Ihrer Nase passiert?«, wollte Rossi als Nächstes wissen.

      »Die ist gebrochen.«

      »Wie?«

      »Durch eine Fraktur der beiden Nasenbeine, vermute ich.«

      »Wir dachten, Sie sind tot«, entgegnete Rossi nach einer kurzen Pause und musterte Pepe von oben bis unten, als ob sie sichergehen wollte, dass sie keinen Geist vor sich hatte.

      »Es war knapp«, erwiderte Pepe.

      »Und warum haben Sie sich nicht gemeldet? Der Alte dreht fast durch, wegen des ganzen Papierkrams. Obwohl das meiste ja wie immer an mir hängen bleibt.«

      Dass Major Frankfurt sauer war, konnte sich Pepe lebhaft vorstellen.

      »Es hat sich bisher nicht ergeben«, druckste Pepe herum.

      »Es hat sich nicht ergeben? Sie gelten als eigenmächtig abwesend, Herr Oberfeldwebel! Das ist keine Kleinigkeit, wie ich Ihnen ja wohl nicht zu sagen brauche. Oder muss ich Sie an Paragraf 15 Absatz 1 des Wehrstrafgesetzes erinnern?«

       »Das gibt es doch nicht. Was soll denn das? Sie spricht mit dem kleinen Mann. Herr Daras, unternehmen Sie etwas!«

      »Was denn, Herr Professor?«

      »Gehen Sie hin und zerren Sie die Frau da weg! Wir können das jetzt ganz und gar nicht gebrauchen! Nicht, dass sie ihm das Buch noch überlässt!«

      »Meinen Sie wirklich, dass wir Aufmerksamkeit erregen sollten, wo es hier nur so vor Polizisten wimmelt?«

      Der Professor hielt inne. Die Soldatin und der Mann unterhielten sich weiterhin angeregt.

      »Was machen sie denn jetzt, Herr Daras?«

      »Sie gehen.«

      »Das sehe ich selbst. Aber wohin denn?«

      »Ich weiß es nicht, Herr Professor.«

      »Wofür bezahle ich Sie überhaupt? Oh nein, sie steigen in das Auto der Frau. Wir müssen ihnen folgen. Fahren Sie den Wagen vor, Herr Daras!«

       Pepe entging nicht, dass Rossi ständig zu dem Grauhaarigen hinüberschielte. Außerdem hatte sie ihm bislang nicht verraten, was sie nach Malchow verschlagen hatte. Zufall konnte das nicht sein. Erst bestellte ihn Oberbootsmann Schulze vom militärischen Geheimdienst in die mecklenburgische Provinz, dann traf er auf Hobby-Soldaten in SS-Uniformen und zu guter Letzt schlug die Geschäftszimmerdame aus der Erfurter Kaserne hier auf.

      »Hauptgefreite Rossi, wir essen zusammen zu Mittag. Jetzt! Aufsitzen und abrücken!«

      »Jawohl, Herr Oberfeldwebel!«, antwortete Rossi zackig und ließ möglichst unauffällig ein in Leder gebundenes Buch in der Beintasche ihrer Uniformhose verschwinden.

      »Sie haben keine Schuhe an.«

      »Stimmt. Sagen Sie es nicht weiter«, entgegnete Pepe und lief zu dem Militärfahrzeug hinüber.

      Rossi warf einen letzten Blick zurück zu ihrer Kontaktperson, bevor sie ihm folgte.

      Obwohl der Wagen schattig parkte, war es im Inneren heiß und stickig. Natürlich hatte der Geländewagen keine Klimaanlage. Pepe kurbelte die Scheibe herunter.

      »Da Ihnen der Alte ein Fahrzeug gegeben hat, sind Sie wohl in offizieller Mission hier«, mutmaßte er und musterte die Hauptgefreite von der Seite.

      Die erwiderte seinen Blick nicht, sondern wendete konzentriert und fuhr den schmalen, holprigen Weg vor zur Bundesstraße.

      »Wir fahren nach Malchow rein«, bestimmte Pepe, als Rossi nicht auf seine Vermutung reagierte. »Im Insulaner soll es gutes Essen geben.«

      »Jawohl, Herr Oberfeldwebel!«

      »Jetzt hören Sie doch mal mit diesem Quatsch auf und erzählen mir, was los ist!«, ereiferte sich Pepe.

      Rossi hielt sich krampfhaft am Lenkrad fest und starrte stur geradeaus. War das ein Zeichen, ein Wink des Schicksals? Wollte ihr eine höhere Macht mitteilen, dass sie hier und jetzt die Möglichkeit hatte, das Richtige zu tun? Sie konnte Oberfeldwebel Fuchs noch nie ausstehen. Nicht erst, seitdem er sie als lebendes Hindernis bei der Motorradausbildung benutzt hatte. Als Slalomhütchen sozusagen. Wobei sie zugeben musste, dass sie eher ein Hut, als ein Hütchen war. Aber auf eines konnte man sich bei Pepe S. Fuchs hundertprozentig verlassen: Wenn man in Schwierigkeiten war, half er einem aus der Patsche. Ohne Rücksicht auf Verluste. Nur durfte die Notlage nicht gegen seinen Gerechtigkeitssinn oder seine Vaterlandsliebe verstoßen. Und für beides konnte Rossi in ihrer Lage im Moment die Hand nicht ins Feuer legen.

      »Was hat das mit dem Buch auf sich?«, unterbrach Pepe ihre Gedankengänge.

      »Was meinen Sie?«

      »Hauptgefreite Rossi, verscheißern Sie mich nicht! Sie sind nach Malchow gekommen, um das Buch, das jetzt in Ihrer Tasche steckt, dem grauhaarigen Schlaks zu übergeben, der in seiner Freizeit Krieg spielen lässt. Liege ich damit richtig?«

      Verdammt!

      »Das darf ich nicht sagen. Ist eine Geheimoperation«, antwortete Rossi zögernd.

      »Hauptgefreite, nur weil ich keine Schuhe trage, bin ich noch lange nicht auf der Wurstsuppe hergeschwommen! Raus mit der Sprache!«

      Die hielt ihn echt für blöd. Geheimoperation! Nie im Leben! Rossi hatte das Geschäftszimmer der Feldjäger-Einheit in Erfurt unter sich. Sie erledigte den Schreibkram, war die Sekretärin des Chefs. Nie und nimmer würde Major Frankfurt sie mit einer geheimen Dienstsache beauftragen. Das bedeutete, die Hauptgefreite war auf eigene Rechnung unterwegs! Nur warum dann in einem Bundeswehr-Geländewagen? Also gab es doch eine dienstliche Komponente!

      »Wissen Sie, die Beate Jäger aus Eisenach, die hat jeden Tag bei mir angerufen und gefragt, ob Sie sich gemeldet haben. Bis vor einer Woche jedenfalls. Und plötzlich nicht mehr. Die hat sich echt Sorgen um Sie gemacht. Und wir auch!«

      »Jetzt lenken Sie nicht ab! Her mit dem Buch!«, befahl Pepe und griff nach Rossis Bein.

      »Nein!«, schrie die und schlug überraschend schnell und kräftig auf Pepes Finger.

      Erschrocken zog der seine Hand zurück.

      »Lassen Sie uns beim Essen darüber reden«, wehrte Rossi mit leiser, aber fester Stimme ab.

      Mittlerweile hatten sie Malchow erreicht und fuhren über die Drehbrücke auf den Inselteil der Stadt. Gerade rechtzeitig. Der Brückenwärter ließ direkt hinter ihnen die Schranke herunter.

       »Was soll denn das?«, fluchte Kusch. »Herr Daras, bitte sorgen Sie dafür, dass