Pepe S. Fuchs - Schatzjäger. Steffen Schulze

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Название Pepe S. Fuchs - Schatzjäger
Автор произведения Steffen Schulze
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783899692440



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      »Wie, zu drehen?«

      »Die Brücke wird geschwenkt, damit Boote auf die andere Seite können.«

      »Dann fahren Sie eben außen rum, Herr Daras. Muss ich Ihnen denn alles sagen? Wir brauchen das Buch!«

      »Außen rum? Das sind mindestens zehn Kilometer. Wir müssten über die Autobahn.«

      »Na und? Fahren Sie!«

      »Sehr wohl, Herr Professor.«

      Mit den Worten legte Daras den Rückwärtsgang ein und wendete den Kübelwagen unter wütendem Gehupe der geduldig hinter ihnen wartenden Fahrer.

      Kusch zog derweil sein Handy aus der Tasche und wählte Gorzkas Nummer. Beim ersten Klingeln nahm der ab.

      »Kusch hier«, begann der Professor das Gespräch. »Wir brauchen Unterstützung. Schicken Sie Pawel und seine Leute nach Malchow!«

      »Pawel ist indisponiert.«

      »Was hat er denn?«

      »Ist aus dem Hubschrauber gefallen.«

      »Oh. Und der Rest?«

      »Ich schicke Ali und Dimitri.«

      »Gut. Sie sollen sich beeilen.«

      »Wohin sollen sie kommen?«

      »Herr Daras, wo wollen wir uns mit Ali und Dimitri treffen?«

      »Auf dem Damm an der südöstlichen Seite der Stadtinsel gibt es einen Parkplatz. Wir warten dort auf sie.«

      Der Professor gab die Information weiter und legte auf.

      »Wenn die beiden weitergefahren sind, haben wir sie verloren«, gab Daras zu bedenken.

      »Ach was. Die kehren auf der Insel ein«, widersprach der Professor. »Warum sollten sie sonst hergekommen sein? Schließlich sind sie an der Autobahn, dem schnellsten Weg von hier weg, vorbeigefahren.«

      Rossi stellte den Geländewagen unweit der Brücke im Halteverbot ab. Ein Bundeswehrfahrzeug mit Blaulicht auf dem Dach würde schon niemand abschleppen. Sie liefen nebeneinander die Hauptstraße entlang in Richtung Brücke. Für Außenstehende mussten sie ein merkwürdiges Pärchen abgeben. Auf der einen Seite Rossi, die etwas füllige Soldatin mit militärischem Kurzhaarschnitt, auf der anderen Pepe, kaum größer als die Hauptgefreite, barfuß mit getapter Nase und verbundenem Ohr.

      Sie hatten Glück. Auf der Terrasse des Insulaners war noch ein Tisch mit Blick auf den Kanal frei, durch den sich ein unablässiger Strom gemieteter Hausboote schob. Eine leichte Brise brachte etwas Abkühlung an einem sonst sehr heißen Tag. Das aufgeheizte Pflaster war eine Qual für Pepes Fußsohlen. Jetzt, im Schatten eines großen Sonnenschirmes, war es jedoch auszuhalten. Rossi hatte ihm gegenüber Platz genommen und versteckte sich hinter der Speisekarte. Das erinnerte ihn daran, wie hungrig er tatsächlich war.

      »Was essen Sie?«, fragte er und griff ebenfalls zur Menükarte.

      »Salat«, antwortete die Hauptgefreite kurz angebunden.

      »Ich denke, ich fange mit der Soljanka an. Und als Hauptgang Kotelett vom Thüringer Duroc. Das klingt interessant. Das Fleisch des Duroc Schweins hat einen hohen Eisenanteil, ist fein marmoriert und bleibt durch den geringen Bratverlust schön zart und saftig – ein aromatischer und edler Genuss«, las Pepe laut vor.

      »Gute Wahl. Und zu trinken?«

      Pepe und Rossi zuckten synchron zusammen. Sie hatten den Kellner nicht kommen hören.

      »Für mich ein großes Pils«, bestellte Pepe mit übertriebener Fröhlichkeit.

      »Ich nehme ein Wasser«, sagte Rossi knapp.

      »Kommt sofort.«

      »So, und jetzt raus mit der Sprache!«, verlangte Pepe, als der Ober außer Hörweite war. Dabei nahm er Rossi die Speisekarte weg.

      Die begann nun an einem breiten Lederarmband herumzufingern und vermied jeglichen Augenkontakt.

      »Hauptgefreite, was führt Sie hierher nach Malchow?«

      »Ich war in Berlin«, brachte Rossi stockend heraus.

      »Und?«

      »Bei Johanna Bock.«

      Das hatte Pepe jetzt nicht erwartet. Johanna Bock. Die Suche nach der jungen Obergefreiten hatte ihm vor nicht allzu langer Zeit einiges abverlangt. Außerdem hatten sie sich auch im biblischen Sinne kennengelernt. Seit sie wieder aufgetaucht war, hatten sie allerdings kein Wort miteinander wechseln können. Der Militärische Abschirmdienst hatte den Fall übernommen und Johanna abgeschirmt, ihr jeden Kontakt zur Außenwelt untersagt. Pepe hatte nicht einmal erfahren, wo sie sie hingebracht hatten.

      »Sie ist überfallen worden. Im Krankenhaus«, fuhr Rossi fort. »Zum Glück ist sie schon so weit bei Kräften, dass sie die Angreifer in die Flucht schlagen konnte. Sie vermutet, dass es die Eindringlinge auf das Buch abgesehen hatten.«

      Um ihre Aussage zu unterstreichen, klopfte sich die Hauptgefreite auf ihre Beintasche.

      »Sie hat versucht, Sie zu erreichen.«

      »Mich?«, vergewisserte sich Pepe verblüfft.

      »Ja, Sie. Aber Sie waren, oder besser sind, ja eigenmächtig abwesend. Ich habe Johannas Anruf in Erfurt entgegengenommen. Major Frankfurt hat mir schließlich gestattet, das Buch abzuholen. Wir sind nämlich gerade etwas knapp an Personal, nachdem Morgenweck gefallen ist und Sie sich ebenfalls in Luft aufgelöst hatten.«

      »Warum gerade ich?«, fragte Pepe.

      »Anscheinend kennt sie niemand anderen, dem sie so vertraut. Sie vermutet, einen Maulwurf in den Reihen der Bundeswehr.«

      »Einen Maulwurf? Für wen?«

      Unwillkürlich musste Pepe an Oberbootsmann Schulze denken. Was hatte der noch bei ihrem letzten Treffen in Wilhelmshaven gesagt? »Beweisen Sie, dass ich unschuldig bin. Finden Sie den wahren Maulwurf.«

      »Wir wissen nicht für wen«, antwortete Rossi und drehte ihr Armband einmal um sich selbst.

      »Was steht in dem Buch?«, wollte Pepe als Nächstes wissen.

      »Ich habe keine Ahnung«, log Rossi.

      »Und wie passt der Grauhaarige vom Zeltplatz hier rein?«

      »Er ist ein Experte, ein Professor, der helfen soll, den Inhalt des Buches zu analysieren.«

      Pepe verschränkte die Arme vor der Brust und schaute Rossi intensiv an. Die Hauptgefreite wich seinem Blick aus. Außerdem konnte sie die Finger nicht von ihrem Handgelenk lassen. Sie verheimlichte ihm irgendetwas, so viel stand fest.

      »Ich möchte das Buch sehen!«, insistierte er.

      »Nein!«, wehrte Rossi bestimmt ab.

      In dem Augenblick kam der Kellner und brachte das Essen.

       »Wo bleiben die denn, Herr Daras?«, fragte Kusch zum wiederholten Mal und sah auf seine Armbanduhr.

      »Ich habe keine Ahnung, Herr Professor.«

      »Typisch!«

      »Sie könnten Herrn Gorzka nochmals anrufen.«

      »Das könnte ich tatsächlich.« Kusch nickte, blieb aber regungslos in dem offenen Wagen sitzen.

      Von ihrem Parkplatz auf dem Damm hatten sie einen wundervollen Blick über den Malchower See, der sich nahtlos an den benachbarten Fleesensee anschloss. Von dort gab es einen Kanal, von dem man den Kölpinsee erreichen konnte, wenn man das wollte. Dann war es auch bis zur Müritz nicht mehr weit. Kein Wunder, dass die vermaledeite Drehbrücke so ein Nadelöhr war. Dabei waren sie so dicht dran. Wenn ihr Informant recht hatte, barg das Buch den entscheidenden Hinweis, den letzten Fingerzeig, der ihn zum Ziel führen würde. Damit könnte er seine lebenslange Suche abschließen, vielleicht gerade noch rechtzeitig. Ein hupendes Motorboot riss den Professor aus seinen