Название | Jenny Marx |
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Автор произведения | Marlene Ambrosi |
Жанр | Биографии и Мемуары |
Серия | |
Издательство | Биографии и Мемуары |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783942429559 |
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die jungen Leute sich als Vertreter des „Jungen Deutschland“ sahen, einer literarischen Bewegung dieser Zeit, die demokratische Freiheitsrechte und soziale Gerechtigkeit einforderte. Dennoch waren die Eltern nicht übermäßig beunruhigt: Vater Westphalen war das Vorbild und er war kein Oppositioneller, kein Antimonarchist, nur ein kritischer, denkender Beobachter. Jennys und Karls Lebenswege schienen vorgezeichnet: Jenny würde einen Mann von Adel heiraten und Kinder bekommen, Karl nach einem Studium seine Fähigkeiten in den Dienst des preußischen Staates stellen und vielleicht die gesellschaftlichen Missstände in Trier und im Rheinland verbessern helfen.
1 Böll, Aufsätze,Kritiken,Reden, S.90/91
2 Monz, Karl Marx, Grundlagen der Entwicklung zu Leben und Werk, S.107
3 Gemkow, Edgar von Westphalen, S.407/408
4 Gemkow, Edgar von Westphalen, S.408
5 Krosigk, Jenny Marx, S.17
6 Monz, Karl Marx. Grundlagen der Entwicklung zu Leben und Werk, S.86
7 Monz, Karl Marx. Grundlagen der Entwicklung zu Leben und Werk, S.86
Verliebt, verlobt, getrennt
Die Jahre 1830 und 1831
Jenny von Westphalen stand im Mittelpunkt der Familie. Die junge Frau bezauberte durch ihre Intelligenz und nahm durch ihr Interesse an aktuellen Themen und gesellschaftlichen Problemen für sich ein. Offene Parteinahme für die Armen oder Aufmüpfigen entschuldigte ihr Umfeld mit jugendlicher Unreife. Nur mit dem ältesten Bruder gab es immer wieder Reibereien. Ferdinand machte aus seiner Regierungstreue und seiner Ergebenheit zum preußischen König keinen Hehl und stieß damit auf Unverständnis und Widerspruch bei seiner jüngeren Schwester. Der Karrierejurist, sehr adelsbewusst, zeigte sich zudem den im väterlichen Haushalt lebenden Frauen gegenüber recht überheblich. Die „Damen benehmen sich ganz artig, jedoch lasse ich mich mit ihnen nicht vertraulich in wichtige Unterhaltung ein, u. setze ihnen in der Regel ein ernstes etwas phlegmatisches Antlitz entgegen“ 1 , schrieb er seiner Braut. Stiefmutter Caroline, ihre Schwester Christiane Heubel, die seit 1817 im Westphal’schen Haushalt lebte, und Jenny hätten gerne mit ihm über seine zukünftige Frau, Louise von Florencourt, geplaudert und ihm Einrichtungstipps für seine neue Wohnung in Bitburg gegeben, aber er unterband jegliche Vertraulichkeit. Ferdinand war nicht bereit, sich „mit diesen gleichgültigen abstoßenden Personen … in Unterhaltungen über das einzulassen, was mir das Liebste und Edelste auf der Erde ist und was wäre es dann auch, wenn sie in Dein Lob u. in mein Glück Deinetwegen mit einstimmten, müsste ich mir ja doch stets sagen, dass es nicht aus ihren Herzen kam. So erwiedre ich denn auf ihre Abneigung mit Kälte und Trockenheit.“ 2 Zum Eklat ließ er es wegen des Vaters, dessen angenehmes Wesen allgemein betont wurde, nicht kommen. Ferdinands Mutter, Ludwigs erste Frau, hatte des Vaters Sanftmut, seine seltene Herzensgüte und die immer gleiche Gemütsstimmung gerühmt, und diese Meinung teilte Caroline, die zweite Frau. „Ein herrlicher Charakter, durch den ich hienieden einen Himmel genieße, alle Stürme des Lebens tragen wir mit Liebe untereinander, denn oft hat freilich das Schicksal unsanft an uns gezerrt, aber wer eine solche Stütze hat wie ich an ihm habe, da sinkt mein Fus nicht“ 3, pries sie ihren Mann bei Vetter Perthes. Ein solcher Mann war ein guter, verständnisvoller, liebevoller Vater, aber Ferdinand wünschte sich von ihm mehr Durchsetzungskraft. In seinen Lebenserinnerungen beklagte er: „Der edle Vater waltete über dem Ganzen in seiner unzerstörbaren Freundlichkeit und Selbstverleugnung, mit seinem fein gebildeten Geist und angeborenen Takt sich mehr unterordnend und zurückhaltend, als ihm seiner höher angelegten Persönlichkeit zukam. … Doch es lag nun einmal ein hinderndes Etwas, eine unübersteigliche Schwierigkeit im Wege – … vorwiegend in den Eigenthümlichkeiten seiner Gattin, deren Bildungsstandpunct und Begabung so ganz verschieden war von der seinigen. Dies trat denn auch in der Art und Weise der Erziehung der Kinder, sowohl was die leibliche Wartung, als was Zucht und Gehorsam betrifft, immer bemerkbarer hervor. Das leitende Princip der Mutter war, den lieben Kindern ihren Willen lassen! – und sie wurden von ihr, man kann sagen, ihnen in’s Angesicht gelobt, selbst, wenn sie dumme Streiche machten und was sich nicht schickte, ward entschuldigt oder – nicht gesehen, vor allem aber Fremden, den Freunden gegenüber, wurden der Kinder vortreffliche Eigenschaften herausgestrichen.“ 4 Eine moderne Erziehung, die Ferdinand nicht gutheißen konnte. Sein gnadenloses Urteil über die in seiner Wahrnehmung leicht proletarisch angehauchte und nicht standesgemäße Stiefmutter verriet ein angespanntes Verhältnis. Wenigstens erinnerte er sich, dass „etwas dieser Art … wir Älteren schon in Salzwedel erfahren (hatten); was Wunders, dass wir – ich nehme Carl aus – uns am Ende selbst besser und tüchtiger dünkten, als wir waren.“ 5 Das mochte bei ihm zutreffen. Obwohl der Erstgeborene nach dem Tode des Vaters den Kontakt zur Stiefmutter und seinen Halbgeschwistern hielt, leugnete er sie. In seinen Erläuterungen zu den von ihm 1859 herausgebrachten Manuskripten seines Großvaters erwähnte er nicht mit einem Wort die zweite Ehe seines Vaters. Jenny war empört, denn damit unterschlug er nicht nur 30 glückliche Lebensjahre des Vaters, sondern auch ihre und Bruder Edgars Existenz. Auf diese Weise konnte er nach Ansicht Jennys sie „geschickt um ihr, ihn störendes, Dasein bringen.“ 6 Einer der Gründe für sein Verschweigen war, dass er seine Halbschwester Jenny, eine geborene von Westphalen, nicht erwähnen wollte, weil diese inzwischen Frau Marx, die Frau eines Staatsfeindes, geworden war. Es war ihm nicht daran gelegen, dieses Faktum der Öffentlichkeit ohne zwingenden Grund zu unterbreiten.
Jenny wuchs unbeschwert in angenehmen Verhältnissen zu einer jungen Frau von Stand heran. „Meine älteste Tochter Jenny … schön an Seel und Körper, sie ist unsere wahre Freude im Leben …“ 7, schwärmte die Mutter bei ihrem Vetter über die Tochter, ein großes, schlankes Mädchen mit einem hübschen, schmalen Gesicht und ausdrucksvollen Augen, umrahmt von dunklen Haaren. Bald schon wurde die junge Adlige von der Männerwelt umworben, ihre Heiratschancen waren vorzüglich. „Jenny war ein mit den Reizen der Jugend ausgestattetes, schönes Mädchen, ausdrucksvollen Antlitzes, durch ihren hellen Verstand und energische Charakter-Anlagen die meisten ihrer Altersgenossinnen