Название | Seewölfe - Piraten der Weltmeere 579 |
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Автор произведения | Burt Frederick |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399864 |
„Aber damit schneidet sich dieser Borsini doch ins eigene Fleisch“, sagte Ben Brighton verwundert. „Wenn es keine Geschäfte mehr gibt, kann er keine Gebühren mehr kassieren.“
Oreste Modugno schüttelte müde den Kopf. „Es geht anders, Signor Brighton. Wenn unsereins fast bankrott ist, schickt Don Vito einen Mittelsmann, der das Geschäft zu einem Spottpreis aufkauft. Da bleibt einem keine andere Wahl, wenn man nicht als Bettler durch die Lande ziehen will. Wenn man Glück hat und nicht zu sehr in Ungnade gefallen ist, darf man in seinem eigenen Laden weiterarbeiten – für einen Hungerlohn, in Diensten von Don Vito.“
„Halten Sie uns auf dem laufenden“, sagte Hasard. „Wir sind für Sie da, wenn es hart auf hart geht. Unsere Einkäufe können wir auch morgen noch erledigen. Brauchen Sie Hilfe, um den Laden wieder in Ordnung zu bringen?“
Modugno wehrte ab. „O nein, nein! Ich stehe ohnehin zu tief in Ihrer Schuld, Signori. Ich werde das gemeinsam mit meinem Sohn erledigen. Wahrscheinlich morgen in aller Frühe. Glauben Sie mir, wir haben Übung darin.“ Er lachte bitter.
2.
Oreste Modugno schloß seinen Laden an diesem Abend eine halbe Stunde früher als gewöhnlich. Mit Kundschaft war ohnehin nicht mehr zu rechnen, und er wollte die Zeit nutzen, um bereits mit den ersten Aufräumungsarbeiten zu beginnen.
Guilielmo, sein Sohn, war mit dem einzigen Gehilfen, den sie noch beschäftigten, im Hafen unterwegs, um Ware auszuliefern.
Wenn die Umsätze weiter zurückgingen, überlegte der Schiffsausrüster niedergeschlagen, würden sie auch den letzten Gehilfen bald entlassen müssen. Dann würde das einst blühende kleine Unternehmen wieder ein armseliger Familienbetrieb sein, der sich noch eine Weile über Wasser halten konnte, bis Don Vito Borsini ihn sich einverleibte.
Im Halbdunkel des Ladens schaufelte er das zerbrochene Steingut in eine Kiste. Es war eine Arbeit, die ihm wehtat. Andererseits konnte er von Glück reden. Die Kerle hatten noch nicht begonnen, die Einrichtung zu zerstören.
Wenn das geschah, war ein Geschäftsinhaber so tief in jenem Teufelskreis aus fälligen „Schutzgebühren“ und sinkenden Umsätzen, daß es keinen Ausweg mehr gab.
Modugno brachte die Kiste mit den Scherben hinaus auf den Hinterhof. Es begann zu dunkeln. Guilielmo mußte jeden Moment eintreffen. Der rundliche Mann beschloß, es gut sein zu lassen und die Arbeit für diesen Tag einzustellen. Er ging noch einmal in den Laden und löschte alle Lampen. Er würde Guilielmo auf dem Hof erwarten.
Gedankenverloren verriegelte er die Hintertür des Ladens.
Gaukelte er sich nicht, selbst etwas vor?
Borsinis Halunken wären nicht etwa aus eigenem Entschluß abgezogen. Nur durch das beherzte Eingreifen der beiden Engländer hatten sie ihr Zerstörungswerk abbrechen müssen. Wie mochte ihr Auftrag gelautet haben? Hatten sie vielleicht doch die gesamte Einrichtung zerschlagen sollen?
Oreste Modugno erschauerte bei der Erinnerung an das Geschehen. Er trat auf den Hinterhof hinaus. Der Wagenschuppen, das Lagerhaus und der Pferdestall bildeten einen schützenden rechten Winkel, der zur Seitengasse hin von einem Zaun und einem Tor aus mannshohen Planken begrenzt wurde.
Es gab kein Gerümpel auf diesem Hinterhof, keine Spur von Unordnung. Sogar die einachsigen Pferdekarren standen sauber ausgerichtet unter dem Schuppendach.
Guilielmo war ein guter Junge. Kein Mann konnte sich einen besseren Sohn wünschen. Gemeinsam mit ihm bewältigte Oreste nicht nur das Geschäft, sondern auch den Haushalt in dem kleinen Stadthaus, das ihnen gehörte.
Seit seine Frau, Guilielmos Mutter, vor drei Jahren an unerklärlicher Magersucht gestorben war, hatten sie gemeinsam nur noch fester zugepackt. Sie hatten bewiesen, daß sie es schaffen konnten.
Borsinis Halunken hatten einen Toten mitnehmen müssen.
Der Gedanke durchzuckte Modugno, als würde es ihm jetzt erst bewußt. Warum, in aller Welt, blieb er so ruhig? Glaubte er etwa allen Ernstes, Don Vito Borsini würde es mit einem Achselzucken hinnehmen, daß man einen seiner Männer getötet hatte? Und es war in seinem, Oreste Modugnos, Laden geschehen!
Borsinis Handlanger würden ihm vorhalten, er habe die Engländer mit voller Absicht zu seinem Schutz herbestellt. Wie sollte er das Gegenteil beweisen? Er hatte keine Chance. Sie würden ihm sowieso nicht glauben.
Mittlerweile war es dunkel geworden. Sterne funkelten am Himmel, als hätte jemand ein samtenes Tuch mit daraufgestickten Diamanten über Messina gespannt. Ein Tuch, das sich rasch in ein immer dunkleres Blau verfärbte.
Aus der Ferne war ein leises, dumpfes Grollen zu hören. Es drang tief aus dem Bauch der Erde und schien doch von allem Irdischen losgelöst zu sein, indem es im Nichts schwebte, hervorgerufen durch Umstände, die mit dem menschlichen Verstand nicht zu erklären waren.
Der Ätna ließ sich nun schon seit Tagen in immer kürzeren Abständen vernehmen.
Oreste Modugno sah seine Zukunft in den düstersten Farben. Farben, die der Dunkelheit dieses Abends und der beginnenden Nacht entsprachen und eines Tages von der alles verzehrenden Glut eines Vulkanausbruchs überdeckt werden würden.
Ja, es sah schlimm aus um diese Zukunft. Alle Vorzeichen waren gegen ihn gerichtet. Er mußte mit Guilielmo darüber reden. Der Junge war von jugendlichem Tatendrang erfüllt, und seine Wut gegen Borsini und seine Schergen schwelte schon lange.
Oft hatte Guilielmo unvernünftige Pläne gehabt. Aber vielleicht konnte er zusammen mit den Engländern …
Er brachte den Gedanken nicht zu Ende.
Ein Scharren, das im Wagenschuppen entstand, ließ ihn zusammenzucken. Für eine Reaktion war es zu spät.
Gestalten schnellten aus der Dunkelheit hervor. Eisenharte Fäuste packten den Schiffsausrüster. Er wollte schreien und Guilielmo zu Hilfe rufen, da er bestimmt schon in der Nähe war. Aber eine rauhe Handfläche legte sich auf sein Gesicht, versiegelte ihm die Stimme und nahm ihm die Atemluft.
Sie schleiften ihn weg.
Noch ehe er darüber nachdenken konnte, was sie vorhatten, traf ein Hieb seinen Kopf. Der Schmerz war wie der Explosionsblitz einer großen Schwarzpulverladung. Und dann gab es nur noch endlose, abgrundtiefe Schwärze. Weder von seelischem noch von körperlichem Schmerz befreit, war die Bewußtlosigkeit keine Erlösung für ihn.
Guilielmo Modugno beschleunigte seine Schritte. Er wußte, daß sein Vater ihn bestimmt schon vor einer halben Stunde zurückerwartet hatte. Federico, der Gehilfe, hatte den Einspänner bei sich zu Hause untergestellt, weil er am nächsten Morgen in aller Frühe eine Lieferung Weinkrüge bei einer Töpferei in der Nähe von Messina abholen sollte.
In dem Moment, in dem er in die Seitengasse einbiegen wollte, prallte Guilielmo zurück.
Wie von selbst, war sein Blick als erstes auf das Tor des väterlichen Schiffsausrüsterbetriebes gefallen.
Es schwang auf.
Geistesgegenwärtig huschte Guilielmo in einen Hauseingang, um zu beobachten, was sich dort drüben, zwanzig Yards entfernt, abspielte. Sein Vater hatte nicht das zweite Gesicht, um seine, Guilielmos, Rückkehr zu ahnen, bevor er überhaupt in Sicht war.
Eine schattenhafte Gestalt erschien in dem offenen Torwinkel, spähte sichernd nach beiden Seiten und winkte dann zum Hof hin. Nacheinander huschten sie nun in die Seitengasse. Guilielmo zählte insgesamt sieben Kerle. Der letzte zog das Tor zu.
In der Dunkelheit waren selbst scharfe Konturen kaum zu erkennen. Erst beim zweiten Hinsehen bemerkte der stämmig gebaute junge Mann, daß zwei der