Seewölfe - Piraten der Weltmeere 579. Burt Frederick

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 579
Автор произведения Burt Frederick
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399864



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Der Dolch riß ihm das Hemd über der linken Schulter auf, knapp neben dem Saum der Lederweste. Die Spitze des schlanken Stahls ritzte seine Haut. Brennender Schmerz zuckte von der kleinen Wunde aus.

      Er schaffte es nicht mehr, den Cutlass zur Seite zu reißen. Der Bärtige fiel buchstäblich hinein, durch den unerwarteten eigenen Schwung nach vorn gerissen. Hasard konnte es nicht verhindern. Bis zum Heft durchbohrte die Cutlassklinge den Oberkörper des Mannes.

      Er erschlaffte und kippte von dem Seewolf weg.

      Hasard schüttelte unwillig den Kopf, während er das Entermesser reinigte und es in der Scheide verstaute.

      Ben Brighton erschien in dem freien Raum vor den Regalgassen. Er stieß die Tür zu. Dann sah er den Toten. Schweigend blieb er stehen. Er stellte keine Fragen, denn er wußte, daß Philip Hasard Killigrew nur dann einen Menschen tötete, wenn ihm keine andere Wahl blieb.

      Was geschehen war, hatten diese Kerle selbst zu verantworten. Die Verwüstung, die sie schon angerichtet hatten, war schlimm genug. Hasard fluchte innerlich auf sich selbst, weil er nicht schneller reagiert hatte.

      Vielleicht hätten Ben und er größeren Schaden verhindern können. Aber was sich hier abgespielt hatte, war einfach unglaublich gewesen, als daß man es ohne Überraschung hätte verdauen können.

      Sie hörten die leise Stimme des Schiffsausrüsters.

      „Madonna! Madonna mia! Heilige Mutter, warum hast du das geschehen lassen? Jetzt ist alles aus, ich bin verloren!“

      Hasard drehte sich ruckartig um. „Was reden Sie da! Diese Strolche richten keinen Schaden mehr an. Wir übergeben sie der Stadtgarde, und dann haben Sie ein für allemal Ruhe.“

      „Um Himmels willen, nein, Signor Killigrew!“ rief Modugno und rang die Hände. „Sie würden nichts damit erreichen, und es würde alles nur noch schlimmer werden.“

      Hasard schüttelte ungläubig den Kopf und wechselte einen Blick mit Ben Brighton. Ben sah ratlos aus.

      „Signor Modugno“, sagte der Seewolf energisch. „Was wird hier gespielt?“ Er deutete mit einer knappen Bewegung auf den Toten. „Dieser Mann hat seinen Tod selbst verschuldet. Ich werde eine entsprechende Aussage zu Protokoll geben, und Sie sind mein Zeuge.“

      Modugno streckte abwehrend die Hände aus. „Niemals! Das darf niemals geschehen. Aber es wird sowieso nicht dazu kommen, glauben Sie mir!“

      Hasard sah, daß der Mann am ganzen Körper zitterte. Etwas stimmte hier nicht.

      „Sagen Sie mal“, sagte der Seewolf, „wäre Ihnen etwa lieber gewesen, wenn die Halunken alles kurz und klein geschlagen hätten?“

      Modugno senkte den Kopf und nickte. Sein auf und ab ruckender Adamsapfel zeigte, daß er krampfhaft schluckte.

      „Es wäre das kleinere Übel gewesen“, sagte er tonlos.

      Die Bewußtlosen kamen zu sich, während Hasard und Ben noch immer irritiert waren. Hasard schnappte sich einen der fünf Kerle und forderte ihn auf, den Toten mitzunehmen und den Fall bei der Stadtgarde zu melden. Er, Philip Hasard Killigrew, Kapitän der im Hafen von Messina liegenden Schebecke, stehe für eine Zeugenvernehmung jederzeit zur Verfügung.

      Die Strolche verschwanden, ohne noch ein Wort von sich zu geben.

      Gemeinsam mit Oreste Modugno gingen Hasard und Ben zum Verkaufstresen. Der Schiffsausrüster griff unter den Tresen, brachte eine kleine Flasche zum Vorschein, entkorkte sie und trank in kleinen Schlucken.

      Mit einem erleichterten Laut setzte er die Flasche ab und hielt sie den Männern hin. „Selbstgebrannt. Das beruhigt die Nerven. Wenn Sie einmal probieren möchten …“

      Hasard und Ben lehnten nicht ab. Es war ein Kräuterschnaps, hochprozentig und angenehm mild im Rachen.

      „Ich nehme nicht an“, sagte Ben Brighton gedehnt, „daß Sie ausgerechnet jetzt vorhaben, uns in die Geheimnisse des sizilianischen Schnapsbrennens einzuweihen.“

      Modugno nahm die Flasche zurück. Er senkte den Blick und schüttelte bedauernd den Kopf.

      „Verzeihen Sie, Signori“, murmelte er bedrückt. „Sie müssen einen völlig falschen Eindruck von mir erhalten. Wahrscheinlich liegt es an der Aufregung. Ja, ich gebe zu, daß ich Angst habe. Ich bin sonst nicht der Mann, der beim geringsten Verdruß zur Flasche greift, um seine Nerven zu beruhigen.“

      „Nichts für ungut“, entgegnete Ben. „Wir finden diese ganze Geschichte verdammt merkwürdig.“

      Modugno nickte. „Ich kann es verstehen, Signori. Für einen Nichteingeweihten …“ Er suchte nach Worten und hob die Schultern.

      „Dann weihen Sie uns ein“, forderte der Seewolf. „Wie es aussieht, stecken wir in Ihren Schwierigkeiten jetzt mittendrin.“

      Der Schiffsausrüster nickte abermals. „Das steht außer Frage, Signori. Ich habe versucht, Sie zurückzuhalten. Aber Sie haben nicht auf mich gehört.“

      „Wir werfen Ihnen nichts vor“, erwiderte Hasard. „Wir wollen nur wissen, was gespielt wird.“

      „Sie sind fremd in Messina“, sagte Modugno seufzend. „Man spürt es. Sonst wüßten Sie, welche Machtverhältnisse hier bestehen. Es gibt einige reiche Familien, adlige Familien, die alles beherrschen. Und sie haben den Kuchen unter sich aufgeteilt. Einer kontrolliert die Bauern, einer die Handelsleute und ein anderer den gesamten Hafen und alles, was damit zu tun hat. Letzterer heißt Don Vito Borsini und ist der schlimmste Menschenverächter auf Gottes Erdboden.“ Der Schiffsausrüster sah sich hastig um, als gäbe es plötzlich heimliche Zuhörer. Er senkte die Stimme zum Flüstern. „Zu einem Einheimischen würde ich darüber niemals sprechen, Signori. Aber bei Ihnen ist es etwas anderes. Ich weiß, daß ich Ihnen vertrauen kann. Denn Sie haben versucht, mir zu helfen. Sie konnten natürlich nicht wissen, daß es keine Hilfe gibt.“

      Hasard ging nicht darauf ein. „Sie sagen, Borsini und seinesgleichen kontrollieren bestimmte Bereiche in der Stadt. Wie geschieht das? Was soll damit bezweckt werden, daß sie einen Schlägertrupp losschicken, der eine Ladeneinrichtung demoliert und Waren zerstört?“

      „Ich konnte meine Gebühren nicht pünktlich bezahlen“, erwiderte Oreste Modugno mit zitternder Stimme. „Ich hatte um Aufschub gebeten. Nur um eine Woche. Aber Borsini ist ein Teufel. Es interessiert ihn nicht, ob die Geschäfte gut oder schlecht laufen. Er preßt den letzten Blutstropfen aus seinen Opfern heraus, wenn es sein muß.“

      „Das heißt“, sagte Ben Brighton und deutete mit dem Daumen über die Schulter. „Diese Kerle waren Gebühreneintreiber?“

      „Nicht direkt“, sagte Modugno. „Ihre Aufgabe war es, mir vor Augen zu führen, wie gefährlich ich ohne den Schutz Don Vitos und seiner Organisation lebe.“

      Hasard konnte nur den Kopf schütteln. „Für diesen sogenannten Schutz zahlen Sie Gebühren?“

      „So ist es, Signor Killigrew.“

      „Das heißt“, entgegnete der Seewolf, „die Gefahren, vor denen dieser saubere Don Vito Sie angeblich beschützt, liefert er im Zweifelsfall selbst. Was dieser Strolch betreibt, ist also nichts anderes als gemeine Erpressung.“

      „Sie sehen es absolut richtig, Signor Killigrew. Und fragen Sie mich nicht, warum niemand etwas dagegen tut. Hier stecken alle unter einer Decke. Don Vito hat sie alle gekauft, vom Hafenkapitän bis zum Kommandanten der Stadtgarde. Alles tanzt nach seiner Pfeife. Niemand mischt sich ein. Im Gegenteil, sie ziehen ja alle noch ihren Gewinn daraus, daß man Leute wie mich ausbluten läßt.“

      Der Seewolf und sein Erster Offizier sahen sich an. Was sich hier auftat, war ein finsterer Abgrund übelster menschlicher Raffgier.

      „Wie hoch sind die Gebühren?“ fragte Hasard.

      „Ein Zehntel vom Umsatz.“

      „Nicht vom Gewinn?“

      „Nein, Signor, das ist ja die Schurkerei.