Название | Gonzo |
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Автор произведения | Matthias Röhr |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854456803 |
Es ist viel passiert in den Jahrzehnten, seit ich als 13-Jähriger, Mitte der 1970er Jahre, zur Gitarre griff und mir in den Kopf setzte, das Instrument zu beherrschen. Und zwar sofort und auf der Stelle! Ich habe mir die Finger wund geübt, alte Röhrenradios zu Gitarrenverstärkern umgebaut, im Keller meines Elternhauses aus alten Möbeln Lautsprecherboxen gezimmert und meine Freunde und Klassenkameraden mit meinem Enthusiasmus angesteckt.
Heute weiß ich, dass das Lernen niemals aufhören wird. Ich freue mich über jede Note, die mir über das Hirn und die Finger aus dem kosmischen Resonanzfeld zufließt. Feeling und Passion sind das Allerwichtigste – und das Besondere. Im Leben wie in der Musik.
Ich hatte das riesige Glück, in meinem Leben einigen außergewöhnlichen und liebenswerten Menschen zu begegnen. Es ist unglaublich, wie lange ich schon mit meinen drei Freunden bei den Onkelz zusammen Musik mache. Ich habe sie doch tatsächlich noch vor der größten Liebe meines Lebens, meiner Frau Verena, kennengelernt.
Während unserer gemeinsamen Karriere wurden unsere Kinder geboren (ich meine die aller Onkelz), sie wuchsen auf, brachten die Schulzeit hinter sich und sind jetzt erwachsene Menschen mit ihren eigenen Zielen.
Die Zeit vergeht.
Ich habe auf unserer Reise durch die Jahrzehnte immer wieder neue Bekanntschaften gemacht. Die meisten sind irgendwann wieder aus meinem Blickfeld verschwunden, andere sind geblieben – Menschen, die noch heute unsere Weggefährten sind.
Geblieben ist aber vor allem eins: meine Familie.
Durch sie habe ich in all den Jahren immer wieder Kraft getankt, so viel geschenkt bekommen. Wir sind gemeinsam durch schöne und schwierige Zeiten gegangen. Immer mit der Gewissheit, dass wir uns selbst haben, egal was kommt.
Mein größter Dank und meine ganze Liebe gilt meiner Frau Verena und meinen Söhnen Vincent und Melvin. Ihr wisst, dies ist nicht nur mein Buch, sondern auch Eures.
Und dann, natürlich, meine zweite Familie: Stephan, Kevin und Pe. Dass mein Leben wie in diesem Buch beschrieben verlief, ist ganz klar auch Eure Schuld! Und ich danke Euch dafür.
Nun, jeden einzeln aufzuzählen, der mir etwas bedeutet, würde den Rahmen hier sprengen, besonders erwähnen möchte ich aber noch einen meiner Jugendfreunde, mit dem ich angefangen habe, in Bands zu spielen: Norbert Nebenführ. Seine Eltern haben uns in den frühen 1970er Jahren den Start ermöglicht und unsere ersten musikalischen Gehversuche ertragen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Sie ließen uns im Keller ihres Einfamilienhauses proben. Leise waren wir damals schon nicht.
Danke an Dennis Diel und Marco Matthes, die über hundert Stunden Skype-Interviews mit mir geführt und sehr gewissenhaft, stoisch und sachlich alle wichtigen Details aus meinem Leben zusammengetragen haben.
Danke an meinen Bruder Martin und seine Frau Anna, Sonja und Bobby Rüppel, Olli und Ossy Hoppe, Filz Erman, Norbert Nebenführ und Candy Back, die einen großen Beitrag zum Buch geleistet haben.
Genauso an alle anderen, die ihren Teil beigetragen haben und so freundlich waren, ihre Geschichten mit Euch zu teilen.
Danke an meine Mit-Musiker in meinen Solo-Bands, mit denen ich so viele schöne Zeiten erlebt habe: Ferdy Doernberg, Mike Mandel, Alex Wenn, Michael Ehré, Stephan Weiler, Glaucio Ayala, Marcelo Linhares, Charlie Huhn, Armando Marçao und Cesinha und an Otto DʼAgnolo, Michael Mainx und Mario Burkhard.
Danke an Gertrud Erman für Deine Liebe und Gebete.
So, und jetzt muss ich los, denn ich habe schon wieder eine Gitarre in der Hand. Die Zukunft ruft.
Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen. Wir sehen uns bestimmt irgendwann irgendwo da draußen.
Dublin, im August 2019
Matthias „Gonzo“ Röhr
Prolog: Gelsenkirchen, Veltins-Arena 2018: „Fast“-Gegenwart
Blendendes, grelles Scheinwerferlicht. Es ist heiß, und es scheint von oben herab. Unerbittlich. Gnadenlos. Es gibt kein Entkommen vor dieser Helligkeit. Man kann sich nicht verstecken. Bewegungen werden gescannt und eingefangen. Jede einzelne.
Während dieser wenigen Augenblicke, kurz vor dem Song, der gleich durch die ersten Töne der Telecaster gestartet wird, fühlt es sich für Matthias „Gonzo“ Röhr so an, als wären 60.000 Augenpaare nur auf ihn gerichtet. Wahrscheinlich ist es auch so. Ein unbeschreibliches Gefühl, auch wenn er eben, als ich diese Zeilen bei ihm daheim in Dublin verfasse (die Sonne geht gerade auf, vor mir steht ein heißer, dampfender Becher frischer Kaffee, und ich bin guter Dinge, dass es ein guter irischer Tag wird), ein bisschen in sich hineingrinsen muss, denn genau das tue ich ja hier: Ich versuche, das Unmögliche zu beschreiben. Dem Moment Ausdruck und Prägnanz zu verleihen, auch wenn man eigentlich an seiner Stelle gewesen sein muss, um die Emotionen nachvollziehen zu können, die während des Anfangs von „Auf gute Freunde“ in ihm losgetreten wurden …
Es gibt keine Person, die an diesem Abend in der Veltins-Arena auf Schalke steht und nicht schon bei den allerersten Tönen weiß, welcher Track als Nächstes kommt. Zu einprägsam sind bereits die ersten Akkorde. Es braucht nur wenige Anschläge seines Plektrums – und schon taucht die dank zweier unglaublich krasser vorangegangener Stunden ohnehin schwer euphorisierte Masse vor ihm in eine einzige Freudenwelle ab.
„Auf gute Freunde“!
Gibt es einen Song seiner Karriere, der stellvertretend besser beschreiben könnte, was der heutige Status quo der Onkelz ist? Ich glaube, nein. Dieses Lied, 1996 geschrieben und auf dem Album E.I.N.S. im selben Jahr veröffentlicht, hat sich zu einem todsicheren Hit entwickelt und auch viel mit dem Autor dieser Zeilen zu tun.
Matthias erinnert sich noch gut und gern an die vielen Jahre vor der Trennung, dem Split von Deutschlands kontrovers diskutierter erfolgreichster Rockband. Schon damals rasteten ihre Fans aus, sobald Stephan Weidner den Track ankündigte. Aber erst seit der Reunion fühlt Matthias noch mehr, wenn er ihn spielt und den Refrain, zusammen mit uns, so laut mitsingt, dass er danach getrost auf den kläglichen Rest an Stimme, der ihm noch bleibt, verzichten kann. Heimlich, aber ganz bestimmt nicht still und leise, hat sich „Auf gute Freunde“ in den Jahren 2005 bis 2017 zu einem Megahit entwickelt, den selbst Onkelz-Unkundige mitsingen und abfeiern, wann und wo auch immer er gespielt wird. Nachts um drei in einer ganz mutigen Disco, auf einem Rockfest, in einer Kneipe, einem Pub, einer Strandbar. Mit fünfzig Leuten, betrunken oder nüchtern, oder mit zigtausend Gleichgesinnten auf dem legendären Hockenheimring. Scheißegal.
Sogar auf den Balearen soll der Song zu den ganz großen Hits während der Saison zählen.
So oder so hat sich das Lied einen der vordersten Plätze in den ewig langen Ranglisten der Lieblingslieder der Fans gesichert.
Diese vielen unterschiedlichen Menschen. Sie alle liegen sich in den Armen, feiern zusammen. Oder sie tanzen und pogen miteinander. Aggressionen? Fehlanzeige. Wer hier, nach dieser Abfahrt, noch Lust verspürt, anderen auf die Fresse zu hauen, dem ist eh nicht mehr zu helfen. Der ist bei den Böhsen Onkelz an der falschen Adresse.
Dopamin wird freigesetzt. Und das in rauen Mengen. Wo wären diese Menschen heute alle, gäbe es die Böhsen Onkelz nicht? Und wo wäre ich?
Heute 37 Jahre alt, habe ich diese Band vor über 23 Jahren für mich entdeckt. Als Teenager. Als linker Querdenker, dessen musikalische Sozialisation Die Toten Hosen, Die Ärzte und, Achtung, PUR übernommen hatten. Und immer wieder stand ich vor dem CD-Regal mit dem „O“ im Laden meines lokalen Plattendealers in Kamp-Lintfort. Und dort sah ich jedes Mal vier Menschen auf dem Cover der Heilige Lieder, die nach allem aussahen, aber ganz sicher nicht nach Nazis. Dennoch, ich durfte die Onkelz nicht gut finden. Das gehörte sich nicht. Die Bands aus Düsseldorf und Berlin pflanzten ein Bild der Abscheu in mein Gehirn; aber dieses Coverfoto … Es ließ mich nicht los.
An anderen Tagen las ich mir nur die Tracklistings auf den Rückseiten der Alben durch, und meine Neugier wuchs. Von Tag zu Tag.
Irgendwann