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      »Büro des Staatsanwalts! Koslowski am Apparat«, meldete sich die Sekretärin.

      »Morgen, Sylvia. Stefan Sperber. Ist Ingmar schon da?«

      »Guten Morgen! Ja, er ist da. Ich verbinde dich. Kleinen Moment.«

      »Stefan, gut, dass du anrufst! Die Obduktion des Babys ist durch. Doktor Franck hat mich gerade angerufen«, erklärte der Staatsanwalt.

      Stefan schluckte. Das tote Baby. Die grausamen Bilder spulten sich vor seinem inneren Auge ab.

      »Stefan?«

      »Ja, ich bin da! Tut mir leid, aber ich bin jetzt seit über 24 Stunden auf den Beinen. Ich lauf auf Reserve.«

      »Wir kriegen den Bericht heute Nachmittag.«

      »Ich verstehe! Aber darum ruf ich nicht an. Wir haben eine tote Wassersportlerin auf Fehmarn. Am Strand von Gold. Wir wissen noch nicht, wer sie ist. Die Kollegen aus Burg kümmern sich drum.« Stefan machte eine kurze Pause.

      »Und?«, fragte Ingmar Harder ungeduldig.

      »Ich hab sie in die Rechtsmedizin bringen lassen.«

      »Da komm ich gerade nicht mit. Was sollen die denn da mit ihr? Ist sie denn nicht ertrunken? Was hat denn der Arzt vor Ort gesagt?«

      »Ja, der Arzt …« Stefan suchte nach den richtigen Worten. »Es war ein Hausarzt und … Ach, lassen wir das. Am Ende war er sich nicht mehr sicher.«

      »Nicht mehr sicher? Aber er war schon sicher, dass sie tot ist, hoffe ich«, blaffte Ingmar in den Hörer.

      Kein Wunder, dass Ingmar sich aufregte. »Sie trug einen Neoprenanzug. Man konnte nur Kopf, Hände und Füße sehen. Da hatte sie keine Verletzungen.«

      »Man muss kein Messer im Rücken haben, um zu ertrinken!«, erklärte der Staatsanwalt gereizt. »Vielleicht hatte sie einen Herzfehler oder einen Krampf.«

      »Ach Ingmar, ich weiß auch nicht. Irgendwas an dem Gesamtbild war falsch.« Sophies Worte kamen ihm wieder in den Sinn. »Sie sah irgendwie hingelegt aus.«

      »Hingelegt? Ich verstehe kein Wort.«

      »Es ist so ein Gefühl.«

      »Sei mir nicht böse, Stefan, aber ich habe hier jede Menge Arbeit! Und du kommst mir mit Gefühlen? Wenn ich dich nicht besser kennen würde, würde ich dir vorschlagen, nach dem Horror der letzten Nacht mit einem Psychologen zu sprechen.« Ingmar machte eine Pause. »Vielleicht hat ihr jemand helfen wollen und sie aus dem Wasser gezogen. Als er feststellte, dass sie tot ist, hat er Angst bekommen und ist abgehauen.«

      »Sehr gut möglich«, gab Stefan zu. »Könnte aber auch sein, dass sie nicht freiwillig ins Meer gegangen ist.«

      »Hört sich doch so an, als sollte Dr. Franck mal einen Blick auf die Leiche werfen.«

      Tina hörte gebannt zu, als Sophie ihr die Erlebnisse des Morgens schilderte. Kein Wunder, dass Stefan nicht gut drauf war. Er hatte sich schließlich auf seinen Feierabend gefreut.

      »Tja, und dein Mann war ziemlich sauer, als ich meinte, dass da was nicht stimmen kann.«

      Tina seufzte. Natürlich nervte es einen Kommissar, wenn eine Hobbydetektivin Mordtheorien aufstellte. Und dann ausgerechnet Sophie! Schlimmer hätte ihr Wiedersehen gar nicht ausfallen können. »Tut mir leid, Sophie, aber ich kann Stefan da verstehen! Du weißt doch selbst, dass er seinen Job aus Leidenschaft macht. Glaubst du wirklich, er würde einem eventuellen Verbrechen nicht nachgehen, nur weil er Dienstschluss hat und müde ist?«

      »Nein, natürlich nicht. Aber die Tote kann definitiv nicht angeschwemmt worden sein. Wieso sieht er das nicht ein? Außerdem bin ich sauer, weil er mich unmöglich behandelt hat. Er wollte mir nicht mal zuhören. Stattdessen hat er einen Dorfpolizisten beauftragt, meine Personalien aufzunehmen.«

      »Ja, und? Hätte er lieber vor den Kollegen und einem Hausarzt deine Mordtheorien durchdiskutieren sollen? Jetzt spinn doch nicht!« Sie räumte den Frühstückstisch ab. Sophie folgte ihr in die Küche.

      »Vielleicht hast du in dem Punkt recht, aber musste er so feindselig sein? Meine Güte, er hat mich sogar gefragt, ob ich eine Story wittere.«

      »Das hätte er sich wirklich sparen können«, gab Tina zu. »Aber du kennst Stefan. Bitte, tu mir den Gefallen und versuche ihn nicht aufzuregen. Er muss sich wirklich erholen.«

      »Das glaub ich! Sag mal, ist dein Mann jedes Wochenende so fertig? Er sah schlimm aus!«

      »Ich hab mich auch erschrocken. Er muss die ganze Nacht durchgearbeitet haben. Normalerweise springt er zumindest noch unter die Dusche, bevor er losfährt. Na ja, in ein paar Stunden ist er wieder okay. Hoffentlich lässt Finn ihn ein bisschen schlafen.«

      »Wegen des zarten Gebrülls deines kleinen Sohnes würde ich mir keine Sorgen machen. Ich glaube, du könntest im Schlafzimmer eine Harley starten, ohne Stefan zu wecken.«

      »Damit hast du wahrscheinlich recht.« Stefan musste wirklich eine schlimme Nacht gehabt haben, dachte Tina. »Lass uns schnell noch die Spülmaschine einräumen. Dann legen wir uns nach draußen und genießen das herrliche Wetter.«

      Sophie schüttelte den Kopf. »Ich kümmere mich um das dreckige Geschirr. Du gehst schon mal vor und legst dich in die Sonne. Wer weiß, wie lange Finn dich lässt.«

      »Quatsch! Wir machen das schnell zusammen und …«

      »Hallo? Das war kein Vorschlag, sondern ein Befehl!« Sophie sah sie mit gespieltem Ernst an. »Ich möchte mich gern etwas nützlich machen, solange ich hier bin. Na los! Zisch ab!«

      Tina hob beschwichtigend die Hände und verschwand auf die Terrasse. Was für ein Wetter! Sie ließ sich auf einen Liegestuhl fallen und streckte sich. Die Kinder jagten mit Pelle durch den Garten. Der Hund war wirklich Gold wert. Antonia und Paul vergaßen sogar, sich zu streiten. Sie war schon lange der Meinung, dass sie sich einen Hund zulegen sollten. Leider war Stefan anderer Ansicht. Er fand, dass sie mit drei Kindern schon genug um die Ohren hatte. Vielleicht würde Pelle ihn umstimmen. Der machte doch wirklich kaum Arbeit und als Spielgefährte war er spitze. Tina schloss zufrieden die Augen. Was für ein perfekter Morgen, abgesehen von dem Streit und der armen Toten am Strand natürlich. Zwei Wasserleichen in einer Woche und beide in Gold, das war wirklich ein ungewöhnlicher Zufall.

      8

      Olli kauerte in seinem Wohnmobil auf der Sitzbank und starrte ins Leere. Er hatte noch immer nicht geduscht, sondern sich nur ein frisches T-Shirt angezogen. Es war ihm egal, wenn er nach Erbrochenem stank. Sarah war tot. Er sah ihr Gesicht und das nasse Haar vor sich. Immer wieder ging er in Gedanken den Verlauf des Abends durch. Sie hatten gestritten und sie war abgehauen. Er hatte sich betrunken. Mehr war seines Wissens nicht gewesen, aber was wusste er denn noch? Die Polizei würde ihn früher oder später befragen. Was sollte er bloß sagen? Dass es kein Unfall sein konnte, weil sie nie im Leben nachts auf ihr Board gestiegen wäre? Dass irgendetwas passiert sein musste? Aber was? Und wenn die Polizei ihm nicht glaubte, dass er sein Wohnmobil in der Nacht nicht mehr verlassen hatte? Er hatte kein Alibi. Außerdem war es gut möglich, dass irgendjemand den Streit mitbekommen hatte. Warum war sie auch nicht bei ihm geblieben? Dann wäre sie noch am Leben. Immer wieder schlichen sich Erinnerungen in seine Gedanken. Wie sie lachte und ihr Haar im Wind flatterte. Ihr ernstes Gesicht, wenn sie ihr Equipment prüfte. Die kontrollierte Sarah! Sie hatte immer alles doppelt und dreifach gecheckt. Und genau diese Tatsache machte ihn jetzt wahnsinnig. Sarah wäre nie und nimmer nachts aufs Wasser gegangen. Sie hatte viel zu viel Respekt vor der See. Aber warum war sie dann ertrunken? Olli öffnete den Schrank. Irgendwo war doch noch dieser Cognac. Er brauchte dringend einen Schluck. Olli griff sich einen benutzten Kaffeebecher aus der Spüle und schenkte ihn halb voll. Der Cognac brannte wie Feuer. Als es an der Tür klopfte, zuckte er zusammen, obwohl er die ganze Zeit darauf gewartet hatte. Die beiden Polizisten, die am Morgen schon am Strand gewesen waren, standen vor seiner Tür.

      »Oliver Konrad?«, fragte der ältere.

      Olli