Название | Der ultimative Jimi Hendrix Guide |
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Автор произведения | Gary J. Jucha |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854456193 |
Die Blue Flames
Kurz nachdem er einen festen Platz auf der Bühne des Café Wha? in der MacDougal Street/Ecke Minetta Lane ergattert hatte, versuchte Hendrix, den Saxofonisten Lonnie Youngblood zu überreden, ihm in die Stadt zu folgen. Youngblood erklärte gegenüber Charles R. Cross, dass Hendrix geschwärmt habe, sie beide könnten „das Café Wha? an sich reißen“.
Obwohl Youngblood Hendrix’ Fähigkeiten so sehr anerkannte und respektierte, dass er den Musiker zu einer Aufnahme-Session im Juni 1966 einlud, verstand er nicht, was in Jimis Kopf vor sich ging. Hendrix’ neue Stücke „klangen schräg“. Seinem Kollegen einfach nach Downtown zu folgen, war Youngbloods Ansicht nach nicht möglich, denn er musste eine Frau und ein Kind finanziell versorgen und einen Hauskredit abstottern.
Während eines einwöchigen Gastspiel-Vertrags als federführender Musiker in Carl Holmes’ Band hatte der Folksänger und Gitarrist Ritchie Havens Hendrix gesehen und ihn gedrängt, sich Gigs in Greenwich Village zu suchen. Havens erkannte in Hendrix etwas von sich selbst – sicherlich nicht den Stil, sondern eher die Leidenschaft für die Musik. Beinahe während des gesamten 20. Jahrhunderts stellte das Village einen Schmelztiegel der amerikanischen Bohemiens dar: Folkies, Dichter und abstrakte Künstler, die mit Sicherheit einen Freiraum für einen schwarzen Musiker garantieren konnten, den noch nicht einmal die schwarzen Musikerkreise respektierten. Havens erzählte Hendrix, er könne ein Vorspielen mit Manny Roth organisieren, damals der Manager des Café Wha? (und Onkel des ersten Van-Halen-Sängers David Lee Roth).
Hendrix kannte zu diesem Zeitpunkt die Dylan-Alben. (Man weiß, dass er The Freewheelin’ Bob Dylan besaß, und seine Freundin Fayne Pridgeon aus Harlem erzählte oft die Geschichte, wie er seine letzten fünf Dollar für Highway 61 Revisited ausgegeben habe.) Jedoch ist nicht bekannt, ob Jimi Hendrix wusste, dass Dylan im Café Wha? auftrat, als er sich 1962 erstmalig nach Manhattan aufmachte.
Möglicherweise hätte er es als ein schicksalhaftes Zeichen gedeutet, dass man ihm exakt denselben Club empfahl, in dem sein musikalischer Held sein New Yorker Debüt gegeben hatte. An einem Abend im Juni erschien Jimi im Club, die weiße Fender Stratocaster in der Hand, und stellte sich Roth vor, der ihm anbot, während einer Pause der Hausband sein Glück zu versuchen.
Jimi spielte ein langsames Blues-Solo, wobei ihn schon nach kurzer Zeit der Hausbassist Tommy „Regi“ Butler begleitete. Die beiden harmonierten – Jimi zeigte Butler ein Riff zum Jammen –, und schon nach wenigen Minuten bildeten sie mit Chas Matthews an den Drums ein Trio: Jimi Hendrix’ erstes Trio, die Blaupause für die Jimi Hendrix Experience. Hendrix nannte die Formation die Blue Flames. (Entgegen anderslautenden Aussagen existieren keine Angaben, dass man die Formation jemals als Jimmy James and the Blue Flames ankündigte, obwohl „Jimmy James“ Hendrix’ damaliger Künstlername war. Der Name „James“ stellte eine Referenz an den Blues-Musiker Elmore James dar, der Jimis Affinität zu laut ausgesteuerten Verstärkern teilte. Hendrix nahm James’ „Bleeding Heart“ oft auf – manchmal auch „Blues In C#“ oder „People, People, Peoples“ genannt – und spielte den Song bei Konzerten. Der Name „Blue Flames“ ehrte einen weiteren Blueser: den Sänger Junior Parker aus Memphis.) Wenn die Formation nicht im Café Wha? spielte, benutzte sie neben anderen Bandnamen auch den der Rainflowers.
Ungefähr zu diesem Zeitpunkt begegnete Hendrix dem Musiker Randy Wolfe bei Manny’s Music in der 48. Straße in Manhattan. (Das bekannte und angesagte Geschäft wurde im Juni 2009 geschlossen und als Filiale der Kette Sam Ash Gitarren-Shops wiedereröffnet.) Gerade mal 15 Jahre alt, war Wolfe mit seiner Mutter und seinem Stiefvater von Kalifornien in die Stadt gezogen und befand sich auf der Suche nach einer Gitarre. Er sah Hendrix beim Gitarrespielen – „Ich glaube, es war eine Telecaster“, erklärte er der Guitar World 1985 – und fragte, ob er sie ausprobieren dürfe.
Wolfe beschäftigte sich intensiv mit dem Delta Blues – so wie auch Hendrix, den das Spiel des jungen Musikers beeindruckt haben musste, da „er sich mir mit dem Namen Jimmy James vorstellte und mich für den Abend in einen Club einlud, das Café Wha?, um mit ihm aufzutreten“. Schon nach kurzer Zeit spielte Wolfe die Rhythmus-Gitarre und Hendrix Lead-Gitarre. (Allerdings taufte ihn Hendrix in Randy California um und gab ihm jenen Bühnennamen, den er auch als Gründungsmitglied der einflussreichen kalifornischen Band Spirit tragen sollte und sogar noch bis zu seinem tragischen Tod am 2. Januar 1997.)
Aus Randy Wolfe wurde Randy California, da ein Bassist der Blue Flames ebenfalls Randy hieß und durch den Zusatz „California“ klar wurde, wer gemeint war. Trotz seiner anfänglichen Begeisterung wurde „Regi“ Butler gelegentlich durch Jeff „Skunk“ Baxter ersetzt, einen Angestellten bei Manny’s, und noch häufiger durch eben jenen Randy Palmer, einen Texaner, dem Hendrix schon bald zur Unterscheidung den Namen Randy Texas aufdrückte. (Jeff „Skunk“ Baxter ist auch bekannt für seine Arbeiten mit Steely Dan und den Doobie Brothers.) Was man über Hendrix als Bandleader wissen sollte: Er hatte ein untrügliches Talent für die Auswahl geeigneter Instrumentalisten, denn zwei seiner Kollegen von den Blue Flames entwickelten sich zu respektierten und anerkannten Musikern. Danny Casey ersetzte später noch Matthews an den Drums.
Das Repertoire der Blue Flames bestand zum Großteil aus Coverversionen. Bedenkt man den Bandnamen, überrascht es nicht, dass sie einige Junior-Walker-Nummern spielten, darunter „Driving Wheel“, „In The Dark“, „Annie Get Your Yo-Yo“ und den Hit „Shotgun“ aus dem Jahr 1965 (den Walker aber nicht mit den Blue Flames aufnahm, sondern mit den All Stars). Darüber hinaus führten sie noch weitere Hits aus den Mittsechzigern auf: Don Covays „Mercy, Mercy“ (er stammte aus einer Session mit Hendrix), „House Of The Rising Sun“ von den Animals und das populäre „Hang On Sloopy“ von den McCoys.
Gerüchten nach führten sie auch „Rain“ von den Beatles auf, das als B-Seite von „Paperback Writer“ im Gründungsmonat der Blue Flames auf den Markt kam. Angeblich soll Hendrix dabei versucht haben, die Rückwärtsspuren von John Lennons Gesang nachzuahmen, was durchaus möglich erscheint, bedenkt man seine Faszination vom Einsatz rückwärts aufgenommener Instrumente, den er in den kommenden Jahren selbst meisterte.
Die Blue Flames coverten zudem drei Songs, die Hendrix mit der Experience bis zum Abwinken aufführen sollte: Bob Dylans „Like A Rolling Stone“, „Wild Thing“ von den Troggs und ein „unbedeutendes, kleines“ Stück, das von Eifersucht und Mord handelte – „Hey Joe“, eine Hymne der Sixties. Aussagen von Randy California nach erarbeiteten sie sich vier Eigenkompositionen, zu denen „Mr. Bad Luck“ zählte, später von der Experience unter dem Titel „Look Over Yonder“ aufgenommen. Abhängig davon, wessen Aussage man Glauben schenkt, mögen die anderen „Foxy Lady“, „Remember“ und „3rd Stone From The Sun“ gewesen sein. Obwohl „Red House“ schon in einer Arbeitsversion existierte, wurde es von den Blue Flames nicht umgesetzt.
(Bitte beachten Sie, dass ich mich bei der Aufzählung der Stücke an die Originalschreibweise halte. „Foxey Lady“ und „Third Stone From The Sun“ tauchten in dieser Schreibweise auf der US-Version des Albums Are You Experienced auf, das erwähnenswerterweise wie auch in Großbritannien ohne Fragezeichen auf dem Cover erschien, obwohl der Songtitel in den USA mit einem Fragezeichen versehen wurde.)
Ein weiteres signifikantes Ereignis kennzeichnete die viermonatige Zeit, die mit dem Vertragsabschluss mit Chas Chandler endete: Jimmy James änderte seinen Namen in Jimi James. Carol Shiroky erinnert sich an eine Werbung für den Gitarristen im Café Wha?, bei der man ihn als Jimi James anpries. Das geschah, kurz nachdem sich die beiden aufgrund von Jimis Interesse an Linda Keith getrennt hatten. Linda war Keith Richards’ Freundin, die sich wie magisch von dem linkshändigen Gitarristen angezogen fühlte, den sie als einen authentischen Blues-Musiker verehrte, der schon zu dieser Zeit mehr als seinen Tribut für die Karriere gezollt hatte.
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