Название | Cher - Die Biografie |
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Автор произведения | Peter Lanz |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854454212 |
Den Tag, an dem sie zum ersten Mal im Kino war, wird Cher nie vergessen: »Ich war vier. Meine Mutter nahm mich in Grauman’s Chinese Theatre mit, dem namhaftesten Kino von Los Angeles. Das Personal war in Cheongsams, in wunderschöne chinesische Kleider gesteckt und brachte uns zu den Plätzen. Der Film Dumbo wurde gespielt. Der Kinosaal war der größte Raum, den ich jemals gesehen hatte, der ganze Godzilla hätte darin aufrecht tanzen können. Damals wurde mir bewusst: Oh mein Gott, dieses Filmding ist der Himmel!«
Cher entwickelte schon früh eine blühende Fantasie. Das lag vor allem daran, dass sie kaum Umgang mit gleichaltrigen Kindern hatte. In ihrer Autobiografie The First Time schreibt sie: »Oftmals saß ich für mich allein in einem Zimmer und fing an zu träumen. Ich träumte, ich säße unter einem Zitronenbaum und mit mir meine erfundenen Freunde Sam und Pete. Sie waren beide Fernfahrer. Und wir pflückten gemeinsam Tomaten und veranstalteten für uns Tomatenpartys. Meine Freunde und ich hatten in diesen Momenten lange Gespräche. Über alles. Was ich mochte und was ich nicht ausstehen konnte. Sam und Pete waren für mich genauso real wie Harvey, der Hase, für James Stewart im Film.« Als ihre Mutter diese Phantasien mitbekam, wollte sie mit Cher zum Psychiater gehen, aber Chers Großmutter hielt sie zurück: »Meine Großmutter verstand mich. Ich war furchtbar allein.«
Georgia Holt erzog ihre Tochter zu dem Bewusstsein, etwas ganz Außergewöhnliches zu sein: »Was immer die anderen sagen, vergiss nicht, du bist etwas Besonderes!«
In gewisser Weise machte sie aus Cherilyn damals bereits eine egozentrische Eigenbrötlerin, die in ihren ersten Lebensjahren gleichaltrigen Kindern gegenüber verschlossen war und wenig Freunde hatte. »Die Freunde kommen später, wenn man berühmt ist. Dann tauchen sie auf und sagen, ach Gott, ja, Cherilyn, das war ja das Nachbarmädchen, uuuhhh, wir waren die besten Freunde damals.« In Wahrheit waren die beiden Schwestern ziemlich einsam. Was zur Folge hatte, dass sich die beiden Mädchen zusammenschlossen, miteinander sehr vertraut wurden und bis heute ein inniges, freundschaftliches Verhältnis zueinander haben. Wahrscheinlich ist bis heute Cher niemand näher als ihre Schwester. Einmal sagte Cher in einem Interview: »Ich wollte bekannt werden, aber ich wusste nicht, wie. Ich hatte keine besonderen Begabungen, und ich war schrecklich schüchtern. Aber mit zwölf übte ich bereits meine Autogramm-Unterschrift. Und bis heute hat sich an dieser Unterschrift nichts geändert.«
Schulkameraden erinnern sich, dass Cherilyn damals bei aller Scheu auch gelegentlich das Gehabe wie eine Primadonna an den Tag gelegt habe. »Sie rannte beispielsweise den ganzen Tag über mit Sonnenbrille herum. Die nahm sie nicht einmal ab, wenn es draußen zappenduster war.«
Obwohl sie ein schüchternes Kind war, liebte Cher auch damals schon den großen Auftritt. »Meine Eltern hatten viele Alben großer Broadway-Musicals wie Porgy and Bess, My Fair Lady, Oklahoma oder West Side Story. »Ich war noch nie davor in New York gewesen und die Filmversion kam erst viel später«, schreibt Cher in ihrer Biografie, »aber ich sah das Cover und spielte das Musical für mich allein nach. Ich drehte die Musikanlage ganz laut auf und identifizierte mich mit den Charakteren, die ich spielen wollte, nicht nur die Frauenrollen. Ich arbeitete buchstäblich Monate an dem Musical. Ich ließ dabei niemand zusehen, nicht einmal meine Mutter.«
Damals zeigte sich bereits ein besonderes Talent von Cher: Wenn sie einen Song hörte, konnte sie die Melodie und den Text im Handumdrehen nachsingen.
Die Unruhe der Mutter gestaltete Chers Leben in den ersten Jahren äußerst abwechslungsreich und über alle Maßen aufregend. Trotz ihrer zweiten Ehe mit John Southall hatte sich Georgia nie ganz von Chers Vater lösen können. Die beiden hatten sogar Kontakt zueinander, als John Sarkisian eine Weile ziemlich in die Rauschgiftszene abrutschte und geplatzter Wechsel wegen mit dem Gesetz in Konflikt kam. Aber Georgia Holt vermied es lange, Vater und Tochter zusammenzubringen. »Mit elf Jahren sah ich ihn zum ersten Mal bewusst«, schilderte Cher die Begegnung mit dem Vater der US-Fernseh-Journalistin Barbara Walters. »Als ich diesen dunkelhaarigen Mann in unser Haus kommen sah, dachte ich, okay, jetzt verstehe ich alles. Das ist es, wo ich herkomme.«
Zu dieser Zeit heiratete Georgia John Sarkisian ein zweites Mal. Cher kämpfte mit aller Macht gegen diese Beziehung. Sie gestand später einmal, dass sie ihrem Vater nie verziehen hat, sie so früh im Stich gelassen zu haben. »Als ich ihn brauchte, war er nicht da. Jetzt brauchte ich ihn nicht mehr. Von mir aus sollte er bleiben, wo immer er wollte.« John Sarkisian hatte sich in den Jahren kaum verändert, er war labil und ließ sich von seinen Freunden immer wieder zu Rauschgift oder unmäßigem Alkoholgenuss verführen. Er lebte von dem, was ihm Georgia zukommen ließ, oder er verpfändete einfach, wenn es nicht anders ging, ihren Schmuck. Einmal hat er angeblich sogar betrunken in der Wohnung von Georgia Feuer gelegt.
Als Cher elf war, fragte sie die Mutter einmal unvermittelt: »Hast du Lust, deinen Vater zu treffen?« »Klar«, antwortete Cher, obwohl sie nicht darauf versessen war, John Sarkisian wirklich kennen zu lernen. Am anderen Tag wurde sie für die Begegnung zurechtgemacht: Die Mutter holte Chers bestes Kleidchen heraus, drehte ihr Löckchen und achtete darauf, dass sie picobello sauber war. In The First Time schreibt Cher: »Als mein Vater an der Tür war, war ich sehr aufgeregt. Als ich öffnete, war mein erster Gedanke: ›Wow, daher habe ich mein Lächeln!‹ Er war groß und hatte gelocktes, dunkles Haar, er hatte meine Augen und darüber dichte Augenbrauen. Er sah irgendwie aus wie ich – und ich dachte: ›Jetzt verstehe ich. Das ist es, woher ich komme.‹ Er war extrem gut gekleidet, besonders fielen mir seine Krokodillederschuhe auf. So etwas Teures hatte ich zuvor noch nie gesehen.«
Cher war eine mehr als mittelmäßige Schülerin. Es fehlte das Geld, die Töchter in die besseren Privatschulen in Los Angeles zu schicken. Zu allem Überfluss erkannte man reichlich spät eine angeborene Störung bei Cher, die es ihr beinahe unmöglich machte, Worte oder Zahlen optisch zu speichern. Sie leidet an Legasthenie, einer Lese- und Schreibschwäche. Legastheniker haben Probleme mit der Umsetzung der gesprochenen in die geschriebene Sprache und umgekehrt. Viele Jahre später sagte Cher in einem Interview mit der italienischen Illustrierten Oggi, sie habe immer noch Probleme, Drehbücher auswendig zu lernen: »Es ist mein bestgehütetes Geheimnis. Die Regisseure durften es nie merken. Sonst hätte ich keine anständigen Rollen bekommen.« Seit jeher behalf sich Cher damit, dass sie sich Texte oder Zahlenkombinationen einfach von jemandem vorlesen ließ. »Offenbar habe ich ein phänomenales Gedächtnis und kann mir das, was ich höre, einprägen. Das gleicht vermutlich den Verlust aus.«
In der Schule wusste man davon noch nichts, und Cher galt anfangs als faul und uninteressiert. Ihre Schulfreundin Deila Farren charakterisierte Cher später so: »Sie war scheu, aber sie kannte andererseits auch keine Furcht. Wenn ich vor irgend etwas zurückschreckte – zum Beispiel, das Auto meiner Eltern für einen Ausflug zu klauen –, dann ging sie einfach los und tat es. Sie nahm es mit jedem auf.«
Als Cher ein junges Mädchen war, suchte sie ihren Platz im Leben. Sie schreibt in ihrer Autobiografie: »Ich fühlte mich lange Zeit anders als die anderen Mädchen. Ich war nicht außergewöhnlich, ich meinte nur, anders zu sein.« Es war kein gutes Gefühl für sie. Sie kleidete sich anders als die anderen, mochte andere Filme. »Ich wollte auch nie, wie die anderen Girls, Krankenschwester werden oder Ärztin oder Lehrerin oder einfach Hausfrau. Seit ich zurückdenken kann, wollte ich ins Showbiz«, schreibt sie in The First Time.
Als Cher zwölf Jahre alt war, ging es der Familie finanziell ziemlich mies. Ihr Vater hatte keinen Job, die Mutter hielt sich in Hollywood in den Fernsehstudios über Wasser, und wenn auch ihre Aussage, sie hätte sich als Kind damals die Schuhsohlen an die Füße binden müssen, um nicht barfuß zu laufen, übertrieben gewesen sein mag: Es waren sicherlich bittere Jahre in ihrem Leben. Sie liebte ihren Vater und verabscheute ihn gleichzeitig. Sie hasste seine Schwächen, seine Nachgiebigkeit und seine Ohnmacht dem Alkohol oder dem Rauschgift gegenüber. Trotzdem fühlte sie sich auf magische Weise von dem charmanten Armenier Sarkisian angezogen. Nach seinem Tod im Jahre 1985 sagte sie dem People-Magazin: »Mag sein, dass nicht alles legal war, was er tat, aber in den letzten Jahren zumindest lebte er vorbildlich, tugendhaft und ehrenwert.«
Sicherlich