Название | Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten |
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Автор произведения | Alfred Bekker |
Жанр | Историческая фантастика |
Серия | |
Издательство | Историческая фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783745214710 |
„Man kann sie ohnehin nicht gänzlich töten“, entgegnete Gorian unsicher.
„Aber man kann mit ihr das tun, was dein Vater schon getan hat: sie bannen. Vor den Einflüsterungen dieser Kreatur hätte dich das zweifellos nicht geschützt, wohl aber vor ihren Zähnen und Krallen!“ Er seufzte laut, und der ganze Ärger und die Verständnislosigkeit über Gorians Handlungsweise kamen in diesem einen Laut deutlicher zum Ausdruck, als es tausend Worte vermocht hätten. „Der Gargoyle wollte dich ein weiteres Mal umbringen, Gorian.“
„Nein, das glaube ich nicht.“
„Er war drauf und dran, dir mit seinen Krallen die Kehle aufzureißen. Und vielleicht hätte er dich anschließend sogar zu einem Teil seiner Selbst gemacht, so wie es seiner Art entspricht.“ Erneut seufzte er tief. „Dass du gestern für die Flüchtlinge Mitleid gezeigt hast, zeigte deine edle Gesinnung. Aber Mitleid mit einer solchen Kreatur ist pure Dummheit, Gorian, gleichgültig, was die Gedanken dieses Wesens dir eingeflüstert haben.“
„Ar-Don hat mir das Leben gerettet.“
„Sprich seinen Namen noch öfter aus, dann wird er nie mehr von deiner Seite weichen!“
„Meister Thondaril, ich glaube nicht, dass Ar-Don gekommen ist, um mich umzubringen.“
„Mir bot sich aber ein deutlich anderes Bild, wenn du neunmalkluger Narr und erfahrener Fremdwesen-Versteher mir ahnungslosem zweifachen Ordensmeister diese kleine Nebenbemerkung gestattest!“
„Ich kann nur sagen, was ich empfinde und ...“ Er zögerte, ehe er das Wort aussprach: „... wahrnehme!“
„Und was hast du wahrgenommen?“, fragte Thondaril auf eine Weise, die erkennen ließ, dass er sich aus der Beantwortung dieser Frage nicht viel an zusätzlicher Erkenntnis erhoffte.
„Ich ... ich kann es nicht erklären. Es tut mir leid, aber in dem Moment, als ich Euch daran hinderte, den Gargoyle völlig zu zertrümmern, hatte ich das Gefühl, das Richtige zu tun. Als wäre ich vollkommen im Einklang mit den metamagischen Schwingungen des Polyversums.“
Thondaril atmete tief und schnaubend durch. „Man sollte die Axiome des Ordens und die Weisheitslehre der Alten Kraft erst dann lesen, wenn man in der Lage ist, sie auch zu verstehen“, versetzte er mit galligem Unterton. „Bei dir war diese Lektüre wohl definitiv verfrüht!“
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Während des Frühstücks, das sie in Artochs Schankraum in aller Frühe einnahmen, sagte Thondaril kein einziges Wort, und auch Appetit schien er nicht zu haben. Er kaute nur missmutig auf einer Brotkruste herum.
Der Stallbursche des Wirts hatte das Streitross bereits gesattelt. Das Gepäck – im wesentlichen Satteltasche und Waffen – ließ Thondaril niemals aus den Augen und vor allem auch nicht von jemand anderem am Sattel anbringen.
Thondaril verabschiedete sich in aller Herzlichkeit von Artoch, und wenig später ritt er zusammen mit Gorian durch das frühmorgendliche Segantia. Nebelschwaden waren vom Fluss aufgestiegen und drängten sich wie die formlosen Auswüchse vielarmiger Ungeheuer in die Straßen. Manchmal konnte man nur wenige Schritt weit sehen, so dicht war dieser Dunst. Hier und dort wankten noch die letzten Zecher aus den Tavernen nach Hause, während die aufgehende Sonne als diffuser Lichtball durch das Grau des Nebels schimmerte.
Sie erreichten den Platz, auf dem Centros Bal gelandet war.
Der Händler aus Gryphland war ein kleiner drahtiger Mann mit grauem Bart, dessen Alter sehr schwer zu schätzen war. Er trug einen eng anliegenden Anzug aus Leder und eine gefütterte Mütze – die Kluft eines Greifenreiters, die der eisigen Höhenkälte standhalten musste, wenn er den Greifen weit aufsteigen ließ.
„Es ist mir eine Ehre, mit Euch reisen zu dürfen, Centros Bal“, sagte Thondaril und deutete auf seinen Begleiter. „Dies ist Gorian, den ich bei unserem gestrigen Treffen erwähnte.“
Centros Bal musterte Gorian von Kopf bis Fuß, als würde er Maß nehmen, und meinte: „Er scheint nicht mehr zu wiegen, als Ihr geschätzt habt, Meister Thondaril. Ihr wisst ja, unser Flugtier muss das zusätzliche Gewicht auch tragen können.“
„Euer Greif macht alles andere als einen schwächlichen Eindruck“, gab Thondaril zurück.
Gorian nahm an, dass dieser Wortwechsel noch so etwas wie ein Nachklang der Preisverhandlungen war, die zweifellos am Vorabend zwischen Thondaril und Centros Bal stattgefunden hatten. Centros Bal sprach das Heiligreichisch mit einem deutlichen Akzent, aber vollkommen fehlerfrei und wie jemand, der es gewohnt war, in diesem Idiom Verhandlungen zu führen. Seinen Leuten gab er allerdings zwischendurch Anweisungen in der Sprache Gryphlands, die mit dem Heiligreichischen zwar verwandt war, aber doch so stark davon abwich, dass Gorian nur sehr vage verstehen konnte, worum es ging.
Centros Bal machte eine einladende Geste. „So betretet meine Gondel! Auch Euer Pferd wird darin gut aufgehoben sein, während ich selbst mir diese Annehmlichkeit nicht erlaube, weil ich meinen Greif, wann immer es möglich ist, selbst reite, statt ihn meinen Ersatzreitern zu überlassen.“ Er lächelte verschmitzt. „Aber ein Meister sollte ja auch von einem Meister geflogen werden, nicht wahr?“
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Die Gondel verfügte über einen eigenen Stall, in dem Pferde oder Rinder untergebracht werden konnten. Außerdem gab es große Lagerräume. Dafür war der Passagierbereich verhältnismäßig klein gehalten. Durch in westreichischem Stil verglaste Fenster konnte man hinausblicken.
Mit einem Ruck nahmen die Seilschlangen die Gondel in ihren Griff, und wenig später erhob sich der von Centros Bal persönlich gerittene Greif in die Lüfte. Das sonore Krächzen, das sich seinem gewaltigen Schnabel entrang, weckte vermutlich halb Segantia auf.
Ein Mann, der ebenfalls die Kluft der Greifenreiter trug, sprach Gorian und Thondaril an. Er war noch jung, Gorian schätzte ihn auf höchstens fünfundzwanzig. Die Mütze hatte er sich an den Gürtel gehängt, solange er sich in der warmen Gondel aufhielt.
„Mein Name ist Fentos Roon“, stellte er sich vor, „und ich bin der Zweite Greifenreiter von Centros Bal, was leider bedeutet, dass ich nur selten eingesetzt werde, da Centros Bal meist selbst zu reiten beliebt. Aber er gab mir den Auftrag, mich um die Passagiere zu kümmern und euch im Rahmen meiner Möglichkeiten jeden Wunsch zu erfüllen.“
„Vielen Dank für diese Aufmerksamkeit“, gab Thondaril freundlich zurück.
Fentos Roon deutete auf ein Blumenbukett mit scharlachroten Blüten. „Vielleicht möchtet Ihr Euch die Dauer der Reise durch diese Traumblumen etwas verkürzen. Wir werden eine ganze Weile unterwegs sein.“
Gorian hatte von den Traumblumen gehört. Die Gryphländer handelten damit und brachten sie bis weit in den Norden. Angeblich ließen sie denjenigen, der an ihnen roch und sich dabei geistig auf ihre Wirkung einließ, in Traumwelten von beeindruckender Intensität versinken, bei denen der Unterschied zur Wirklichkeit nicht mehr erkennbar war. In den Ländern des Südens trösteten