Kursänderung der C. C.. Roswitha Koert

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Название Kursänderung der C. C.
Автор произведения Roswitha Koert
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783942672405



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musste leider schon anfangen. Die Lammkoteletts schmecken nur gut, wenn sie heiß gegessen werden.« Angelika nickte und machte sich über ihren Fisch her.

      Punkt 19.00 Uhr legte die Costa Colomba im Hafen von Civitavecchia ab. Sie nahm Kurs auf Savona, das 197 Seemeilen entfernt war.

      Civitavecchia lag kurz vor Rom. Angelika und Norbert waren mit dem Roma-Express eine knappe Stunde bis zum Hafen gefahren.

      Vor ihrer Kreuzfahrt hatten sie drei Tage in der Ewigen Stadt verbracht und die Sehenswürdigkeiten der italienischen Metropole bewundert. Sie sahen in der Basilika San Giovanni ein Stück des Tisches, an dem Jesus Christus das Abendmahl abgehalten hatte. Nahe der Kapelle Scala Santa, standen sie auf den 28 Stufen, die Jesus bei seinem Prozess zu Pontius Pilatus gegangen war. Dort hatte Norbert Angelika zärtlich und innig geküsst, wie seit langem nicht mehr.

      Im Petersdom standen sie vor der letzten Ruhestätte des Heiligen Petrus und bewunderten die Kuppel, die Michelangelo einst mit seinen üppigen Malereien verziert hatte.

      Angelika musste abends im Hotel ihre schmerzenden Füße mit Salbe einreiben, dennoch fühlte sie sich stark und gesund, wie schon lange nicht mehr.

      Die vielen Eindrücke, die sie in Rom in sich aufnahm, vertrieben ihre düsteren Gedanken, ließen sie wieder frei atmen. Ein paar interessierte Blicke aus der Menge der Touristen gaben ihr etwas von ihrem Selbstbewusstsein zurück, das sie schon für immer verloren glaubte.

      Ja, diese Reise würde ihr guttun. Sie würde eine andere sein, wenn sie wieder nach Hause kam. Keine kleine dumme Hausfrau, die sich verhaspelte, wenn sie den Mund aufmachte. Die unter schlabberigen Shirts die etwas rundlich gewordenen Hüften versteckte und die seit Jahren den gleichen pflegeleichten Bob trug, weil ihre Friseurin meinte, dass ihr dies am besten stünde.

      Diese Reise war eine Chance für Angelika. Die Chance auf einen Neuanfang und die Hoffnung, endlich das Vergangene vergessen zu können. Frei zu werden von dieser blöden Eifersucht, die immer wieder wie die Krallen eines Löwen nach ihr griff. Es war ein einmaliger Fehltritt, redete sie sich ein. Kein Grund, das eigene Leben dafür wegzuwerfen.

      Angelika und Norbert hatten das Ablegemanöver der Costa Colomba oben auf dem Panoramadeck verfolgt. Staunend beobachteten sie, wie der Riese ganz langsam aus dem Hafenbecken glitt und Kurs auf das offene Meer nahm.

      »Lass uns noch einmal auf unsere Kabine gehen. Ich möchte mir das Tagesprogramm ansehen und schauen, ob es heute Abend schon ein Showprogramm gibt, und außerdem möchte ich die genaue Reiseroute noch einmal studieren und mich noch umziehen und …«

      »Schon gut, überredet«, lachte Norbert. »Du bist ja ohnehin nicht mehr zu bremsen.«

      Von Ramil hatten sie erfahren, dass sie zur zweiten Tischzeit gehörten, die begann um 20.45 Uhr. Sie hatten also noch etwas Zeit, sodass Angelika ihren Wissensdurst stillen und sich auch für das erste Abendessen angemessen kleiden konnte.

      »Oh Gott, stell dir vor, im Theater ›Atene‹ hat es um 19.30 Uhr schon die erste Show gegeben. ›Elan, der fantastische Pantomime‹. Und wir haben das verpasst.« Angelika klang enttäuscht.

      »Wird das nicht noch mal wiederholt? Ich habe eben auf dem Deck von jemandem aufgeschnappt, dass das Showprogramm immer zweimal gezeigt wird.«

      »Ja, ja, das stimmt schon. Aber die zweite Show beginnt um 21.15 Uhr und ist für die Gäste, die die erste Tischzeit haben. Wir sind ja dann beim Abendessen. Zweite Tischzeit. Beginn: 20.45 Uhr. Du erinnerst dich?«

      Norbert nahm Angelika in den Arm.

      »Man kann nicht alles haben, mein Mäuschen. Du wolltest gern sehen, wie die Costa Colomba ablegt. Und das war doch auch wirklich interessant. Dass wir dadurch den Pantomimen verpasst haben, finde ich nicht so schlimm. Den kann ich dir auch machen. Schau mal, an was denke ich jetzt wohl?«

      Norbert machte ein paar eindeutig zweideutige Bewegungen und Angelika musste lachen.

      »Okay, okay, du bist der volle Ersatz für ›Elan, den Wunderbaren‹, den ich leider nicht gesehen habe. Aber noch einmal passiert mir das nicht. Von jetzt an wird die Today-Bordzeitung vom ersten bis zum letzten Satz studiert, und zwar noch vor dem Frühstück, ist das klar?«

      »Aye, aye, Madam, zu Befehl.« Norbert kicherte. »Gibt’s noch andere wichtige Informationen, die wir auf keinen Fall übersehen dürfen?«

      »Ja, den Wellnessbereich ›Samsara Spa‹ kann man heute Abend noch bis 22.00 Uhr besichtigen. Du, das sollten wir unbedingt machen. Das muss traumhaft sein. Meinst du nicht, dass wir uns die eine oder andere Wohlfühlmassage gönnen sollten? Mit Blick aufs offene Meer, wäre das nicht wunderbar?«

      »Denkst du gelegentlich auch mal an unser Portemonnaie? Alles hier ist wunderbar, aber auch wunderbar teuer.«

      »Du Geizhals. Erst überredest du mich zu so einer Reise und dann drehst du den Geldhahn zu. Ich fass es nicht!«

      Norbert setzte gerade zu einer patzigen, aber ebenfalls nicht ernst gemeinten Entgegnung an, als Angelika nachdenklich wurde.

      »Also, mal im Ernst, wir müssen schon ein bisschen auf unser Geld achten. Es ist ja so einfach hier an Bord. Wir bezahlen alles mit unserer Colomba-Card, abgerechnet wird später über unsere Kreditkarte. Da kann man schnell den Überblick verlieren.«

      »Ja, du hast recht. Einige Passagiere zahlen vorher einen Bargeldbetrag ein. Wenn der aufgebraucht ist, wird man informiert. Ich glaube, das wäre besser gewesen.«

      »Egal, nun haben wir mal unsere Kreditkarte als Zahlungsmittel angegeben und müssen halt ein bisschen aufpassen. Heute Abend werde ich mir beim Essen noch einen Wein gönnen, ab morgen trinke ich dann nur noch Wasser. Ist auch besser für die Figur.«

      »Nein, das wirst du nicht machen. Ich liebe es, wenn du einen Schwips hast. Dann bist du nämlich viel leichter zu verführen.«

      Angelika kreischte, denn Norbert hatte ein paar Griffe angewendet, die sie obszön fand, aber hin und wieder ganz gerne hatte.

      »Du, keine Zeit für Dummheiten. Wie müssen uns umziehen. Sonst verpassen wir noch das erste Galadinner.«

      Punkt Viertel vor neun saßen Norbert und Angelika an ihrem Tisch. Sie waren die Ersten, weitere vier Plätze warteten noch darauf, besetzt zu werden.

      Der Ober reichte ihnen eine Menü-Karte mit der verheißungsvollen Überschrift ›Willkommensgala-Abendessen‹.

      Zuvor hatte er den Stuhl für Angelika zurechtgerückt und ihr die Serviette auf den Schoß gelegt. Angelika fühlte ein leichtes Unbehagen, die formvollendete Höflichkeit, die Etikette des Kellners, die gezwungene Atmosphäre beschleunigten ihren Puls. Hoffentlich machte sie nur alles richtig. Erleichtert sah sie, dass auf der Speisekarte eine deutsche Übersetzung stand. Trotzdem sprachen die Kellner nur Englisch. Ramil übrigens auch. Hatte die Costa Concierge-Reederei sie nicht mit einem ›deutschsprachigen Schiff‹ geködert?

      Angelika wählte als Vorspeise ein Kalbscarpaccio auf kleinem Salat, ließ die angebotenen Suppen aus, auch die frischen Herzmuscheln mit Brokkoli und die Trofie, die köstlichen italienischen Spätzle, bestellte sie nicht.

      Bei den Hauptgerichten entschied sie sich für ein gebratenes Lachsfilet mit Weißweinsauce, dazu einen gemischten Salat.

      Die separate Dessertkarte klang so verlockend, dass Angelika sich noch nicht entscheiden wollte.

      »Please later«, lächelte sie den Kellner an und war sich nicht sicher, ob er das verstanden hatte. Er verbeugte sich tief und wandte sich nun Norbert zu.

      Norbert, der zuvor schon eine Flasche Chardonnay doc Serbato delle Langhe ›Beni di Batasiolo‹ für 21,— € geordert hatte, gab seine Menübestellung mit weltmännischer Sicherheit und in einem perfekten Englisch auf. Er ließ keinen Gang aus und bestellte zwei Desserts.

      »Vielleicht kannst du mir beim Nachtisch etwas helfen?«, flüsterte er Angelika zu, als der Kellner sich entfernte.

      Angelika saß mit hochrotem Kopf auf ihrem Stuhl, blickte auf das