Kursänderung der C. C.. Roswitha Koert

Читать онлайн.
Название Kursänderung der C. C.
Автор произведения Roswitha Koert
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783942672405



Скачать книгу

Richtung gelenkt wird, die seiner beruflichen Karriere im Wege steht oder sie gar zunichte macht.«

      »Das verstehe ich sehr gut und ich versichere Ihnen, ich werde in Zukunft darauf achten, dass ich Ihren Sohn nicht unbewusst beeinflusse.«

      »Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar. Wissen Sie, unter den Künstlern, Dichtern und Poeten gibt es doch auch so viele Schwule. Und ich möchte nicht, dass mein Sohn da irgendwie infiziert wird.«

      Martin Krawczyk musste schlucken. »Ihre Sorge ist da völlig unbegründet...«

      »Na, als vor zwei Jahren die Mißbrauchsfälle bekannt wurden, habe ich schon überlegt, meinen Sohn von dieser Schule zu nehmen.«

      »Aber das ist alles vor vielen, vielen Jahren geschehen. Die betreffenden Lehrer sind längst nicht mehr hier, leben gar nicht mehr.«

      »Ja, ich weiß, zwei Patres, diese Schweine. Wurde alles viel zu lange unter den Teppich gekehrt.«

      »Aber unser Direktor hat 2010 für reinen Tisch gesorgt.«

      »Ja, aber nur, weil die Berliner Morgenpost alles aufgedeckt hatte.«

      »Herr Pahle, sie brauchen sich in dieser Richtung keine Sorgen um Ihren Sohn zu machen, das versichere ich Ihnen.«

      »Ich weiß nicht, Herr Krawczyk. Ich habe ein Liebesgedicht von Niklas gelesen, bei dem ich mich ernsthaft gefragt habe, ob es nicht an einen Mann gerichtet war. Einen Mann mit blonden Locken.«

      Martin spürte, wie sein Herz stolperte. Er war froh, dass er sein schulterlanges Haar heute morgen straff zu einem Zopf gebunden hatte. Er lachte etwas zu laut auf und antwortete dann: »Nein, nein Herr Pahle! Ich bin sicher, dass Niklas in eine Mitschülerin verliebt ist. Ich glaube, ich weiß auch, in wen.«

      »Ja, dann hoffe ich mal, Sie haben recht.« Richard Pahle erhob sich und reichte Martin die Hand.

      »Vielen Dank für die Unterredung und bitte handeln Sie in meinem Interesse.«

      »Aber ganz bestimmt, Herr Pahle. Alles Gute für Sie, Ihren Sohn und ... Ihre Firma.«

      »Danke, ach, eine Frage noch, Herr Krwaczyk, sind sie eigentlich verheiratet, haben Sie Familie, Kinder?«

      »Nein, noch nicht Herr Pahle. Ich hoffe immer noch, dass irgendwann mal die Richtige kommt.«

      Martin lachte gequält, als er Herrn Pahle hinausbegleitete.

      Sven Lambert fühlte sich nicht sehr wohl in seiner Haut. Die vier Herren, die vor ihm saßen, gaben sich äußerst seriös und selbstsicher.

      Naja, zumindest drei von ihnen. Der Vierte, der als Einziger im sportlichen Outfit mit Jeans und kariertem Hemd erschienen war, rutschte nervös auf seinem Stuhl umher und wischte sich hin und wieder mit einem Taschentuch über die Stirn.

      ›Armes Schwein‹, hatte Svens Chef, der Abteilungsleiter der Deutschen Bank-Filiale in Düsseldorf, zu ihm gesagt.

      ›Pass auf, die anderen lassen den über die Klinge springen. Kennt man doch!‹

      »Was genau wollen Sie uns denn jetzt damit sagen, Herr Lambert?« Der Ton seines Gegenübers war scharf geworden, aber Sven Lambert schien das nicht zu bemerken und lächelte in die Runde.

      »Schauen Sie, meine Herren, Ihr erneuter Nachfinanzierungsantrag übersteigt einfach unsere Möglichkeiten. Die ursprünglich veranschlagten Baukosten wurden inzwischen zum dritten Mal nach oben korrigiert und wir sehen uns leider …«

      »Ja, aber bei unserem Gespräch vor zehn Tagen hörte sich das doch noch ganz anders an.« Der sportlich Gekleidete mischte sich jetzt mit etwas brüchiger Stimme ein.

      »Vielleicht, Herr Beckmann, aber schauen Sie, ich bin ja nur ein kleiner Bankangestellter. Die Entscheidungskompetenz liegt natürlich nicht bei mir, sondern bei meinen Vorgesetzten. Und die wiederum müssen unseren Vorstand überzeugen. Da nützt es Ihnen wirklich nichts, wenn ich von Ihrem Konzept begeistert war.«

      »Und das sind Sie jetzt offensichtlich nicht mehr!« Dr. Färber hatte ein Bein über das andere geschlagen und sah Sven Lambert provozierend an.

      »Darum geht es gar nicht, Herr Dr. Färber. Schauen Sie, der Kreditantrag wurde ja nicht von Ihnen persönlich gestellt«, er nickte mit dem Kopf in Richtung Dr. Färber, »und auch nicht von Ihnen, Herr Dr. Wichmann«, Kopfnicken nach rechts, »oder von Ihnen, Herr Dr. Mahlert«, Kopfnicken nach links, »sondern von der ›Kinderwunsch Privatklinik an der Kö GmbH‹. Und eine GmbH ist nun mal eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, das heißt, da steckt nicht viel Kapital hinter.«

      »Aber wir haben doch unsere Kapitaleinlagen geleistet.« Dr. Färber klang immer trotziger.

      »Ja, die Mindesteinlage. Was ist das schon. Schießen Sie nach, meine Herren. Beschließen Sie eine Kapitalerhöhung.«

      »Kapitalerhöhung?« Dr. Wichmann, offensichtlich der Älteste im Bunde, runzelte die Stirn. »Wie viel denn?«

      »100.000 sollten’s schon sein, pro Gesellschafter versteht sich.« Dr. Färber sog hörbar die Luft durch die Nase ein.

      »Das können Sie vergessen, Herr Lambert. Wir haben alle drei unsere privaten Verpflichtungen, unser Kapital ist sozusagen gebunden, außerdem ist eine solche Kapitaleinlage in eine GmbH ein viel zu hohes Risiko, sagt mein Steuerberater.«

      »Da hat er nicht unrecht.« Sven Lambert ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Vielleicht können Sie uns Sicherheiten über ihre privaten Immobilien geben oder eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Auch darüber könnte man reden.«

      »Nein!« Dr. Färber kam aus seiner lässigen Sitzposition hoch und setzte sich kerzengerade hin. »Ich glaube, es wird besser sein, wenn wir uns nach einer anderen Bank umsehen, die an uns glaubt und unser Vorhaben finanziert. Dann geht Ihnen allerdings ein lukratives Geschäft durch die Lappen.«

      Sven Lamberts Miene blieb freundlich. Die Supervisionsschulungen der Deutschen Bank machten sich halt bezahlt. »Das, meine Herren, bleibt Ihnen natürlich freigestellt. Wir würden Ihnen da keine Steine in den Weg legen. Ganz im Gegenteil. Wir werden unseren Kredit in den nächsten Tagen fällig stellen, Sie erhalten von einer anderen Bank die Darlehensauszahlung und lösen so unseren Kredit einfach ab. Dann ist die Sache, zumindest für uns, erledigt.«

      »So einfach ist das?« Bernd Beckmanns Stimme klang gedämpft.

      »Kritisch wird es nur, wenn Sie keinen anderen Geldgeber finden«, ließ sich jetzt wieder Sven Lambert hören. »Denn dann müsste die ›Kinderwunsch Privatklinik an der Kö GmbH‹ Insolvenz anmelden.«

      »Und Sie bekämen Ihr Geld nicht zurück.«

      »Das ist richtig, Herr Beckmann. Aber wir als Bank hätten immerhin noch die halb fertige Immobilie, die wir verwerten könnten. Sie als Generalunternehmer wären da schon schlechter dran.«

      »Kann ich wohl einmal kurz zur Toilette …?« Bernd Beckmann stürzte aus dem Raum, ohne auf eine Antwort von Sven Lambert zu warten. Eine angespannte Stille machte sich in dem Büro des Bankangestellten breit.

      »Vielleicht könnten wir mal ein Fenster …«

      »Das ist leider nicht möglich, Klimaanlage, Sie verstehen?«

      Bernd Beckmann kehrte nach einigen Minuten zurück und setzte sich wortlos auf seinen Stuhl. Er war auffallend weiß im Gesicht, nur auf seiner Stirn hatten sich einige rote Flecken gebildet.

      »Also ich fasse dann noch einmal zusammen …« Sven Lambert hatte seine gute Laune offensichtlich wiedergefunden. »Sie bemühen sich um eine andere finanzierende Bank und wir gehen davon aus, dass der bestehende Kredit in Kürze zurückgezahlt wird.«

      Die vier Herren nickten und Sven Lambert erhob sich, um zu signalisieren, dass das Gespräch beendet war. Er gab allen Vieren die Hand zum Abschied, lächelte wie zuvor freundlich und verbindlich und gab sich so, als hätten sie gemeinsam eine tolle Lösung für alle Probleme gefunden. Als er die Tür zu seinem Büro wieder schloss, war er durchaus zufrieden mit sich.