Medienpsychologie. Sabine Trepte

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Название Medienpsychologie
Автор произведения Sabine Trepte
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783170391567



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Theorien nehmen wir hinzu? Welche Studien wählen wir aus? Wann entscheiden wir uns für Tiefe und wann für eine breite Darstellung? Mit der dritten Auflage des Lehrbuches haben wir kaum einen Stein auf dem anderen gelassen. Geblieben sind Teile der Gliederung und einige Abbildungen, die wir für absolut zentral erachten. Text und Inhalt sind komplett neu. Besonderen Wert haben wir wieder auf die Qualität der vorgestellten Studien gelegt. Wir präsentieren viele Meta-Analysen, Studien mit anspruchsvollen Designs und robusten Ergebnissen und gehen dabei immer wieder auch auf die Forschungsqualität und Limitationen der einzelnen Forschungsfelder ein. Dabei machen wir es Ihnen nicht unbedingt einfach: An vielen Stellen im Buch gibt es keine Universalantworten auf die großen Fragen. Wenn das Forschungsfeld widersprüchliche Ergebnisse hervorgebracht hat, dann werden Sie diesen Widerspruch auch hier im Buch wiederfinden. Wenn eine traditionelle Theorie nicht bestätigt wurde, dann werden Sie das hier lesen. Das ist manchmal herausfordernd, vor allem, wenn ein Buch trotzdem noch innerhalb einer Vorlesung lesbar sein soll. Denn dieses Ziel wollten wir unbedingt aufrechterhalten. Das Lehrbuch Medienpsychologie kann als Lehrbuch innerhalb eines Semesters gelesen und gelernt werden. So machen wir es seit der ersten Auflage an unseren eigenen Universitäten. Darüber hinaus haben wir mit großer Freude festgestellt, dass unser Buch über die grundständigen Studiengänge hinaus auch in Aufbaustudiengängen gelesen wird. Das hat uns ganz besonders gefreut und auch darin bestärkt, dass wir mit dem ersten und zweiten Kapitel viel Kontext geben. Gerade im Hinblick auf die Definitionen von Medien, Kommunikation und Methoden ist dieser Band lesbar ohne ein zusätzliches Nachschlagewerk. Wenn wir eine Methode oder einen methodologischen Begriff nennen, dann erklären wir diese zuvor kurz und knapp im Methodenkapitel. Und nun wünschen wir Ihnen viel Freude mit diesem Band, der zwei Themen vereint, die die Menschen umtreiben wie kaum andere Themen: Medien und Psychologie.

      Sabine Trepte, Leonard Reinecke & Johanna Schäwel März 2021

      1 Einleitung

      Medienpsychologie ist ein lebensnahes Fach, dessen Themen fest im Alltag verankert sind. Die meisten Menschen verbringen täglich viele Stunden damit, das Internet zu nutzen, Zeitung zu lesen und Musik zu hören. Unser gesamter Alltag ist durch die Mediennutzung geprägt, sei es im Beruf oder in der Freizeit. Aus der Mediennutzung resultieren viele Fragen dazu, warum wir bestimmte Medieninhalte auswählen, wie wir uns während der Rezeption fühlen und welche Wirkungen diese Medienangebote auf unser Denken und Handeln haben. All diesen Fragen widmet sich die Medienpsychologie. In diesem Kapitel werden die grundlegenden Definitionen und das Selbstverständnis des Faches Medienpsychologie dargestellt. Hierzu definieren wir zunächst Medienpsychologie (image Kap. 1.1). Im Anschluss daran zeigen wir auf, dass Medienpsychologie auch das Wissen über Medienangebote, über Quoten, Reichweiten und repräsentative Nutzerzahlen beinhaltet (image Kap. 1.2). Wir begründen, warum diese Statistiken und Daten wichtig für die medienpsychologische Forschung sind und stellen die wichtigsten Recherche-Quellen zusammen.

      Die Bezeichnung Medienpsychologie setzt sich aus dem Begriff »Medien« auf der einen und »Psychologie« auf der anderen Seite zusammen. Mit Medien sind sowohl Massenmedien als auch medienvermittelte bzw. unvermittelte Individualkommunikation gemeint.

      Massenmedien sind Übertragungskanäle, die Informationen bzw. Inhalte an ein Publikum übermitteln, oder Organisationsformen, z. B. Radio, Fernsehen, Druck- und Pressemedien (Zeitung, Zeitschrift, Buch), Bild- und Tonträgermedien (Kino, Film, CD) oder computervermittelte Medien. Massenkommunikation bezieht sich auf die Kommunikation von und über (1) Inhalte, (2) die kontinuierlich und regelmäßig mithilfe von (3) Medien (4) einer Vielzahl von Personen übermittelt wird (Kunczik & Zipfel, 2005). Diese ist (5) öffentlich und ohne Zugangsberechtigung, (6) einseitig und ohne die Möglichkeit, dass Kommunikator:in und Rezipient:in die Rollen tauschen, sowie (7) ohne direkte Rückkopplung zwischen Rezipient:in und Kommunikator:in.

      Individualkommunikation bezieht sich auf computervermittelte Kommunikationsmedien (z. B. Smartphone, Computer) oder die nicht-medienvermittelte Interaktion zwischen Menschen (Six et al., 2007). Bei computervermittelten Interaktionen werden Computer oder andere Formen von Informationstechnologie (z. B. Smartphones) verwendet, um eine (indirekte) Interaktion zwischen Personen zu ermöglichen (computervermittelte Kommunikation). Interagieren User:innen nicht miteinander, sondern direkt mit Anwendungen (z. B. Smartphone Apps) bzw. dem Computer, spricht man in der medienpsychologischen Forschung von Mensch-Computer-Interaktion. Die nicht-medienvermittelte Individualkommunikation findet zwischen zwei Menschen (Dyaden) oder in Gruppen statt und wird als Face-to-Face- Kommunikation bezeichnet.

      Sowohl für die Massen- als auch für die Individualkommunikation spielen Sender:in, Empfänger:in und die vermittelte Botschaft eine Rolle. Mit dem Internet sind außerdem eine Reihe von Schnittmengen zwischen Individual- und Massenkommunikation entstanden. Die öffentlich lesbaren Inhalte auf sozialen Netzwerkseiten entsprechen beispielsweise sowohl den Kriterien der Massenkommunikation als auch denen der computervermittelten Individualkommunikation. Konflikte bringt das nicht nur für die wissenschaftlichen Definitionen, sondern zuweilen auch für die User:innen (Schmidt, 2019).

      Die Aufgabe der Psychologie ist es, das menschliche Erleben und Verhalten zu beschreiben, zu erklären und zu prognostizieren. Dementsprechend lässt sich die folgende Definition ableiten.

      Definition

      Medienpsychologie

      Medienpsychologische Forschung beschäftigt sich mit der Beschreibung, Erklärung und Prognose des Erlebens und Verhaltens, das mit Medien verknüpft ist, bzw. das vor, während oder nach der Mediennutzung stattfindet.

      Das Fach Medienpsychologie lässt sich anhand zweier Ansätze gliedern: Erstens anhand der psychologischen Trias Emotion, Kognition und Konation; zweitens anhand der Teilaspekte der Mediennutzung Selektion, Rezeption, Wirkung, medienvermittelte Kommunikation.

      Emotionen beschreiben das Fühlen und den Affekt, Kognition beschreibt das Denken. Konation bezeichnet das beobachtbare Verhalten.

      Die Medienselektion bezieht sich auf jegliche medienbezogenen Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen, die vor der eigentlichen Medienrezeption stattfinden. Ganz besonders interessieren hier die Gründe für die Auswahl von Medieninhalten und -angeboten. Medienrezeption umfasst den Prozess der Mediennutzung im engeren Sinne. Es geht also um die Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen während der Mediennutzung. Die Medienwirkung umfasst dann schließlich den Einfluss der Mediennutzung auf die der Rezeption nachfolgenden Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen. Die medienvermittelte Kommunikation kann während der Medienselektion, -rezeption und -wirkung stattfinden. Wenn beispielsweise während und nach der Rezeption eines Nachrichtentextes in sozialen Medien mit anderen Leser:innen diskutiert wird, so handelt es sich um medienvermittelte Kommunikation.

      Im Schnittbereich dieser inhaltlichen Dimensionen der Medienpsychologie ergeben sich zahlreiche Anwendungsbereiche, für die die medienpsychologische Grundlagenforschung zentrale Impulse liefert. Ein häufiges und entsprechend wichtiges Ziel dieser anwendungsorientierten medienpsychologischen Forschung ist es, praktische Strategien und Orientierungshilfen für die Mediennutzung im Alltag zu leisten. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist Forschung zur Medienkompetenz, die sich auf die Frage bezieht, über welche Fähigkeiten und Fertigkeiten Menschen verfügen sollten, um Medienangebote so zu selektieren und zu nutzen, dass sie ihnen psychisch und physisch guttun und dass sie mit ihnen lernen, aber auch um deren kritische Seiten hinterfragen und sie gleichermaßen genießen und sich mit ihnen unterhalten zu können.

      In Tabelle 1.1 sind beispielhaft einige Forschungsfragen zusammengefasst, die aus der Schnittstelle der beiden Strukturen (psychologische Trias und Teilaspekte der Mediennutzung) resultieren können (image