Название | Sie sind nicht krank, Sie sind durstig! |
---|---|
Автор произведения | F. Batmanghelidj |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954840533 |
Ich denke, wir sollten zu dem guten Brauch zurückkehren, unseren Kindern zusätzlich zu ihrer Nahrung Wasser zu trinken zu geben, vor allem, wenn sie zwischen zwei und sechs Monaten alt sind – in der Zeitspanne also, in der der plötzliche Kindstod am häufigsten eintritt. Eine ausgewogene Menge Wasser, zusammen mit der Milch oder nach der Milch verabreicht, könnte Kinder von Anfang an auf den Geschmack bringen und dafür sorgen, dass sie ein ausgeprägteres Durstgefühl ausbilden – und sich später nicht überessen, wenn sie eigentlich nur durstig sind.
Der Wasserhaushalt von Kindern und Heranwachsenden
Nach der Geburt wird der Wasserbedarf für ein gesundes Wachstum und eine gesunde Entwicklung zunächst durch das in der Milch vorhandene Wasser, später durch die direkte Zufuhr von Wasser sichergestellt. Das Wachstumshormon und andere Wasserregulatoren steuern das Durstgefühl und das Verlangen des Körpers nach Wasser. Gleichzeitig hält der Körper so viel Wasser wie möglich zurück, indem die Nieren den Harn konzentrieren. Zu den treibenden Kräften der Wasserregulation gehören das Wachstumshormon und andere Hormone sowie Neurotransmitter wie das Histamin.
Kinder haben wachstumsbedingt einen ständigen natürlichen Wassermangel. Bei der Ausdehnung und Teilung der Zellen wird viel Wasser verbraucht. Jede Zelle besteht zu 75 Prozent aus Wasser. Der Körper eines heranwachsenden Kindes braucht daher ständig Wasser und verlangt auch danach. Wird das natürliche Verlangen des Körpers nach Wasser durch industrielle, Chemikalien enthaltende Flüssigkeiten und zuckerhaltige Getränke gestillt, können Wachstums- und Entwicklungsprozesse nicht effizient ablaufen, und es kann zu Störungen wie Asthma und Allergien kommen. Kinder und junge Erwachsene sollten sich daran gewöhnen, reines Wasser zu trinken und es nicht durch andere Getränke zu ersetzen. Wachheit und Lernvermögen des Gehirns stehen in einem proportionalen Verhältnis zur Wasserzufuhr. Wenn ein Teenager, der wach und agil sein sollte, seinen Kopf auf die Schulbank legt und einschläft und eine Limodose neben sich stehen hat, ist die Vermutung nahe liegend, dass sein Körper unter Wassermangel leidet.
Ich hatte die Gelegenheit, in drei naturwissenschaftlichen Klassen einer amerikanischen High School Vorträge zu halten. Ich sah mir die Urinale der Schultoiletten an, um die Farbe des Morgenurins der männlichen Schüler zu prüfen. Alle enthielten einen sehr dunklen, offensichtlich stark konzentrierten Urin – ein Zeichen für schweren Wassermangel. Eltern sollten bewusst kontrollieren, wie viel Wasser ihre Kinder trinken. Es liegt in ihrer Verantwortung, ihnen die Bedeutung von Wasser zu vermitteln und sie vor einer Abhängigkeit von industriell hergestellten Getränken zu bewahren, die obendrein auch noch Farbstoffe enthalten. Dies ist kein Puritanismus, sondern eine wissenschaftlich begründete Empfehlung.
Wie Erwachsene mit ihrem Wasserbedarf umgehen
Wenn der Körper ausgewachsen ist, verlieren die Wachstumshormone ihre dominierende Funktion bei der Regulation der Wasserzufuhr. Jetzt regeln die Nervenzentren im Gehirn den Wasserhaushalt des Körpers sozusagen hauptamtlich. Dabei dient Histamin als chemischer Botenstoff.
In dieser Lebensphase reicht das Durstgefühl allein nicht mehr aus, um eine angemessene Wasserzufuhr sicherzustellen. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Der menschliche Körper ist noch immer auf dieselben Anpassungsprozesse angewiesen wie unsere vor vielen Millionen Jahren im Wasser lebenden „Vorfahren“. Diese entwickelten belastbare Systeme zur Regelung ihres Wasserhaushalts, die es ihnen ermöglichten, für immer längere Zeiträume an Land zu leben. Obwohl der Körper über keinerlei Möglichkeiten verfügt, überschüssiges Wasser so wie Fett zu speichern, muss er in der Lage sein, mit Durstperioden fertig zu werden.
Die Physiologie des menschlichen Körpers ist ständig auf Wasser angewiesen. „Wassermangel-Management“ bedeutet also nicht, dass die Zellen unseres Körpers ihre Abhängigkeit vom Wasser verlieren. Es bedeutet lediglich, dass bestimmte Körperregionen, die einen geringeren Bedarf haben und nicht ständig beansprucht werden, über eine Verminderung des Zuflusses nur so viel Wasser erhalten, wie sie zum Überleben brauchen. Wenn die betroffene Körperregion dann aktiv werden muss, lässt das Zirkulationssystem wieder vermehrt Wasser in diesen Bereich strömen.
Mit etwa 18 bis 25 Jahren, wenn der Körper ausgewachsen und voll entwickelt ist, regulieren wir unsere Wasserzufuhr mithilfe der Durstempfindung. Leider ist das Durstgefühl, wie es heute verstanden wird – „Durst erkennt man am trockenen Mund“ – kein verlässlicher Indikator für den tatsächlichen Wasserbedarf des Körpers. Wenn wir keinen Durst haben, trinken wir in der Regel auch kein Wasser. Wir warten, bis wir durstig sind, bevor wir überhaupt einen Gedanken an die Möglichkeit verschwenden, Wasser zu trinken. Viele unserer Gesundheitsprobleme beginnen genau hier – beim Umgang mit dem Wasserbedarf unseres Körpers. Oft wird nur der Mangel verwaltet, und selbst das geschieht halbherzig. Wenn der Körper seinen Wasserbedarf durch das Durstgefühl anzeigt, fehlen ihm bereits zwei bis drei Gläser Wasser. Wir trinken dann vielleicht nur ein Glas und geben ihm damit zwei Gläser weniger, als er braucht. Diese Versorgungslücke vergrößert sich leider mit zunehmendem Alter.
Das Nachlassen des Durstgefühls
Der Körper hat die Fähigkeit, sich an Mangelsituationen anzupassen. Reduzierte Nahrungszufuhr und ein vorübergehender Wassermangel scheinen einen solchen Anpassungsprozess in Gang zu setzen. Die lebenswichtigen Körperfunktionen werden aufrechterhalten, bis man wieder Zugang zu Nahrung und Wasser hat. Dabei kann das Durstgefühl leicht mit Hunger verwechselt werden, da man beide auf ähnliche Weise wahrnimmt – beides wird durch eine Absenkung des Energieniveaus im Gehirn verursacht. Dies ist einer der Hauptgründe für Fettleibigkeit bei jungen wie bei alten Menschen: Sie essen, weil sie ihr Durstgefühl irrtümlicherweise für Hunger halten.
Anscheinend reagieren wir auf Hunger und Durst gleich – so, als wären wir nur hungrig. Wir beginnen zu essen, bis das Durstgefühl durch die zusätzliche Belastung des Systems mit fester Nahrung allmählich zunimmt. Erst dann trinken wir ein wenig Wasser – zu wenig für den dringenden Wasserbedarf des Körpers, gerade nur so viel, wie der Körper braucht, um sich an eine vorübergehende Wasserknappheit anzupassen. Auf diese Weise wird der Mangelzustand schließlich chronisch, der Körper wird zu immer neuen Anpassungsleistungen gezwungen, und das Durstempfinden geht allmählich gänzlich verloren.
Histamin kann Wasser vorübergehend ersetzen, indem es Energie für einige besonders sensible Körperfunktionen freisetzt. Es hat den Anschein, als beginne der Körper sich nach und nach auf diese Funktion des Histamins zu verlassen und ließe das weitere Fortschreiten des Dehydrationsprozesses zu. So nützlich solche Notfallmechanismen auch sein mögen: Den weniger in Anspruch genommenen Körperfunktionen schadet der Wassermangel auf jeden Fall. Die allmählich chronisch werdende Austrocknung führt zu anhaltenden Veränderungen anfangs physiologischer und schließlich auch chemischer Verhältnisse des Körpers. Der Körper stellt sich darauf ein, am Rande des Zusammenbruchs zu überleben.
Die durch Histamin gesteuerten Zentren des Gehirns scheinen zu erkennen, wie viel Wasser in den Körper gelangt. Wird genügend Wasser aufgenommen, geben die Histaminzentren allmählich die ständige Verantwortung für die Regulation des Wasserhaushalts ab. Es scheint, als nehme der Körper langsam wieder wahr, dass genügend Wasser vorhanden ist, als werde er, was sein Verlangen nach Wasser betrifft, aufmerksamer und bewusster – er beginnt zu verstehen, worum es geht, und zeigt Durst an. Es sieht so aus, als sei der Verlust des Durstgefühls eine Anpassung an die Falschinformation, es stehe kein Wasser zur Verfügung, weil wir keines trinken.
Lernen wir wieder, regelmäßig und