Название | k-punk |
---|---|
Автор произведения | Mark Fisher |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862872374 |
Wenn die Beschäftigung des Films mit dem Kapitalismus inkohärent ist, inwiefern stellt Batman Begins dann eine Herausforderung für den kapitalistischen Realismus dar? Die Antwort auf diese Frage führt nicht auf die Ebene der Politik, sondern dem Verständnis von Ethik, Handlungsmacht und Subjektivität. Žižek klassische Definition der Ideologie in The Sublime Object of Ideology handelt vom Unterschied zwischen Glauben und Handeln. Auf der Ebene des Glaubens werden kapitalistische Ideen – Waren sind belebt; das Kapital ist quasi-natürlich – zurückgewiesen, doch es ist gerade die ironische Distanz von solchen Prinzipien, die uns erlaubt, so zu handeln, als seien sie wahr. Die Zurückweisung des Glaubens erlaubt uns, Handlungen auszuführen. Ideologie beruht dann also auf der Überzeugung, dass es nicht um das geht, was wir tun, sondern um das, »was wir sind« und dass dieses »wir« auf einem »inneren Wesen« beruht. Übertragen auf Begriffe der zeitgenössischen, amerikanischen Kultur findet sich dies in der »therapeutischen« Idee, dass wir »ein guter Mensch« sein können, egal, wie wir uns verhalten.
Die zentrale, ethische Lektion des Films ist eine Umkehr dieser ideologischen Überzeugung. In Waynes Kampf, Gerechtigkeit und Rache auseinanderzuhalten, wird die Rache durch den kompromisslosen R’as al Ghul personifiziert, während Gerechtigkeit durch die Staatsanwältin Rachel Dawes repräsentiert wird. Dawes wird der entscheidende (anti-therapeutische) Slogan des Films in den Mund gelegt: »Aber was man im Inneren ist, zählt nicht. Das, was wir tun, zeigt, wer wir sind.« Das Gute ist möglich, doch nicht ohne eine Entscheidung und ohne die Tat. Indem Batman Begins diese Message stark macht, rückt er den Helden wieder in ein existenzielles Drama, das nicht nur den kapitalistischen, realistischen Nihilismus in die Flucht schlägt, sondern auch die nörgelnden, besserwisserischen Kobolde der postmodernen Reflexivität90, die viel zu lange schon von seinem Blut gelebt haben.
Wenn wir träumen, sind wir dann Joey? 91
»Hey, wenn du träumst, bist du dann noch Joey?«
Carl Garty zu Tom Stall in David Cronenbergs
A History of Violence 92
»In einem Traum ist er ein Schmetterling. […] Tschuang-Tse kann, nachdem er aufgewacht ist, sich fragen, ob nicht der Schmetterling träume, Tschuang Tse zu sein. Er hat recht, und zwar in doppelter Hinsicht, denn erstens beweist das, daß er nicht verrückt ist, er hält sich nicht für absolut mit Tschuang-Tse identisch – und zweitens, weil er sich nicht bewußt ist, daß er mit seiner Aussage so genau ins Schwarze trifft. In der Tat, als er eben Schmetterling war, faßte er sich an einer Wurzel seiner Identität – war er und ist er in seinem Wesen dieser Schmetterling, der sich in seinen eigenen Farben malt – und deshalb ist er im letzten Grunde Tschuang-Tse.«
Jacques Lacan
»Die Unterscheidung zwischen Auge und Blick«93
In der Schlüsselszene in Cronenbergs A History of Violence spricht der örtliche Sheriff mit dem Helden, Tom Stall (Viggo Mortensen), nachdem eine Reihe von brutalen Morden das Leben in der kleinen Stadt im Mittleren Westen durcheinander gebracht hat, wo beide leben: »Es ergibt keinen Sinn.« Auf den ersten Blick handelt es sich bei A History of Violence um Cronenbergs zugänglichsten Film seit The Dead Zone (1983). Doch so ganz mag sich die oberflächliche Plausibilität des Films nicht einstellen. Alle Teile sind vorhanden, doch wenn man genau hinschaut, passen sie nicht zusammen. Irgendetwas funktioniert nicht …
Das bis zum Schluss Beunruhigende von A History of Violence ist das schwierige Verhältnis des Films zum eigenen Genre: Ist es ein Thriller, ein Familiendrama, eine schwarze Komödie oder eine genreübergreifende Allegorie (»die Außenpolitik der Regierung Bushs übertragen auf einen Western«)? Diese Unentschiedenheit des Films weist darauf hin, dass in ihm überall das Unheimliche steckt. Selbst wenn die üblichen Muster des Thrillers oder des Familiendramas durchgespielt werden, ist darin irgendetwas schief, deswegen wirkt A History of Violence am Ende wie ein Thriller, den ein Psychotiker geschrieben hat, jemand der die Konventionen des Genres auswendig kann, sie aber nicht richtig einsetzt. Aber verrückterweise, und darin einem Cronenberg-Film ganz angemessen, ist es gerade dieses »Nicht-richtig-Funktionieren«, das den Film so fesselnd macht.
Den meisten Kritikern ist aufgefallen, dass in A History of Violence die Prothesen und Spezialeffekte, für die Cronenberg berühmt ist, fast völlig abwesend sind (Spuren finden sich nur noch in den exzessiven Aufnahmen von Leichen, denen ins Gesicht geschossen wurde). Tatsächlich war die Abwendung Cronenbergs von dieser Bilderwelt ein schleichender Prozess, der mindestens bis zu Crash zurückreicht (eXistenZ von 1998 könnte ein letztes Halleluja für Cronenbergs pulsierende, erotisierte Biomaschinerie sein), aber das ontologische Unwohlsein in seinen Filmen ist nicht verschwunden, sondern es wurde subtiler. Der Mythos ist überall in A History of Violence präsent: Nicht nur in der gefährdeten, trügerischen Kleinstadtnormalität oder in der urbanen Unterwelt der organisierten Kriminalität, die ihr zu Leibe rückt und sie zu zerstören droht, sondern vor allem im Konflikt von beiden. Eine Stadt wie Millbrook in Indiana, wo A History of Violence spielt, bietet sich für das amerikanische Kino und die Darstellung zerbrochener Unschuld geradezu an. Vergleiche mit Lynch sind unvermeidlich, doch die wichtigste Parallele ist nicht Lynch, sondern Hitchcock. Der Vergleich mit Hitchcock trägt weiter als bis zu den Details an der Oberfläche, so bedeutsam sie auch sind, wie eine Besprechung im Guardian deutlich macht: »Die Main Street [in A History of Violence] erinnert an die in Phoenix, Arizona, wo sich das Immobilienbüro von Psycho befindet.«94 Die Affinität reicht noch tiefer, was sich zeigt, wenn wir uns an Žižeks bekannte Analyse von Hitchcocks Methode erinnern. In Looking Awry vergleicht Žižek Hitchcocks »phallische« Montage mit der »analen« Montage des konventionellen Kinos:
»Nehmen wir zum Beispiel eine Szene, in der das abgelegene Zuhause einer reichen Familie von einer Verbrechergang umstellt wird, um es anzugreifen; die Szene gewinnt enorm an Intensität, wenn wir den idyllischen Alltag innerhalb des Hauses mit den verbrecherischen Handlungen außerhalb kontrastieren: wenn wir abwechselnd die glückliche Familie beim Abendessen, die umhertollenden Kinder, die gutmütige Ermahnungen des Vaters etc. zeigen, das ›sadistische‹ Lächeln des Verbrechers, ein anderer, der seine Waffe überprüft, ein dritter, der die Balustrade erklimmt. Worin bestände der Übergang zur ›phallischen‹ Phase? Mit anderen Worten, wie würde Hitchcock diese Szene drehen? Zunächst muss man sagen, dass sich der Inhalt dieser Szene nicht für Hitchcocks Art der Spannung eignet, insofern als sie auf der schlichten Entgegensetzung von idyllischem Innen und bedrohlichem Außen beruht. Deswegen sollten wir diese ›flache‹, horizontale Verdopplung zunächst in die Vertikale übertragen: Der schreckliche Horror sollte draußen sein, neben dem idyllischen Interieur, aber auch darin, als seine verdrängte Unterseite. Stellen wir uns zum Beispiel dieselbe glückliche Familie beim Abendessen aus der Perspektive eines reichen Onkels, den sie eingeladen haben, vor. Während des Essens beginnt der Gast (und mit ihm auch wir, die Öffentlichkeit) plötzlich ›zu viel zu sehen‹, er beobachtet, was er nicht hätte beobachten dürfen, irgendein Detail, das nicht passt, das in ihm den Verdacht weckt, dass die Gäste ihn vergiften wollen, um an seinen Reichtum zu kommen. Ein solches ›Überschuss-Wissen‹ hat gewissermaßen einen abyssalen Effekt […] die Handlung ist sozusagen in sich selbst verdoppelt, endlos reflektiert, wie in einem Doppelspiegel … die Dinge erscheinen in einem anderen Licht, obwohl sie identisch bleiben.«95
Das