Название | Mycrofts Auftrag |
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Автор произведения | Beate Baum |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783946938392 |
Sherlock wirkte irritiert: »Das habe ich mir verkniffen. Seine Freundin wird schon wissen, dass er sie betrügt. Vielleicht ist es auch ihr Arrangement, sie lebt ja ganz gut auf seine Kosten.«
John schüttelte den Kopf, unwillkürlich drehte er den Kopf in Richtung Garten.
»Er hat ein Hemd mit abgestoßenem Kragen an und eine Jeans mit Kaffeefleck. Es ist ihm nicht wichtig, wie er aussieht, wenn er mit ihr unterwegs ist. Gerade eben hat er unter dem Tisch seiner Geliebten eine SMS geschrieben, wobei er sogar die Lippen gespitzt hat. Sie trägt Sandalen von Manolo Blahnik und benutzt ›Coco Mademoiselle‹ von Chanel, beides könnte sie sich von ihrem Gehalt als Krankenschwester nie leisten. Dafür lacht sie über seine dürftigen Witze.«
In Rekordgeschwindigkeit hatte er das heruntergerattert, als Mary in die Küche kam. Zu Johns Erstaunen sah sie weniger wütend aus als vielmehr leicht amüsiert. »Liebling, er hat Recht.« Sie legte ihm die Arme um den Hals. »Ich versuche, es hier schön zu finden, weil wir uns nun mal nichts anderes leisten können, aber ich mag es genauso wenig wie du.«
»Was? Woher weißt du, dass …« John starrte sie entgeistert an. »Und wieso bekommt er das schneller mit als ich? In seinem Zustand?«
»John, bitte, sei nicht melodramatisch«, verlangte Sherlock. »Wie oft soll ich dir noch sagen …«
»Schluss jetzt!«, sagte Mary. »Geht Verbrecher jagen wie in alten Zeiten! Ich glaube, das tut euch beiden gut. Ich werde mich noch ein wenig mit den beiden langweilen und dann Migräne vortäuschen. Vielleicht finde ich im Internet ja doch eine bessere Bleibe für uns.«
*
»Darauf habe ich seit zwei Wochen gewartet«, sagte Sherlock und trommelte unruhig mit den Fingern der rechten Hand auf seinen Oberschenkel. »Sagt dir Parkside etwas?«
Mary hatte ihnen ihr Auto angeboten, damit sie schneller in die Stadt hineinkamen, John fuhr. »Ich lebe im Vorort, nicht auf dem Mars.« Er war noch immer verärgert wegen der Äußerung des Freundes, außerdem hatte er Hunger. Gern hätte er vor ihrem Aufbruch etwas gegessen, aber so etwas ging mit Sherlock Holmes natürlich nicht. Wenn er einen Fall zu lösen hatte, duldete er keine Verzögerung.
Aber was für ein Fall war das eigentlich?
»Das hat jetzt aber nichts mit dieser Heroingeschichte zu tun?«, fragte er alarmiert.
»Nein. Das ist der Fall meines werten Bruders.«
»Er will nicht, dass du in der Sache weiter ermittelst.«
»Er will auch, dass du mich in eine Entzugsklinik bringst und trotzdem bin ich hier.«
John trat so abrupt auf die Bremse, dass er den Renault abwürgte. »Ich habe dich nicht in eine Klinik gebracht, weil ich dir einen angenehmeren Entzug ermöglichen«, ungehalten reagierte er auf Sherlocks lautes Seufzen, »Himmel, meinetwegen, weil ich dir diese Phase erleichtern wollte. Aber du erinnerst dich hoffentlich: Klare Regeln!«
Hinter ihm hupte ein anderer Fahrer und gestikulierte erbost, als er den haltenden Wagen überholte.
»Bei deinen Regeln erinnere ich mich an keine, nach der ich nicht arbeiten soll. Du weißt, dass mir das am besten über jeden Zustand«, er betonte das Wort auf eine absurde Art, »hinweghilft. Und ich bin weiterhin bereit, mich an alle anderen zu halten. Ich hätte sogar gerade etwas von deinem Grillfleisch gegessen, es sah wirklich gut aus. Aber der Besichtigungstermin ist nun mal in einer halben Stunde.«
»Wir hätten noch schnell etwas essen können«, knurrte John, wenngleich ihm klar war, dass sie es auch so kaum pünktlich schaffen würden. Er ließ den Motor wieder an und hielt Ausschau nach der Auffahrt auf die M4, mit der sie ein Stück der Strecke abkürzen konnten.
Bis sie die Autobahn wieder verließen, schwiegen beide. John vermutete, dass Sherlock in Gedanken bei dem Wohnkomplex für die Reichsten der Reichen am Hyde Park war und fragte sich, ob er ihn einweihen würde, um was es ging, bevor er, Dr. John Watson, Praktischer Arzt und Afghanistan-Veteran, in diese Welt hineinstolpern würde.
Als sein Freund endlich sprach, ging er jedoch noch einmal auf das Drogenthema ein. »Es befand sich so viel Stoff in der Baker Street, weil ich ihn kaufen musste, um meine Tarnung zu wahren. Vermutlich sagt jedoch die Tatsache, dass ich nicht wenigstens einen Teil gleich durch die Toilette gespült habe, durchaus etwas aus. Insofern ist es schon sinnvoll, wenn es in nächster Zeit ein paar Regeln gibt.«
»Gut«, antwortete John überrascht. »Gut.«
Sie hatten mittlerweile Kensington erreicht; herrliche viktorianische Stadthäuser, vor denen hochgewachsene Bäume standen, säumten die Straßen. Das war London, dachte John. Nicht ihr schäbiges Reihenhaus in Hounslow. Aber schon ein kleines Appartement kostete hier eine Million Pfund.
»Wir werden also gleich eine Wohnung in Parkside besichtigen?«, fragte er und spürte ein hysterisches Lachen in seiner Kehle, als er an sich herunterblickte. Wie meist trug er eine Windjacke über einem Sporthemd, beides sah in keinster Weise nach Geld aus. »Hätte ich mich nicht vielleicht umziehen sollen?«
»Und was genau hättest du angezogen?«, fragte Sherlock zurück.
John wollte aufbrausen, aber sein Freund hatte Recht. Er besaß einen Anzug, den er bei festlichen Angelegenheiten trug, und eine »Kombination«. So hatte zumindest der Verkäufer bei Marks & Spencer den Blazer und die Stoffhose genannt. Würde er sich damit passender gekleidet fühlen? Passender aussehen?
Sherlock trug ebenfalls noch das dunkelblaue Hemd und die Anzughose vom Morgen – beides war, wie alles, was John jemals an ihm gesehen hatte, eindeutig teuer gewesen. John hatte keine Ahnung, wo der Freund seine Kleidung kaufte, aber definitiv nicht bei Marks & Spencer. Und sein gesamtes Auftreten verriet ohnehin seine Herkunft aus der Oberschicht.
»Privatschulschnösel«, raunzte er nach links.
»Danke«, antwortete Sherlock. »Du wirst perfekt sein als mein proletarischer Geliebter.«
John schnappte nach Luft. In der Zeit ihres Zusammenlebens hatte er sich daran gewöhnt, dass die Leute sie für ein Paar hielten, auch wenn er wieder und wieder betont hatte, dass zumindest er nicht schwul sei. Das einzige Mal, dass Sherlock erotisches Interesse gezeigt hatte, war ebenfalls in Bezug auf eine Frau gewesen – die sagenhafte Erpresserin Irene Adler hätte ihn fast, aber auch nur fast, um den Finger gewickelt. Ansonsten lebte er nach der Überzeugung, dass Gefühle dem klaren, rationalen Denken diametral gegenüberstehen und Liebe einem gefährlich zum Nachteil gereiche.
Nun sollten sie nicht nur beide als schwul, sondern er, John, als der unterprivilegierte Liebhaber auftreten! »In der Rolle darf ich dir eine reinhauen, ja?«
»Du kannst gern ein wenig grob auftreten, wenn es dir hilft«, gab Sherlock ungerührt zurück. »Es wäre auch nicht schlecht, wenn du deine Sprache etwas schlichter hältst. Sei nicht so präzise mit deinen Ausdrücken.« Er wies auf das links auftauchende Nationalhistorische Museum. »Stell den Wagen da auf dem Parkplatz ab. Lord Escott würde kaum mit einem Renault fahren, auch wenn er für seine Exzentrik bekannt ist.«
»Lord Escott also.« John konnte nicht leugnen, dass ihm das Spiel gefiel. Er bog auf den Platz neben dem Museumseingang ein. »Und wie heiße ich?«
4. Kapitel
»Das ist Dave Taylor.« Sherlock wies auf John und schaffte es, in seinen Tonfall und die nur angedeutete Bewegung Herablassung und so etwas wie Besitzerstolz zu legen.
John ergriff die Hand des etwa 50-jährigen, athletischen Mannes, der aussah, als wollte er jedes Klischee über Südländer bestätigen. Die dunklen Haare mit Gel nach hinten gestrichen, das helle Leinenhemd mindestens einen Knopf zu weit geöffnet, auf der behaarten Brust ein großer Kruzifixanhänger. »Angenehm«, sagte er, besann sich dann darauf, dass er schlichter sprechen sollte. »Hallo, wie geht’s?«
Dabei fand er es schwer vorstellbar, dass dieser Mann irgendwelche Feinheiten der englischen Sprache mitbekam. Sherlock hatte ihm berichtet, dass der Reeder sein Vermögen gleich zu Beginn der