Название | Deutsche Indianer |
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Автор произведения | Denise Wheeler |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783864082283 |
Denise Wheeler
Deutsche IndianerEine kleine Kulturgeschichte über Freiheit, Blutsbrüder und letzte Mohikaner
Impressum
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN: 978-3-86408-228-3
Lektorat: Berenike Schaak
Coverabbildungen: © ben44 / Shutterstock, © Nik Merkulov/ Shutterstock
© Copyright: Vergangenheitsverlag, Berlin / 2017, www.vergangenheitsverlag.de
Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen und digitalen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten.
Inhaltsverzeichnis
Der Indianerkult in Deutschland
Chingachgook. Die Missionierung der Delawaren in Pennsylvania
Edle oder arme Wilde? Gedanken über das Leben des Indianers im Naturzustand
Der letzte Mohikaner. Coopers Roman und die Folgen
Ritter der Prärie. Forschungs- und Abenteuerreisen zu den Indianern
Einigkeit und Recht und Freiheit. Der Indianer als Symbol für Patriotismus
Pflanzenmenschen. Indianer in der Völkerkunde und in den politischen Schriften des 19. Jahrhunderts
Sitting Bull. Die Dakota als Freunde der Deutschen
Winnetou. Der Indianer als Edelmensch
Blutsbrüder. Indianer und Deutsche in den 1920er- und 1930er-Jahren im deutschen Showbusiness
Der ‚‚Kampf ums völkische Dasein‘‘. Indianerliteratur der 1920er- bis 1950er-Jahre.
Winnetou im Kalten Krieg. Indianerfilme und Jugendkultur in Ost und West
Im roten Reservat. Das Indianer-Hobby in den 1970er- und 1980er-Jahren in der DDR
Traumtänzer. Die New-Age-Bewegung und die Indianer
Gelassenheit. Indianer im Zeitalter der Globalisierung
Interview mit Robin Leipold, Kurator des Karl-May-Museums in Radebeul
Der Indianerkult in Deutschland
Sind Sie als Kind Indianer gewesen? Haben Sie als stolzer Krieger für eine gerechte Sache gegen die Bleichgesichter und ihre korrupte Welt gekämpft?
Haben Sie sich darin geübt, Schmerzen und Demütigungen zu ertragen, getreu dem Sprichwort: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“?
Oder haben Sie in liebevoller Handarbeit Friedenspfeifen gebastelt und Mokassins aus Fensterleder mit Perlen bestickt?
Interessieren Sie sich immer noch für alles, was mit Indianern zusammenhängt? Und haben Sie sich schon einmal gefragt, warum?
In vielen Ländern Europas gehört das Cowboy-und Indianerspiel zur Kindheit. Dass aber die Indianer die Guten und die Cowboys die Schurken sind, das gibt es so nur in Deutschland. Seit Generationen laufen junge Deutsche zu den Indianern über. Die Deutschen bewunderten den Indianer nicht nur wegen seiner Kampftüchtigkeit, seiner Loyalität und seiner Selbstbeherrschung, sondern auch wegen seiner Großzügigkeit, seiner Bescheidenheit und seiner Friedensliebe. Sie glaubten vor allem, dass er ein glücklicheres und erfüllteres Leben führte als sie, in Harmonie mit seinen Mitmenschen und der Natur. Dieser Glaube konnte so weit gehen, dass manche daraus einen Beruf machten und sich als Ethnologen oder zumindest Hobby-Ethnologen ein Leben lang der Erforschung indianischer Kulturen widmeten, um den Indianern nahe sein zu können. Eva Lips zum Beispiel, die Frau des Indianerforschers Julius Lips, schrieb 1964 in einem Buch über die Forschungsaufenthalte ihres Mannes bei den Ojibwa-Indianern:
„So gehört es zu den allergrößten Erlebnissen, die mir geschenkt wurden, zu sehen, wie Jules im Land der Indianer eine Heimat fand, wie er, der sich ihrem Wesen von Kindheit anverwandt gefühlt hatte, diese Verwandtschaft nun leben durfte, wie sie ihn aufnahmen, wie sprachliches Verstehen […] sich anbahnte, und vertiefte, wie Jules unter ihnen ein Leben führte als Beschenkter und Arbeitender, als Lernender und Forscher, als ehrfürchtiger Gast und Kamerad – das Leben eines Bruders der Menschen der Wildnis, ihrer Tiere und Pflanzen“1
Dieses Buch möchte der deutschen Indianerbegeisterung auf den Grund gehen. Es möchte Fragen beantworten wie: Woher kommt dieses Gefühl der Verwandtschaft mit den Indianern? Seit wann gibt es dieses Phänomen? Warum identifizieren sich die Deutschen gerade mit den Indianern und nicht mit irgendeinem anderen „Naturvolk“? Warum sind ausgerechnet die Dakota unsere liebsten Indianer? Warum war die Indianerbegeisterung besonders in der DDR so lebendig? Was sagen die Indianer in den USA dazu, dass wir uns ihre Kultur aneignen? Und schließlich: Warum hat das Interesse am Indianer so sichtbar nachgelassen?
Zwei Bemerkungen möchte ich vorausschicken. Erstens, in diesem Buch wird es nur gelegentlich um die echten Indianer, um die Native Americans gehen. „Den Indianer“, von dem hier die Rede sein wird und der im Zentrum der Indianerbegeisterung steht, gibt es in der Realität nicht. Er ist eine Erfindung von Nicht-Indianern, von Missionaren, Dichtern, Abenteurern, Politikern, Zirkusdirektoren und Filmproduzenten.
Er ist ein Klischee, das sich im Laufe der letzten 200 Jahre immer wieder gewandelt hat und das dadurch lebendig geblieben ist. Neue Eigenschaften sind hinzugekommen, andere sind unverändert geblieben und nur etwas in den Hintergrund getreten. So konnte der Indianer nacheinander und oft sogar gleichzeitig all das sein: edler Wilder, Vertreter einer untergehenden Rasse, Freiheitskämpfer, Patriot, mutiger Krieger, Friedensbote, Blutsbruder, antiimperialistischer Widerstandskämpfer, Heiler und schließlich spiritueller Führer. Was dieses Buch zeigen wird ist, wie die Deutschen mit dem Indianer gedanklich immer wieder Entwürfe dessen durchgespielt haben, was es bedeutet „deutsch“ zu sein. Wie das vor sich ging, wird an