Название | The Family (Deutsche Edition) |
---|---|
Автор произведения | Ed Sanders |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862871469 |
Immer spürte er irgendwelche Pennplätze auf. So schickte er zum Beispiel Squeaky mit einer Wagenladung müder Penner in den Topanga-Canyon oder zur Spahn-Ranch, damit sie dort übernachten konnten.
Wilson besaß die standesgemäße Ausstattung eines Rockstars: zwei Ferraris, einen Rolls-Royce, ein Haus im Benedict-Canyon, großartige Rockstar-Klamotten, ein mit Radar ausgerüstetes Boot. Er war reich, zumindest auf dem Papier, obwohl das Jahr 1968 beträchtliche Unruhen im vibrierenden Reich der Beach Boys mit sich brachte, die große Schwierigkeiten hatten, weitere Hits wie »Good Vibrations«, »Sloop John B« oder »California Girls« zustande zu bringen.
Die Mädchen machten sich im Rolls-Royce auf dieJagd nach Lebensmittelabfällen. Es muss reichlich schräg ausgesehen haben, wenn sie hinterm Supermarkt die weggeworfenen Lebensmittel aus den Mülltonnen holten und auf dem Rücksitz verstauten.
Aber Wilson ließ es geschehen. Einmal nahm er in jenem Sommer Snake, Lynette und Ouisch mit, als die Beach Boys bei einem Musikfestival in Colorado auftraten. Manson brachte eines Tages Robert Beausoleil zum Schwimmen in Wilsons fürstlichem Swimmingpool mit; sie waren sich im Topanga-Canyon zufällig begegnet.
Und es war in jenem Frühling und Sommer ein Herumgeficke in dem Hause Will Rogers, als ob das Ende der Welt bevorstehe (oder ihr Anfang). Dank Empfängnisverhütung und vorher nie gekannter Anwendung ihrer verfassungsgemäßen Bürgerrechte erkundeten die jungen Frauen der sechziger Jahre besonders in Kalifornien mit grimmiger Hingabe die sexversessene und psychedelische Rock 'n' Roll-Szene. Mit einer vergleichbaren Heftigkeit schmiss sich auch die Manson-Familie in die Orgien am Sunset-Boulevard. In seiner Autobiografie beschreibt Family-Mitglied Paul Watkins, wie Manson »Orgienkontingente« zu Dennis Wilsons Haus entsandte. Selbst an den Standards ihrer Zeit gemessen, ging dies perverse Rudel viel zu weit. Watkins schildert, wie er Manson auf dessen Befehl hin vor aller Augen einen blasen musste. Die Frauen der Family – so Watkins – trieben es miteinander und verschreckten Wilsons Gäste mit Bi-Schlabbereien und ungehemmten Liebesspielen. Eine von Mansons unmöglichen Vorgaben war es, dass jeder Teilnehmer einer Orgie zum Höhepunkt kommen müsse. Watkins erinnert sich auch an eine andere Praktik, bei der es die berühmten und weniger berühmten Gäste im Hause Wilson vor Widerwillen und Nicht-mitmachen-wollen geschüttelt haben dürfte. Teil der Prozedur war es, sich vorzubeugen und der Gruppe das eigene Arschloch darzubieten – eher unwahrscheinlich, dass dies großen Anklang unter den sauberen, schick frisierten und schnieke gekleideten Ruhmessüchtigen fand, die sich im Hause des Typen eingefunden hatten, der auf »Little Deuce Coupe« Schlagzeug spielte.
Es war eine regelrechte Heuschreckenszenerie, was Wilsons persönliche Habe betraf, denn die Family schaffte es, einen beträchtlichen Teil von Wilsons damaligem Reichtum innerhalb von zwei bis drei Monaten zu verpulvern. Aber es war das Jahr des Maharishi und der transzendentalen Meditation, und so strebte Wilson es offenbar an, Mansons endzeitlichem Gleichmut gegenüber allem Materiellen nachzufolgen, bis schließlich selbst vorübergehend ein Leben in »Armut« führen sollte, nämlich als er in jenem Herbst in ein armseliges Ein-Zimmer-Kellerapartment in Gregg Jakobsons Haus am North Beverly Glen-Drive zog.
Im Sommer 1968, auf Wilsons Besitz, wurde zum ersten Mal offenbar, dass Manson irgendwelche Schwierigkeiten mit der Prostata hatte. Teil der schon damals von der Family eifrig betriebenen Legendenbildung war die Behauptung, dass Charlie siebenmal am Tag Geschlechtsverkehr habe: einmal vor und nach jeder Mahlzeit und einmal während der Nacht, wenn die Lust ihn überkam und er davon aufwachte. Jedes neue Mädchen erlebte mit Manson eine intensive, mehrstündige Liebes-Session, zu der die Stell-dir-mich-als-deinen-Vater-vor-Masche und eine Menge Perversionen gehörten. Perversion war das, was die Musikszene in Los Angeles sich zum Frühstück servieren ließ. Die Sache muss sich herumgesprochen haben. Man könnte es als ein Erschöpfungsgefummel bezeichnen. Anscheinend hatte Charles das Gefühl, dass der Sex erst nach drei oder vier Stunden richtig gut wurde – wenn die Frau »aufgab«, völlig ihr Ego verlor, dann war es ein Akt der Seele. Und das stimmte. Unter den vielen Aussagen von Frauen im Gebiet Los Angeles gab es nur eine einzige, die behauptete, Manson habe mit der Zeit auf sexuellem Gebiet nachgelassen.
Die meisten Mädchen hielten Manson für sehr jung, vielleicht Anfang Zwanzig. Charlie war das gerade recht, denn im wesentlichen stand er auf präpubertäre Mädchen. Sie konnten gar nicht jung genug sein.
Aber nicht alle täuschte er. Wenn man sein Gesicht von Nahem betrachtete, ließ es den beginnenden Alterungsprozess erkennen. »Sein Gesicht wirkte sehr jung, aber aus der Nähe war es runzlig«, erinnert sich eine seiner Freundin von 1969.
8. Die Hexen von Mendocino [Juni – August 1968]
Manche erinnern sich, dass vor allem Sadie scharf darauf war, alle Leute, die sie kennenlernte, nach Los Angeles zu schicken und »Charlie kennenzulernen«. Die Zeit ging ins Land. Irgendwann, wahrscheinlich Ende Mai 1968, entschloss sich Charlie, mit dem schwarzen Bus einen Erkundungstrupp nordwärts ins Mendocino-County zu schicken, um dort einem geeigneten Lagerlatz für einen Daueraufenthalt zu finden. Susan Atkins alias Sadie Mae Glutz war die Anführerin dieses Trupps und fuhr den Bus. Charlie schickte regelmäßig kleine Gruppen seiner Anhänger hierhin und dorthin.
Charlie selbst blieb, umgeben von einem Kern auserwählter Jünger, um des Spaßes und des Spieles willen in Wilsons Haus zurück. Malibu Brenda, Sandy Good,
Ouisch, Squeaky Fromme und Snake/Lake waren die Mädchen, die Charlie auserwählt hatte, ihm in diesen leichtlebigen Monaten am Sunset-Boulevard zur Verfügung zu stehen.
Bevor es in den Norden nach Mendocino ging, hielt sich Susan Atkins Gruppe noch ein Weilchen bei einer Kommune in der Clayton Street Nr. 532 auf, ein paar Häuser hügelaufwärts oberhalb der Haight-Ashbury Free Medical Clinic. Mary Brunners sieben oder acht Wochen altes Baby, Pooh Bear, hatte eine Pilzinfektion und wurde in der Free Clinic behandelt.
Der Bus mit der Family – ohne Manson – erregte einiges Mitgefühl. Ständige wurden sie von der Polizei schikaniert, und dann waren da diese bescheuerten Festnahmen wegen Marihuana. Und die Mädchen waren, wie Beobachter berichteten, eifrige Werber neuer Anhänger. Sie waren begeistert, diese Mädchen, und während ihres Aufenthalts in Mendocino-County taufte man sie die »Hexen von Mendocino«. Die Mitarbeiter der Haight-Ashbury Clinic hatten wohl bereits von ihnen gehört, denn Mansons ehemaliger Bewährungshelfer, Roger Smith, hatte die Bewährungshilfe an den Nagel gehängt und im Januar 1968 in Zusammenarbeit mit der Haight-Ashbury Clinic ein Programm zur Beratung und Behandlung von Drogensüchtigen gegründet.
Die Klinik befand sich in einem mehrstöckigen Haus, gleich hinter dem Panhandle Park in der Clayton Street. Mehrere Mitarbeiter der Klinik begannen, sich mit der Gruppe zu befassen. Al Rose, der Verwaltungsdirektor der Klinik, sammelte Material über die Mädchen, als diese in einem Gefängnis in Mendocino-County saßen, und besuchte sie anschließend auf der Spahn-Ranch. Er und Dr. David Smith, der ärztliche Direktor der Klinik, verfassten später eine gemeinsame Arbeit über die Family von 1968, unter dem Titel »The Group Marriage Commune: A Case Study«. Diese in wissenschaftlicher Terminologie gehaltene und mit Fußnoten angereicherte Studie erschien 1970 in der Novemberausgabe des Journal of Psychedelic Drugs, einer gut gemachten und lesenswerten Publikation zur Analyse der sogenannten Drogenkultur.
Die Haight-Ashbury Free Clinic war Ende 1966, kurz vor Beginn der Flower-Power-Bewegung, eröffnet worden. 1967 hindurch behandelte man die zahllosen Blumenkinder und die Klinik kämpfte tapfer um ihr Weiterbestehen. Einmal musste sie in diesem Jahr vorübergehend schließen, weil es an Geldern fehlte, doch bald schon konnte sie ihre Tore wieder öffnen. Um zu überleben, war sie auf enge Kontakte zu Stiftungen angewiesen, denn nur so konnte sie die notwendigen Subventionen erhalten. Zusätzlich hatten in den vorherigen Jahren die Rockbands von San Francisco gelegentlich Benefizkonzerte zugunsten der Free Clinic veranstaltet.
Befassen wir uns kurz mit der Free Clinic – in der lokalen Presse hatte sich im Frühjahr 1968 ein gewisser Unwille breit gemacht, denn am Ostersonntag wollte die Free Clinic im ehrwürdigen Palace of Fine Arts ein Rock