Alles ist Übergang. Michael Albus

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Название Alles ist Übergang
Автор произведения Michael Albus
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783766642981



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Ob etwas – etwa im Blick auf die Kinder – von Ihnen bleibt, was vielleicht sogar „ewig“ bleibt? (Herr Fink wird jetzt sehr müde, schließt die Augen, kann nicht mehr reden)

      Frau Fink

      Am Anfang, kurz nach der ersten Diagnose, hat mein Mann sich Gedanken gemacht, wie er seinem Leben ein Ende setzen kann. Er wollte den Leidensweg, der unmittelbar vor ihm lag, nicht mitmachen. Das war am Anfang ganz stark, hat sich aber, als er gemerkt hat, dass es ihm eigentlich noch ganz gut geht, wieder verflüchtigt. Er hat dann auch nicht mehr davon gesprochen. Später hat er seiner Tochter gestanden, dass er am Anfang daran gedacht hat, sich das Leben zu nehmen. Aber dann ging es ihm ja wieder gut, und er wollte das Leben noch genießen. Als aber die Schmerzen wieder kamen, musste halt etwas geschehen.

      Dann haben wir uns hier bei der Palliativstation der Universitätsklinik gemeldet. Mitarbeiter von dort kamen zu uns nach Hause und haben mit Helmut gesprochen, haben ihm auch stärkere Schmerzmittel gegeben. Aber das hat alles nicht so richtig geholfen.

      Albus

      Herr Fink, haben Sie nach der entscheidenden Urteilsverkündung den Gedanken gehabt, sich das Leben zu nehmen? (Frau Fink gibt ihm etwas zu trinken)

      Herr Fink

      Ja, ganz am Anfang, als die Keule, das Urteil, kam, habe ich mich nach dem besten Sterbebegleiter umgesehen. Ich dachte, das Leben ist doch so nicht mehr sinnvoll. Gefallen hat mir nicht, dass ich dafür ins Ausland reisen und dort das tödliche Mittel einnehmen muss. Ich wollte mich lieber um das Grab kümmern. (Es fällt Herrn Fink sichtlich schwer, weiterzusprechen. Er seufzt immer wieder tief). Das war mir dann wichtiger. – Also ins Ausland reisen zu müssen, das hat mir nicht gefallen. Ich habe mich dann hier um einen Sterbebegleiter gekümmert, habe mich erst einmal ein bisschen informiert über diese Möglichkeiten. Dann habe ich aber auch immer wieder gedacht: Das Leben bringt doch auch jetzt noch schöne Momente. Warum soll ich mich umbringen? Damit war für mich das Thema eigentlich erledigt und kam auch nicht wieder.

      Aber eins ist auch klar: Wenn ich nicht eine so fantastische Einrichtung wie die Palliativstation hier kennengelernt hätte, dann wäre der Gedanke unweigerlich wieder gekommen. Ich finde das so toll, wie ich hier aufgenommen wurde und versorgt werde. Das hat den Gedanken wieder vertrieben.

      Albus

      Haben Sie Zeit ihres Lebens einmal so etwas wie „Religion“ gehabt, wie den Glauben an etwas „Höheres“, an Gott vielleicht sogar?

      Herr Fink

      Ich bin, Gott sei Dank, am Anfang, in meiner Kindheit, den glücklichen Weg einer katholischen Kleinfamilie gegangen. (lacht) Ich war Messdiener … (lacht wieder)

      Frau Fink

      … Ja, Schauspieler war er … (Herr Fink lacht wieder)

      Herr Fink

      … Aber ich bin ja auch mal aus der Kirche ausgetreten, als meine erste Frau weggelaufen ist. Da habe ich gesagt: Jetzt bist du ein armer Mensch! Ich habe nur noch Fisch aus der Dose gegessen. Ich musste ja auch sparen. Nach ein paar Jahren bin ich wieder in die Kirche eingetreten.

      Albus

      Das ging und geht vielen Menschen so. Irgendwie kommt da im Laufe des Lebens eine Leere, die die Kirche nicht mehr füllen kann. Vor allem dann, wenn sie nur Formeln sagt und auf die Fragen und Nöte des einzelnen, konkreten Menschen nicht eingeht. – Aber abgesehen von der Kirche frage ich Sie jetzt noch einmal: Haben Sie Zeit Ihres Lebens an so etwas geglaubt wie „Gott“, wie ein „Höheres Wesen“, an eine Kraft, die es gibt, die, zum Beispiel, die Pflanzen aufblühen und wieder verschwinden lässt? Haben Sie daran geglaubt?

      Herr Fink

      Ja!, Ja! Von den Pflanzen habe ich vieles erfahren.

      Frau Fink

      Mir ging es ähnlich mit der Kirche. Als die Großmutter kontrollierte, ob ich auch zum Gottesdienst gehe, habe ich aus Angst mitgemacht, oder um einfach meine Ruhe zu haben. Als ich mich dann selbst entscheiden konnte, habe ich es sein lassen. Ich war aber immer Christin. Aber keine Kirchgängerin. Ich war in der Natur Gott oft näher als in der Kirche. Dort waren mir zu viele Heuchler. Die sind nach dem Gottesdienst draußen vor der Kirche gestanden und haben sich abfällig über die anderen unterhalten. Das hat man in der Natur halt nicht. Dort ist alles ehrlich.

      Albus

      Ich habe jetzt noch eine Frage an Sie beide. Zuerst aber an Sie, Herr Fink: Glauben Sie, dass nach dem Tod „alles aus“ ist, oder glauben Sie, dass irgendetwas vom Leben weitergeht? Sollte es nach Ihrer Auffassung irgendwie weitergehen? Welche Vorstellung habe Sie davon?

      Herr Fink

      Ja, das ist eine große Frage!

      Albus

      Sie zucken mit den Schultern. Sie wissen es nicht? Haben Sie das Gefühl, in etwas Dunkles, in eine große Nacht hineinzugehen? Haben Sie Angst?

      Herr Fink

      Nein! Nein! – Ich erinnere mich an die letzte Operation. Da habe ich vorher ein Schnäpschen gekriegt. Danach war ich weg. Und das war’s dann.

      Albus

      Könnten Sie sich vorstellen, dass Sie in ihren Kindern, Ihren Enkeln und Ihrem Urenkel weiterleben? Gibt es da so etwas wie eine Hoffnung? Oder ist Ihr Tod einfach für Sie das Ende von allem? – Sie zucken mit den Schultern. Ich kann das gut verstehen. Es gibt viele, die vorgeben, etwas zu wissen, die vermuten, so oder so könnte es gehen. Und die am Ende doch nichts wissen, wissen können.

      Sie gehen diesen Schritt! Sie haben keine Angst davor? Das habe ich mehrfach von Ihnen gehört.

      Herr Fink

      Nein, ich habe keine Angst davor.

      Albus

      Welche Gründe gibt es denn für Sie, keine Angst davor zu haben? Es gibt Menschen, die vor diesem Schritt, den sie unweigerlich gehen müssen, schreckliche Angst haben, sich mit Händen und Füßen dagegen wehren.

      Herr Fink

      Wenn alles weg ist, brauche ich keine Angst mehr zu haben. Angst hätte ich nur, wenn ich wüsste, dass ich ins Fegefeuer käme. (lacht).

      Albus

      Frau Fink, wie empfinden Sie das, was Ihr Mann gerade eben gesagt hat? Haben Sie ihn so erlebt? Erleben Sie ihn so?

      Frau Fink

      Ich weiß, dass er vor dem Leidensweg Angst gehabt hätte. Aber nicht vor dem Tod.

      Albus

      Also eher Angst vor dem Sterben?

      Frau Fink

      Ja! Darüber haben wir oft gesprochen. Das weiß ich. Vor dem Tod hat Helmut keine Angst gehabt. Er hat immer geglaubt, dass es irgendwie weitergeht. Dass es irgendwelche Energien gibt, die dann wirksam und wahr werden. Aber das kann man wahrscheinlich nicht erklären.

      Albus

      Das ist die Erfahrung vieler Menschen. Man weiß nichts Genaues, kann nichts Genaues sagen. Dennoch glaubt man daran, dass es doch irgendwie weitergeht, und dass nicht das Fallbeil fällt, wenn der Tod eintritt. Es gibt auch Menschen, die sagen: Wenn ich für immer die Augen zumache, ist alles aus, und es war alles nichts gewesen, was gewesen ist.

      Wenn Ihr Mann sagt, dass er keine Angst vor dem Tod hat, dann ist das für mich eine starke und positive Botschaft: Er hat ein gutes und sinnerfülltes Leben gelebt. Deswegen braucht er keine Angst zu haben.

      Herr Fink

      Ich habe wirklich die unzerstörbare Hoffnung, meine Frau wiederzusehen.

      Albus

      Haben Sie diese Hoffnung auch, Frau Fink?

      Frau Fink

      Ich kann es mir nicht wirklich vorstellen. Aber ich hoffe ja, dass man sich irgendwie wieder erkennt.

      Albus

      Kann man sagen, dass die gegenseitige