Standards zur Teilhabe von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung und komplexem Unterstützungsbedarf. Deutsche Heilpädagogische Gesellschaft

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Название Standards zur Teilhabe von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung und komplexem Unterstützungsbedarf
Автор произведения Deutsche Heilpädagogische Gesellschaft
Жанр Учебная литература
Серия
Издательство Учебная литература
Год выпуска 0
isbn 9783170395220



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und bei der Wahrnehmung der eigenen Interessen und Rechte.

      Die Lebensbedingungen dieses Personenkreises sind in hohem Maße durch Einstellungen, Entscheidungen und Handlungen derer bestimmt, die Verantwortung dafür tragen – im Bereich von Politik und Verwaltung, die die Rahmenbedingungen setzen, in Organisationen und Institutionen, die ihnen die Hilfen gewähren, in der Gemeinde, in der sie leben, und im Wohnalltag, der wesentlich durch das Handeln der Mitarbeitenden von Einrichtungen und Diensten geprägt ist. Die Beteiligung an der Gestaltung der eigenen Lebenssituation ist für Menschen mit komplexem Unterstützungsbedarf nicht selbstverständlich, ihre Fähigkeit für Selbstbestimmung und Mitwirkung wird oftmals in Frage gestellt. Notwendige Voraussetzung für mehr Beteiligung ist eine Organisationskultur, die die Perspektive der Nutzer*innen – als Expert*innen ihrer Lebenswelt – zum Orientierungspunkt ihrer Arbeit erklärt.

      Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen erschließen sich vor allem in elementaren Bereichen Möglichkeiten, auf die Gestaltung des eigenen Lebens unmittelbar Einfluss zu nehmen, zum Beispiel bei der Wahl von Speisen und Getränken, bei der Körperpflege oder bei Freizeitbeschäftigungen. Sie signalisieren Zustimmung, Ablehnung oder Verweigerung auf vielfältige Weise, meist nonverbal – reaktiv oder eigeninitiativ – durch ein jeweils spezifisches Ausdrucksverhalten. Auch als herausfordernd definiertes Verhalten kann als psychisch-emotional bedingter kommunikativer Ausdruck verstanden werden. Hier gilt es Verhaltensalternativen zu entwickeln, damit sie ihre Bedürfnisse in weniger herausfordernder oder selbstschädigender Art bewältigen und ihre Spielräume für Selbstbestimmung erweitern können.

      Die Qualität der Gestaltung der Beziehung in Abhängigkeitsverhältnissen steht in Zusammenhang mit den jeweils gegebenen Rahmenbedingungen, den Qualifikationen und Persönlichkeitseigenschaften der Mitarbeitenden sowie deren Einstellungen und Haltungen gegenüber Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen. Die »Bilder in den Köpfen« beeinflussen das professionelle Selbstverständnis und die Gestaltung der Interaktion. Sie sind Basis für die Wertschätzung, die die Person erfährt, Filter für die Wahrnehmung ihres Bedürfnisses nach Selbstbestimmung und Medium zur Förderung der Partizipationschancen. Die Reflexion der Haltung, die das professionelle Handeln bestimmt, sollte integraler Bestandteil von Qualitätsentwicklung sein.

      Es ist davon auszugehen, dass jeder Mensch unter Nutzung seiner persönlichen und sozialen Ressourcen Selbstbestimmungspotenziale entwickeln kann – auf jeweils unterschiedlichen Ebenen und in jeweils unterschiedlicher Weise. Notwendig ist die Bereitschaft der Umwelt, die Sensibilität für die individuellen Bedürfnisse zu schärfen, auf elementarer Ebene Möglichkeiten zur Entwicklung von Kompetenzen zu selbstbestimmtem Handeln zu eröffnen und Wege zur wirksamen Beteiligung an Prozessen zu erschließen, die Auswirkungen auf die eigene Lebensqualität haben.

      Damit dies immer besser gelingt, sind Einrichtungen und Dienste aufgefordert, die Förderung der kommunikativen Kompetenzen und die Partizipation von Menschen mit schweren Beeinträchtigungen konzeptionell und strukturell zu verankern. Die Mitarbeitenden sind entsprechend zu qualifizieren und Rahmenbedingungen vorzuhalten, die Raum zur Umsetzung dieses Anspruchs geben.

      Literatur

      Frehe, H. (1999): Persönliche Assistenz – eine neue Qualität ambulanter Hilfen. In: W. Jantzen, W. Lanwer-Koppelin & K. Schulz (Hrsg.): Qualitätssicherung und Deinstitutionalisierung. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Berlin: Edition Marhold, S. 271–284.

      Seifert, M. (2006): Lebensqualität von erwachsenen Menschen mit schweren Behinderungen. Forschungsmethodischer Zugang und Forschungsergebnisse. In: Zeitschrift für Inklusion 1 (2). Online verfügbar unter: www.inklusion-online.net, Zugriff am 28.06.2020.

      Seifert, M. (2009): Selbstbestimmung und Fürsorge im Hinblick auf Menschen mit besonderen Bedarfen. In: Teilhabe, 48 (3), S. 122–128.

      2.3 Personenzentrierung

      Personenzentrierung ist kein eigenständiger Leitbegriff. Er fokussiert die Umsetzung der Leitideen Selbstbestimmung und Teilhabe auf der Leistungsebene i. S. eines »Transmissionskonzepts«: