Frühstück am Eiffelturm. Sylvie C. Ange

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Название Frühstück am Eiffelturm
Автор произведения Sylvie C. Ange
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783967526653



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Bergerac füllte Cognac in ein Glas und schwenkte es nachdenklich. Große grüne Augen, die ihn auf seltsame Weise berührt hatten, beschäftigten ihn. Erstaunlich. Dieses verlegene Geschöpf, das von sich behauptete nicht blutjung zu sein, hatte es geschafft, sich interessant zu machen. Er musste zugeben, dass die offene Bluse und die Sicht auf wohlgeformte Rundungen einen Teil dazu beigetragen hatten, um ihn daran zu erinnern, dass es außer Arbeit auch noch angenehme Dinge des Lebens gab. Ihr Mund war einfach unglaublich sexy. Die Vision an die vollen Lippen und an das, was sich unter der Kleidung verbarg, brachten ihn auf abwegige Gedanken, die durch das ungestüme Eintreten seines Bruders unterbrochen wurden.

      »Ist der Restaurator schon da? Ich möchte ihn wegen eines Bildes befragen.«

      André grinste. Wenn Eric Kate Hamilton zu Gesicht bekam, würde sein üblicher Jagdinstinkt zu Tage kommen. »Du willst das alte ramponierte Ding vom Antiquitätenhändler restaurieren lassen?«

      »Mir gefällt das Bild.«

      »Wie du meinst. Im Übrigen ist es eine Restauratorin.«

      Eric blickte interessiert auf.

      »Schreckschraube oder chocolat chaud?«

      »Eindeutig chocolat chaud, aber ich muss dich enttäuschen, lieber Bruder. Diesmal wirst du deine Finger unter Verschluss halten. Sie ist eine Angestellte auf Zeit und du stehst kurz vor deiner Hochzeit. Ich habe keine Lust wieder einmal eine deiner Affären aus der Welt zu schaffen.«

      Eric lachte. »Du tust ja gerade so, also ob ich jeden Tag eine Frau abschleppen würde. Ich kann doch nichts dafür. Vielleicht liegt es an meiner unglaublichen Ausstrahlung, dass sie mir nicht widerstehen können. Außerdem sind sie einfach süß, eben chocolat.«

      André schüttelte den Kopf. Er wusste, dass Eric scherzte, aber das offene Wesen seines Bruders und seine charmante Überredungskunst übten auf die Damenwelt einen unwiderstehlichen Reiz aus, und die Aussicht auf ein Leben in Luxus trug dazu bei. »Du bist unverbesserlich, solltest dich aber mehr mit deiner zukünftigen Frau beschäftigen.«

      »Das tue ich. Sie ist nämlich absolut perfekt.«

      »Das hast du schon öfter gesagt. Ich erinnere mich an Felicia, Isabelle, Ava …«

      Eric winkte ab. »Schon gut, aber diesmal ist es mir sehr ernst. Claire ist ein Engel.« Er grinste, trank seinen Cognac leer und ging zu Tür. »Nur so aus Neugier: Wie sieht sie denn aus, diese … wie heißt sie?«

      »Kate Hamilton. Du wirst sie noch früh genug zu Gesicht bekommen.«

      »Du weißt gar nicht, wie sie aussieht. Habe ich recht? Wie konnte ich auch so etwas Dämliches fragen. Dich interessieren nur Zahlen und Fakten. Weißt du überhaupt noch, wie sich der wundervolle Körper einer Frau anfühlt? Die Haut ist weich und samtig, ihre Glieder geschmeidig und biegsam … und … geht ein Lämpchen an?«

      André amüsierte sich, hatte er doch gerade zuvor ziemlich sinnliche Gedanken gehabt. »Mein Erinnerungsvermögen ist noch sehr intakt, auch wenn du der Jüngere von uns beiden bist. Außerdem liebe ich meine Arbeit, und du solltest dich wieder mehr um dein Büro kümmern, sonst muss sich deine Sekretärin bald durch Spinnweben kämpfen. Übrigens. Du hast hoffentlich nicht vergessen, dass Anordnungen für die Weingärten zu treffen sind. Wir haben abgemacht, dass dies deine Aufgabe ist.«

      »Ich bin froh, dass ich dich so gut kenne, sonst würde ich mich nun sauer zurückziehen müssen. Keine Angst, ich vergesse gar nichts. Ich weiß über alle Firmenangelegenheiten Bescheid. Wenn du mich brauchst, bin ich zur Stelle.«

      »Okay, kleiner Bruder, dann bin ich beruhigt. Im Übrigen ist Kate Hamilton sehr hübsch. Sie ist groß, hat eine bemerkenswerte Figur, geheimnisvolle leuchtend grüne Augen, kastanienrote Haare und einen Mund, den man auf der Stelle küssen möchte.« Er war über seine Überschwänglichkeit selbst erstaunt. In der letzten Zeit hatte ihn keine Frau mehr so beeindrucken können, wie dieses Geschöpf, dessen Nervosität ihn auf unerklärliche Weise tief berührt hatte. Die meisten Frauen traten ihm selbstbewusst und mit gezielten Absichten gegenüber, rückten ihre weiblichen Reize ins rechte Licht, um ihn zu umgarnen. Kate Hamilton hatte nichts dergleichen getan. Die offene Bluse zählte bei ihr nicht. Mit Sicherheit war sie sich nicht einmal ihrer erotischen Stimme bewusst.

      Eric hob erstaunt die Augenbrauen.

      »Moment mal. Ich traue meinen Ohren nicht. Hast du mir wirklich eben beschrieben, wie diese Frau aussieht? Ich höre keine Analyse über ihre Fähigkeiten?« Eric stellte sich vor André und starrte ihn an, dann nickte er. »Es ist fast nicht zu glauben, aber es sieht fast so aus, als ob dir diese Kate gefällt. Mon dieu, ich bin schon sehr neugierig auf die Frau, die es gleich am ersten Tag schafft, dein tief schlafendes Herz zu wecken.«

      André klopfte Eric auf die Schulter. »Liest du neuerdings Romane, oder wo hast du diesen poetischen Ausdruck her. Tief schlafendes Herz – Deines ist ganz bestimmt hyperaktiv.«

      Eric legte seinen Kopf schief und grinste. »Natürlich, mein großer Bruder lenkt ab. Er ist viel zu beschäftigt, um zu erkennen, wann sein Herz spricht. Du solltest dich wieder mehr um dich und deine Bedürfnisse kümmern. Salut.« Er zwinkerte ihm zu und verließ den Raum.

      André fuhr mit den Fingern durch sein Haar, trank sein Glas leer und sah aus dem Fenster. Eric hatte ihn durchschaut. Kate Hamilton gefiel ihm. Er mochte intelligente Frauen, die dennoch zurückhaltend und natürlich wirkten. Ob Kate Hamilton anders als Chantal war? Bitterkeit stieg in ihm hoch, als er an die Frau dachte, von der er überzeugt war, dass sie ihn liebte.

      Ihr schönes maskenhaft perfektes Gesicht konnte ihren wahren Charakter nur kurze Zeit vertuschen. Schnell verdrängte er den unschönen Gedanken, aber so ganz wollte ihm dies nicht gelingen. Chantal hatte ihn von Anfang an belogen. Plötzlich fragte er sich, ob er sie je geliebt hatte. Wäre sie wirklich die Frau gewesen, mit der er sich ein Leben vorstellen hätte können?

      In der Fensterscheibe spiegelt sich schemenhaft sein Spiegelbild. Im Gegensatz zu Eric war er nicht der Typ für oberflächliche Beziehungen, obwohl es ihm an Angeboten dieser Art nicht mangelte. Die Damen fielen ihm förmlich um den Hals, aber er war auch real genug, um zu erkennen, dass das Vermögen und der damit verbundenen Lebensstil der Bergeracs nicht unattraktiv wirkte.

      Plötzlich fühlte er sich seltsam befreit. Er kam immer mehr zu der Erkenntnis, dass er sich nur eingebildet hatte, Chantal zu lieben. Kate Hamilton hatte bewirkt, dass er nach einem Jahr zu dieser Einsicht kam. Ihre Ausstrahlung, ihre ganze Erscheinung weckten in ihm tiefe Gefühle. Gefühle, die er diesmal nicht ignorieren wollte. Zumindest nicht ganz. Vielleicht war die Zeit gekommen, um alte Gedanken loszulassen und sein Herz aus dem Tiefschlaf zu befreien, wie Eric so poetisch und spöttisch bemerkte. Er musste endlich wieder klarer sehen.

      André starrte auf das leere geschliffene Glas, in dem noch ein kleiner Rest Cognac war. Er fühlte sich zwar befreit und er konnte von sich sagen, dass er mit so gut wie allen Situationen souverän fertig wurde, doch die Gedanken an Chantal riefen erneut einen Rest von Ärger hervor, der noch immer irgendwo tief in ihm vergraben war.

      Kate spürte etwas Warmes an ihrem Arm. Sie schlug die Augen auf und blickte in das drollige Gesicht einer schwarzweißen Katze, die es sich im Bett gemütlich gemacht hatte.

      »Na so was, was machst du hier?« Die Antwort war ein sanftes Schnurren. Kate schlug die Bettdecke zur Seite, stand mit einem Schwung auf und erforschte auf bloßen Füßen den Raum. Wie im Traum, dachte sie. Die aufgehende Sonne sandte ihre Strahlen durch die Fenster des Zimmers, wanderten über den weißen Schrank, ließen die kleinen rosa Rosen des Bettüberwurfs leuchten. Auf dem Tisch stand eine Vase mit Rosen, die denen auf dem Überwurf fast glichen. Durch das geöffnete Fenster drang frischer, würziger Duft. Über all dem hing auch der Wohlgeruch der Rosen, die sie von ihrem Fenster in Hülle und Fülle in präzisen Anordnungen sehen konnte.

      Aus ihrem Elternhaus in Cornwall war die Aussicht ebenso herrlich gewesen, aber von ihrem derzeitigen Apartment, das in Leeds lag, hatte sie nur Sicht auf ein Backsteinhaus. Die alte Dame, die ihr jeden Tag vom Fenster aus gegenüber zuwinkte, war der einzige Lichtblick, der