Pfaffensud. Andreas Schröfl

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Название Pfaffensud
Автор произведения Andreas Schröfl
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839267806



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Eigentlich war es dem Sanktus ganz recht, dass er nie etwas mitbekommen hat und seine Freundschaft zum Graffiti ausschließlich privater Natur war. Geschäftliche Querelen haben stets seine zwielichtigen Angestellten, der Murat, der Nikos, der Binser oder der Pröbstl, geregelt.

      Vor ihm hat der Pfarrer Hintermeier gewinkt, und dem Sanktus ist aufgefallen, dass ihnen eine Gestalt zwischen den Bankreihen entgegengekommen ist. Dabei hat es sich um die große Dame aus dem Pfarrheim gehandelt, die Pfarrsekretärin Muxeneder.

      »Muxi«, hat der Hintermeier gerufen, »hast du den Abt g’sehn?«

      »Naa, Herr Pfarrer. Der ist noch ned aus der Sakristei rausgekommen. Ich hab mir jetzt natürlich nicht hineinschauen trauen, weil ich als Frau und ein geweihter Herr … Naa, müsst ich mich ja der Sünden fürchten.«

      Die Muxeneder hat sich sofort bekreuzigt.

      »Muxi, so wild wär’s jetzt auch ned. Aber hast recht. Wissen S’«, hat er sich an den Sanktus gewandt, »unser Mesner ist krank, und die Muxi, also die Frau Muxeneder, hilft grad a weng aus.«

      Nun sind sie eiligen Schrittes zum Eingang der Sakristei gelaufen, der sich auf Höhe des Altars befunden hat. Der Hintermeier hat an die Tür geklopft.

      »Bertl«, hat er gerufen, »Bertl, bist du da drin? Engelbert. Mach auf!«

      Dann hat er an der Tür gerüttelt. Sie war verschlossen.

      Er hat sich zur Aushilfsmesnerin hingedreht.

      »Also, Muxi, sperr auf!«

      »Meinen S’, ich sollt, Herr Pfarrer? Ned, dass der ehrwürdige Herr Abt vielleicht noch ned ganz angezogen ist«, hat die Ersatzmesnerin gestammelt.

      Der Hintermeier hat der Muxeneder den Schlüssel aus der Hand genommen und die Tür zur Sakristei aufgesperrt und geöffnet. Drinnen ist auf einem Teppich in einer Blutlache der Abt vom Berg gelegen. Sein Kopf hat eine klaffende Wunde aufgewiesen, und es war klar, dass er erschlagen worden war. Das Mordwerkzeug war offensichtlich. Es hat sich dabei um die Monstranz vom Altar gehandelt. Sie war blutverschmiert zu Füßen des Abts hingestellt worden.

      Neben dem Toten ist ein blasser Graffiti gekniet. In der Hand hat er eine Karte mit einem Luzifer-Bild gehabt. Seine Finger waren blutverschmiert.

      Die Muxeneder hat einen gellenden Schrei ausgestoßen und geschrien: »Das ist er! Das ist der Mann, der den ehrwürdigen Abt heute schon auf der Toilette angegriffen hat. Polizei! Polizei!«

      Sofort ist sie aus der Sakristei hinaus, durch das Kirchenschiff und durch das Portal auf die Treppen gerannt und hat in die Menge geplärrt: »Er hat den ehrwürdigen Abt umgebracht! Er hat ihn mit der Monstranz erschlagen! Abt Philipp ist tot!«

      Dann ist sie bühnenreif ohnmächtig vor der Kirche zusammengebrochen.

      7.

      In der Sakristei hat es von Polizisten gewimmelt. Die Schranner Bine und der Bergmann Rudi, beide Münchner Kriminalbeamte, waren da, außerdem ein Rechtsmediziner und mehrere Streifenbeamte. Der Pfarrer Hintermeier ist neben dem Toten gestanden und hat gebetet.

      »So«, hat er gesagt, »seids amal stad und ihr singts jetzt alle mit.«

      Er hat »Segne du, Maria« angestimmt, und der Sanktus, die Bine und der Rudi haben ganz leise mitgesungen. Die Polizisten haben etwas gebrummt, also Maikäfersyndrom. Nur der Graffiti hat kein Wort rausgebracht. Er hat die Anweisung gehabt, sich nicht vom Fleck zu rühren, da ja schließlich Hauptverdächtiger, scheint’s. Eigentlich hat nur der Hintermeier gesungen, weil er der einzige Textsichere war, aber feierlich war es trotzdem, denn einen toten Abt begleitest du halt nicht jeden Tag auf seinem letzten Weg.

      »Hast du den umbracht?«, hat der Sanktus dem Graffiti zugeflüstert.

      »Spinnst du komplett, du Vollgaserer«, hat der zurückgezischt. »Bin doch ned deppert! Der war scho hin, wie ich kommen bin!«

      Dann sind, wie sollt’s auch anders sein, der Leichen-Seppi mit seinem narrischen Vater, also Bestattungsdienst Hingerl, in bester Blues-Brother-Manier aufgetaucht.

      »Des hätt i mir ja glei denken können, dass du wieder da bist, wenn’s wo eine Leich gibt, Sanktus«, hat der Seppi gemeint und den Sanktus entsetzt angeschaut.

      »Ich denke, das ist Kommissar Manfred Kopfeck von der Kripo Erding. Die Bayern und ihre Spitznamen. Versteh, wer wolle«, hat der Rechtsmediziner verdutzt gemeint. »Der ist wohl immer da, wenn’s in ’ner Kirche«, das hat er jetzt gesprochen wie Köörche, »’ne Leiche gibt. Ich kenn den von dem Mord in Steinhausen im letzten Jahr. Aber macht, wat ihr wollt. Ergebnisse habt ihr am Montag. Ich geh jetzt ins Wochenende. Tschü-ü-üs!«

      »Kommissar Kopfeck?«, hat der Rudi gefragt.

      »Notlüge«, hat die Bine hinausgeschossen. »Tut nix zur Sache, gell, Sanktus?«

      »G’wiss ned, Bine. G’wiss ned«, hat der Sanktus bestätigt. »Rudi, tu weiter!«

      Der Rudi hat nur mit den Augen gerollt und drohend den Finger erhoben.

      »Aber guad für ’n Umsatz isser, da Sanktus. Muass ma eahm lassn«, hat der alte Hingerl gefaselt und den Sarg verschlossen.

      »Darf ich die Karte amal anschauen?«, hat der Sanktus gefragt, und die Bine hat sie ihm, eingepackt in einer Klarsichtfolie, gegeben.

      Die Karte hat einen sitzenden Teufel mit geschwungenen Hörnern gezeigt. Die Flügel haben ausgesehen wie von einer Fledermaus, seine Beine waren behaart, und über seinem Kopf hat ein Pentagramm gethront. Die Zahl 15 war römisch, also XV, dargestellt.

      »Der Teufel. Tarotkarte Nummer 15«, hat die Bine kurz gesagt. »Dreh mal um!«

      Der Sanktus hat die Rückseite betrachtet. Mit einem wasserfesten Stift war groß »5« draufgestanden.

      »Fünf?«, hat der Sanktus gefragt.

      »Keine Ahnung«, hat der Rudi gemeint.

      »Die Monstranz und die Karte prüfen wir auf Fingerabdrücke«, hat die Bine gesagt. »Und dann schauen wir weiter.«

      »Meine werdts auf der Monstranz ned finden«, hat der Graffiti eingeworfen. »Der war nämlich schon tot, wie ich gekommen bin!«

      »Tja. Herr Himsl, das können S’ dann alles im Bräsidium zu Prodokoll gebn«, hat der Bergmann Rudi gefränkelt.

      »Wir wären jetzt dann aber alle zum Mittagessen im Hofbräukeller am Wiener Platz«, hat der Sanktus gesagt. »Der Graffiti ist nämlich bei uns auf der Firmung eingeladen, und die andern warten alle schon draußen. Geht’s halt mit, ihr zwei. Na könnts in Ruhe verhören, und wir schrotten ned die ganze Feier.«

      Der Rudi hat die Stirn gerunzelt, dann gelächelt und genickt.

      »Weng meiner. Ausnahmsweise, Sankdus! Geh ma mal naus und schau ma, ob der Krankenwachen scho die hysderische Dame wegbracht hat. Die würd ma aa gern vorher no sprechen.«

      8.

      Eine Stunde später sind alle, immer noch etwas aufgeregt von den Ereignissen, unter Kastanien im schattigen Biergarten am Wiener Platz gesessen. Natürlich im Teil mit Bedienung. Jeder hat ein Getränk vor sich gehabt, der Sanktus bereits seine zweite Maß in Zubereitung. Der Graffiti hat Wasser getrunken, weil er nicht gewusst hat, was ihm an diesem Tag noch so alles blühen würde.

      Natürlich große Diskussion um die Geschehnisse gerade eben, aber die Birthe hat den Fall ohnehin schon gelöst gehabt. Der Sanktus hat schon nicht mehr hinhören können, aber dann sind Gott sei Dank auch schon die Bine und der Bergmann Rudi um die Ecke gekommen und haben Platz genommen.

      »Jetzt bestellen wir alle erst einmal was zu essen«, hat die Kathi gesagt. »Esst, was euch schmeckt. Bine und Rudi, ihr seid natürlich auch eingeladen.«

      »Für mich bidde ned«, hat der Rudi gesagt. »Mich holt gleich die Lena ab.«

      »Ja, genau«, hat der