Pfaffensud. Andreas Schröfl

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Название Pfaffensud
Автор произведения Andreas Schröfl
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839267806



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Ich müsste ooch mal«, hat die Birthe gesungen.

      »Na bravo«, seitens Sanktus, und er hat gezwungenermaßen gespült. Klopapier hat er keins gebraucht, da er ja schon seit einer halben Stunde fertig war. Alibimäßig hat er noch etwas Lavendelduft versprüht, hat das kleine Fenster geöffnet und »Sofort!« gerufen. Hat sie doch noch ein bisserl zusammenzwicken sollen, die dumme Gans.

      Nach circa drei Minuten hat der Sanktus die Tür geöffnet, und die Birthe ist mit 180 Sachen in die Toilette hineingestürmt. Nachdem der Sanktus eigentlich fluchtartig hinaus hat wollen, weil ja nicht länger als notwendig in einem Raum mit diesem Weibsstück, haben sich die beiden fast im Türrahmen verkeilt. Dabei ist dem Sanktus aufgefallen, dass die Birthe nur in Unterwäsche, aber mit Seidenstrumpfhose bekleidet war. Ein Bild zum Scheiße-Schreien. Anscheinend hatte sie ihr Bedürfnis beim Anziehen verspürt und war losgesprintet.

      Der Sanktus hat jede ihrer Fettrollen an seinem Körper spüren können, und das rote Fischmaul war direkt vor seinem Mund. Jetzt wenn sie schnappt, also ihr Fischmaul direkt ins Gesicht drückt, sterb ich, hat er gedacht, aber die Birthe hat nur den Kopf geschüttelt und sich weiter an ihm vorbeigedrängelt.

      »Endlüsch«, hat sie mit einem erzürnten Blick nur gezischt, ihn aus dem Klo geschoben, die Tür zugeschlagen und abgesperrt.

      Die Kathi, die gerade, auch nur mit Unterwäsche bekleidet, am Sanktus vorbeigegangen ist, hat ihn angeschaut und verwundert gefragt, ob er einem Geist begegnet wäre, so blass, wie er aussehe.

      »Fast, Kathi. Fast. Aber geht gleich wieder.«

      »Zieh dich auch an«, hat die Kathi genörgelt. »Um 9 Uhr geht die Kirch los!«

      »9 Uhr schon? Die spinnen ja!«, hat der Sanktus gerufen.

      Seit wann ist denn so früh ein Gottesdienst? Echt jetzt, oder? Meinung vom Sanktus.

      »Und hoffentlich ist da heut nix, weißt schon, wegen dem Wahnsinnigen mit den Psalmen«, hat die Kathi noch aus dem Schlafzimmer gerufen.

      2.

      Vor der Kirche auf dem Johannisplatz praktisch Auflauf aller Angehörigen und allem, was Füße hat, kannst du dir vorstellen. Jeder Einzelne aufgebrezelt bis zum Dorthinaus. Auf einer Firmung auf dem Land siehst du schöne Trachten, und die Kinder sind auch traditionell angezogen, aber hier in der Landeshauptstadt hast du meinen können, die Queen von England kommt mit ihrem Hofstaat gleich um die Ecke. Manche Mütter oder vielleicht auch Tanten haben Hüte aufgehabt, dass sie auch in Ascot beim Pferderennen durchgegangen wären. Affig kein Ausdruck.

      Die Kathi hat sofort die Verwandtschaft gesehen, also Sanktus’ Schwester, die Anna, samt ihrem Lebensgefährten, dem Hannes, und dem alten Sanktjohanser, Sanktus’ Vater. Alle Gott sei Dank dem Anlass entsprechend, aber normal gekleidet. Die Kathi selbst hat keine Verwandtschaft gehabt. Ihr Vater hatte vor Jahren Selbstmord verübt, und ihre Mutter war ihm kurz darauf gefolgt.

      Nachdem sich alle begrüßt hatten, ist die Martina, die ein elegantes hellblaues Cocktailkleid angehabt hat, mit ihrer Firmpatin, der Anna, ebenfalls schick im Kleid, in Richtung Altarraum verschwunden, wo sich die Firmlinge und Paten vor der Messe mit dem Pfarrer noch einmal kurz getroffen haben.

      Der alte Sanktjohanser hat seinen Sohn zu sich hergezogen.

      »Wos is na des?«, hat er gefragt und auf die Birthe gezeigt.

      Die Birthe war in einem engen, zitronengelben knielangen Kleid unterwegs. Ein gleichfarbiger Hut hat schief ihren Schädel geziert, und der Schopf war heute einmal hinten am Kopf, sonst hätte der Hut wahrscheinlich nicht auf ihren Kohlrabi gepasst. Der einzige farbige Kontrast war das unvermeidlich rot angeschmierte Fischmaul. Gott sei Dank hat sie geschlossene Schuhe angehabt, und der Zehennagel-Farbklecks ist dem Sanktus erspart geblieben.

      »Ein Zitronenfalter«, hat der Sanktus geantwortet.

      »San die ned a bisserl zierlicher«, hat der alte Sanktjohanser gefragt und mit beiden Händen ein kleines Wesen angedeutet. »Ist sie das?«

      »Ja, das ist die Birthe Dombrowski, gebürtig in Dresden, Eltern aus Ostberlin.«

      »Um Gottes willen!«, war alles, was der alte Sanktjohanser noch rausgebracht hat, bevor der Graffiti, Sanktus’ langjähriger Spezl, von hinten auf sie zugekommen ist.

      Der Graffiti wie immer model-like. Ein Meter 90, dunkle Haare, dunkler Anzug und schwarzes Hemd. Durch den Anzug hast du seine durchtrainierte Figur erahnen können. Im Schlepptau hat er eine junge, gutaussehende blonde Dame gehabt.

      »Servus, Sanktus«, hat er gerufen. »Bin ich z’ spät?«

      »Naa, passt scho, Graffiti. Grad recht.«

      Beide haben sich die Hände geschüttelt, aber nicht normal, sondern so auf cool, wo du die Daumen umgreifst und dann ein bisserl hin und her rüttelst. Der Sanktus hat der Begleitung auch seine Hand gegeben, und der alte Sanktjohanser hat es ihm mit verzücktem Blick gleichgetan.

      »Sanktjohanser. Sehr angenehm«, hat er gemeint, und die Begleitung hat gestrahlt.

      »Ich bin die Sa-andy.«

      »Ja genau. Das ist die Sandy«, hat der Graffiti gesagt. »Sie ist die Tochter von einem meiner Geschäftspartner. Der ist mit dem Binser und dem Murat unterwegs, und die Sandy wär sonst ganz allein gewesen.«

      »Und so ’ne Firmung wollt ich ja schon lange mal see-hen«, hat die Sandy fast kindlich gelallt.

      Graffiti jetzt beschämter Blick zum Sanktus und der Schulterzucken.

      »Ja dann«, hat der Sanktus gestammelt und in die Hände geklatscht. »Dann bist ja heut bei uns genau richtig, Sandy. Sehr schön. Sehr schön. Papa, magst du der Sandy mal kurz die Gegend zeigen? Ich hätt was mit dem Graffiti zu bereden.«

      Dem Sanktus war nämlich gerade eine rettende Idee gekommen.

      »Graffiti, ich muss raus von daheim«, hat er angefangen.

      »Sanktus, du wirst doch ned …«, hat der Graffiti fast geschrien.

      »Pst! Sei stad. Nein, nein. Natürlich ned. Aber wir haben seit einer Woche Besuch.«

      »Besuch?«

      »Ja, ich sag nur Zitronenfalter. Mehr sog i ned«, hat der Sanktus geflüstert und in Richtung Birthe gedeutet, die gerade den Hannes belabert hat.

      Der Hannes, mit süßsaurem Lächeln, hat ganz Gentleman immer wieder ihre Hand von seinem Oberarm entfernt. Aber lange würde er es nicht mehr aushalten. Das hat ihm der Sanktus angesehen.

      »Jessas, Maria und Josef. Was ist denn das?«

      »Das ist einfach nur grausam und brutal, Graffiti. Ich halt des nimmer aus. Ich sag’s dir. Ganz ehrlich!«

      »Und die Kinder?«

      »Jetzt sind dann Ferien. Die Martina fährt mit der Anna in den Urlaub, hat sie zur Firmung gekriegt, und der Schorschi ist mit meinem Papa unterwegs.«

      »Und der Zitronenfalter?«, hat der Graffiti wissen wollen.

      »Hat noch nicht angedeutet, wann er wieder heimfliegen will.«

      Der Graffiti hat ein verständnisvolles Gesicht gemacht.

      »Ich trau mich ja gar ned fragen«, hat der Sanktus fast gewinselt. »Am End sagt die, sie bleibt noch drei Wochen.«

      »Nicht auszudenken«, hat der Graffiti gemurmelt. »Das kriegen wir schon irgendwie hin. Apropos fürchten, was sagst denn zu dem neuen Psalm-Fall?«

      »Find ich cool«, hat der Sanktus gesagt. »Warum? Is scho wieder was passiert?«

      3.

      Seit einigen Wochen war die religiöse Welt Münchens im Aufruhr. Ein mit einer Luzifermaske vermummter Unbekannter rief im Internet zum kritischeren Umgang mit katholischen Priestern auf, die seiner Meinung nach Schande über ihr Amt brachten. Er prangerte sexuelle Übergriffe, Habgier, Amtsmissbrauch