Название | Frei - Land - Haltung |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783948675011 |
Roman: Ich bin auch voll oft oben im Lädle und habe meinen Geldbeutel vergessen und bringe das Geld später vorbei. Das ist gar kein Thema, weil dich alle kennen. Da ist das Vertrauen viel größer. Wenn dich jemand mit dem Auto mitnehmen will, steigt man auch eher ein als in der Stadt. Man nimmt auch selbst Leute mit. Wenn man jemanden kennt, dann hält man an und nimmt die Person mit. Ich bin sogar auch mal von Grafenhausen gefahren mit drei Leuten im Kofferraum, vier Stück hinten und zwei vorne.
Luisa: Wenn wir von Festen heimfahren, wird das Auto auch vollgepackt. Als wir von Ühlingen von der Halloween-Party heimgefahren sind, sind wir zu zehnt in dem Auto zurückgefahren. Der Fahrer und noch zwei vorne, hinten dann ich auf Romans Schoß, neben mir noch ’n Kerle mit ’nem Mädle auf dem Schoß, dann noch zwei und im Kofferraum noch paar. Da hatten wir wirklich Angst, dass uns die Polizei anhält. Aber da hat man mehr Vertrauen und kann so was machen.
Roman: Wir waren an einem 18ten Geburtstag auf der Hütte am Feiern, da ist die Polizei so gegen 22 Uhr gekommen. Dann erst mal so: „Achtung Kontrolle!“ Aber wir kannten die Polizisten zum Glück und es war dann doch nur Spaß. Die haben noch ein Bier mit uns getrunken und sind dann gegangen. Das geht auf dem Land halt schon.
Fallen ausländische oder anders aussehende Menschen auf dem Land mehr auf?
Roman: Ja, natürlich. Bei uns sind es eher die Kanaken.
Luisa: Nee, ich kenne auch viele nette Ausländer. Schweizer sind auch Ausländer und von denen gibt es bei uns ja viele. Schweizer werden bei uns eher gehasst, weil sie können sich bei uns nicht so gut benehmen. Es sind auch die Türken, die bei uns auffallen, weil die sich mit jedem anlegen. In der Stadt fallen die nicht auf, weil eine Stadt viel vielfältiger ist. Bei uns gibt es auch Straßen, da wohnen nur Ausländer. In der einen Straße in Wutöschingen, da wohnen zum Beispiel nur Russen, so was ist im Dorf viel auffälliger.
Wie sieht es mit Homosexuellen oder Transgender auf dem Land aus?
Roman: Wir haben einen im Dorf, der schwul ist, und das wissen alle.
Luisa: Ah stimmt, er ist mit einem aus Wutöschingen zusammen. Aber bei uns gibt es brutal viele Lesben. Die sind alle in einer Altersklasse. Mit denen kommt man super klar. Heute kommen schon alle damit klar. Vielleicht die Älteren, also meine Oma und deine Oma, verkraften es nicht, wenn ich sage: „Ich bin lesbisch.“ Bei der alten Generation ist es noch nicht so angekommen. Für die Eltern ist es immer ein Schock, denke ich. Aber wir …, für uns ist das normal. Ob auf dem Land oder in der Stadt, das ist bei allen langsam angekommen.
„IN DER STADT … GIBT ES ZU VIELE MENSCHEN AUF EINEM FLECK, UND DIE LEBEN ALLE AN EINEM VORBEI.“
Aaron (23) – Zimmermann Melanie (17) – Schülerin Paar, das sich im Musikverein kennengelernt hat
Hallo, Aaron und Melanie, ihr seid ein Paar?
Aaron: Ja, wir haben uns im Musikverein kennengelernt.
Und wie genau, wenn ich fragen darf?
Melanie: Also ich war im Musikverein, und dann ist er irgendwann dazugekommen. Da haben wir uns zum ersten Mal gesehen. Und … [lacht] ja, dann haben wir im Musikverein Ausflüge gemacht und so und haben uns dabei ein bisschen kennengelernt. Dann haben wir angefangen zu schreiben, dann haben wir uns getroffen. Und ja. [lacht]
Was glaubt ihr: Wärt ihr irgendwo in der Stadt auch im Verein zusammengekommen?
Aaron: Wenn, dann auch nur in so einem Musikverein. In der Stadt gibts auf jeden Fall auch Vereine, aber nicht so was Örtliches. Ich glaube, in der Stadt wäre ich auch in keinem einzigen Verein.
Immer nur Musikverein? Oder geht ihr auch schon mal zusammen feiern?
Aaron und Melanie: Ja, klar.
Aaron: Ja, nicht im Club, sondern eher bei Dorfpartys.
Melanie: Fastnacht halt.
Aaron: Aber diese Partys sind ja auch besser als im Club.
Wie kommt ihr denn auf die Partys?
Aaron: Da ist halt immer eine Gruppe, und einer muss fahren. Das gibts in der Stadt auch nicht, da fahren alle mit der U-Bahn und Straßenbahn und glühen dann auf dem Weg vor. Bei uns ist das halt anders. Da fahren alle zum Einen und glühen da vor, und dann fahren alle mit dem einen Fahrer. Und der sagt dann auch, wenn Schicht im Schacht ist.
Melanie: Oder man ruft dann halt die Eltern an, und die müssen dann nachts um halb drei aufstehen.
Machen das denn deine Eltern?
Melanie: Ja, meine Mama macht das schon: Also bevor ich irgendwo bei fremden Leuten mitfahre, steht sie auf jeden Fall auf.
Ihr habt ja vorhin erzählt, dass ihr euch im Musikverein kennengelernt habt. Welche Aufgaben übernehmt ihr denn im Verein, und was spielt ihr?
Melanie: Wir sind jetzt gar nicht mehr drin.
Aaron: Wir haben uns gefunden, und dann sind wir raus.
Der Verein als Dating-App?
Melanie: [lacht] Genau. Aber ansonsten waren wir bei Auftritten dabei. Wenn Jahreskonzert ist, da hilft man bei Auf- und Abbau. Wir machen auch bald wieder beim Maihock [geselliges Beisammensitzen] mit.
Aaron: Und beim Bezirksmusikfest. Maihock ist halt so ein Traditionstreff. Da sind Gastmusiker da. Und die Egginger Musiker bedienen beim Essen.
Habt ihr auch mit anderen Musikvereinen aus anderen Dörfern was zu tun gehabt?
Aaron: Ja, früher schon. Ich hatte ganz viele Klassenkollegen im Stühlinger Musikverein. Und dann haben wir noch Brasslufthammers – ein eigener kleiner Guggemusikverein [alemannische Musik bei Fastnachtsumzügen] und für Partymusik. Die sind hier auf allen Dorffesten.
Aber das sind nur die aus Stühlingen?
Aaron: Nee, Stühlinger, Eberfinger, Egginger.
Und weshalb seid ihr nicht dabei?
Aaron: Hatten keine Lust mehr. Zu viele Termine. Wenn du im Musikverein einen hast, für den der Musikverein Ein und Alles ist, dann wird er sauer auf einen, wenn man mal keine Zeit hat, weißt. Und dann regt er sich auf, und das muss ich mir nicht geben.
Melanie: Manche nehmen das halt schon extrem ernst.
Aaron, bei dir ist ja dein Opa auch schon immer im Musikverein gewesen. Wie war das, ist er einer der Gründe, weshalb du dem Verein beigetreten bist?
Aaron: