Название | Paul Janes und die Fliege am Torpfosten |
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Автор произведения | Michael Bolten |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783895338618 |
DEUTSCHE MEISTERSCHAFT FÜR FORTUNA DÜSSELDORF
Janes war zwischenzeitlich wieder nach Leverkusen-Küppersteg ins Haus seiner Eltern gezogen und vermutlich ohne festes Einkommen. Er musste im Schnitt dreimal in der Woche für zwei Trainingsabende und einen Spieltermin von Küppersteg nach Düsseldorf fahren. Ab wann Janes eine Fahrerlaubnis hatte und ein Auto besaß, ist nicht bekannt. Wenn er die Strecke von Küppersteg bis Düsseldorf-Hauptbahnhof mit dem Zug zurücklegte, benötigte er rund 30 Minuten.
Bei der Fortuna wurde Janes in erster Linie als Läufer eingesetzt. In ihrer Gruppe der Bezirksliga belegten die Rothosen, wie die Fortunen damals aufgrund ihres Dresses oft genannt wurden, unangefochten den ersten Platz vor dem Team des VfR Ohligs. Im März 1933 setzte sich die Fortuna in zwei Partien gegen den VfL Benrath im Kampf um die Bezirksmeisterschaft durch und qualifizierte sich für die Endrunde um die Westdeutsche Meisterschaft. Dort unterlagen die Düsseldorfer den Schalkern am 30. April 1933 mit 0:1. Der „Fußball“-Reporter kritisierte vor allem die schwachen Vorstellungen der beiden Verteidiger Paul Bornefeld und Kurt Trautwein. Janes’ Vorstellung wurde in der Einzelkritik als nicht vollwertig bezeichnet.59 Aber nicht nur die beiden gescholtenen Abwehrspieler fanden wieder zu ihrer Form, auch Janes’ Leistung stabilisierte sich während der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft. In zuvor noch nie dagewesener Manier erreichten die Flingeraner das Endspiel: 9:0 in Düsseldorf gegen Vorwärts-Rasensport Gleiwitz (Gliwice), 3:0 in Hannover gegen die dort beheimatete Arminia, 4:0 in Berlin gegen die Frankfurter Eintracht. Mit einem Torverhältnis von 16:0 stürmte die Fortuna ins Finale und traf am 11. Juni 1933 erneut auf Schalke 04.
Zwei Düsseldorfer Ausnahmekönner im Kampf um den Ball: Paul Janes im Fortunadress und Karl Hohmann im Trikot des VfL Benrath.
Während die Düsseldorfer ihren Siegeszug auf den deutschen Fußballplätzen feierten, wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt, der Reichstag aufgelöst, die Presse- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt, der Reichstag angezündet, die sogenannte Reichstagsbrandverordnung zur Abschaffung wesentlicher Grundrechte verabschiedet, Neuwahlen abgehalten, in Dachau das erste KZ errichtet, Boykottaktionen gegen jüdische Geschäfte durchgeführt, das berüchtigte „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ zwecks Entlassung „nicht-arischer“ Beamter und weitere antidemokratische Gesetze verabschiedet, Bücher nichtgenehmer Autoren (so auch des in Düsseldorf geborenen Dichters Heinrich Heine) verbrannt. In der Janes-Biografie von 1947 fanden diese Ereignisse nicht statt. Anscheinend völlig unbeeindruckt von der politischen Entwicklung ließ sich Janes am 28. Mai 1933 in Berlin nach dem Erfolg über Eintracht Frankfurt „auf den Schultern (…) der begeisterten Berliner vom Platz“ tragen und stand im Endspiel.60 Das zählte, nichts anderes.
Allerdings war er längst noch nicht zum Star der Mannschaft avanciert. Das waren eher seine älteren Mitspieler Albrecht, der verletzungsbedingt im Finale fehlte, Kobierski, Pesch und vor allem Hochgesang. Außerdem spielte Janes immer noch nicht auf der Position, auf der er später als unersetzbar galt. Dies war auch im Endspiel so, denn er wurde von Trainer Körner als rechter Läufer eingesetzt. In einem vor der Pause eher mittelmäßigen Endspiel ging die Fortuna durch Felix Zwolanowski bereits in der 11. Minute in Führung. Nach dem Seitenwechsel kamen die Schalker, die mit all ihren Stars in Köln antraten, besser ins Spiel, konnten sich aber nicht entscheidend durchsetzen. Paul Mehl (71. Minute) und „Schorsch“ Hochgesang (84.) stellten schließlich den insgesamt verdienten 3:0-Endstand her. Damit war die Fortuna nicht nur erstmals (heute weiß man, dass es die bislang einzige Meisterschaft der Rot-Weißen blieb) Deutscher Meister, sie hatte es auch als erste westdeutsche Mannschaft geschafft, die Meistertrophäe „Viktoria“ zu gewinnen. Überreicht wurde sie samt Siegerkranz erstmals vom Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten, der im Juni 1933 noch den Titel Reichssportkommissar trug. Fortuna-Kapitän Theo Breuer machte bei der Siegerehrung einen formvollendeten Diener vor dem Funktionär. Das gehörte sich damals so. Die „Trophäe erhielt man vom Reichssportführer und man bedankte sich auch artig“, stellte Autor Stefan Goch klar.61
Paul Janes zeigte als rechter Läufer eine solide und unspektakuläre Leistung. Fortunas Läuferreihe mit Janes, Bender und Breuer stand von Anfang an defensiv sehr gut und lieferte offensiv „mindestens in der zweiten Hälfte ein recht eindrucksvolles Spiel“, urteilte der „Fußball“-Reporter. Zu den herausragenden Fortunen gehörte Janes im Jahr 1933 (noch) nicht.62
Am 12. Juni gab es einen großen Empfang zu Ehren des neuen Deutschen Meisters auf dem Rathausplatz in Düsseldorf. Es war die erste Meisterfeier, bei der viele Hakenkreuzfahnen im Wind flatterten. Adolf Hitler hatte nicht viel mit Fußball im Sinn, doch die lokalen Parteigenossen erkannten schnell den Wert des sportlichen Erfolgs. Sie nutzten den Ruhm der Fußballer zur eigenen Darstellung und zur Demonstration ihrer Politik. So hofften sie, dass ein wenig sportlicher Glanz auf sie und die Partei abfärbe.63 Und genauso selbstverständlich gehörten nicht nur die lokale NS-Prominenz, sondern auch der Vortrag des Kriegsliedes „Volk ans Gewehr“ und der von Hitler so sehr geschätzte „Badenweiler Marsch“ zur Meisterfeier.64
Zum „Ehrenausschuss“65 der Düsseldorfer Meisterfeier am 5. August 1933 gehörten unter anderem: Dr. Binstadt (Direktor des städtischen Propaganda-Amtes), Hermann Lohbeck (SA-Standartenführer), Werner Keyssner (Mitglied des Preußischen Landtags, zum Feierzeitpunkt NSDAP-Kreisleiter im Gau Düsseldorf, NSDAP-Mitglied seit 1926)66, Dr. Josef Klein (Mitglied des Preußischen Landtags, seit Mai 1933 WSV-Führer, seit 1930 NSDAP-Mitglied)67, J. Manger (Gauführer des Gaus Düsseldorf) und natürlich Oberbürgermeister Hans Wagenführ (NSDAP-Mitglied seit 1931)68.
All das erlebte der inzwischen 21-jährige Paul Janes aus nächster Nähe mit. Ob ihn das interessierte? Wohl kaum. Er schwärmte von einer Düsseldorfer Mannschaft, die wie aus einem Guss spielte, was sich für ihn auch „auf Form und Nominierung der deutschen Nationalmannschaft auswirken musste“.69
ALS AMATEUR IN DER GAULIGA NIEDERRHEIN
Einen Dämpfer bedeutete die Machtübernahme der Nationalsozialisten für die Befürworter des professionellen Fußballsports. Die 1932 auf dem DFB-Bundestag grundsätzlich beschlossene Einführung einer Reichsliga gab es mit den Nazis auch nicht. Die bisherige DFB-Führung um Felix Linnemann, die Profitum und Reichsliga immer höchst kritisch gesehen hatte, nutzte die Vollmachten, die ihr das neu installierte nationalsozialistische Führerprinzip bot. Die alten Beschlüsse wurden kassiert, das Profitum im Fußball (anders als im Boxen oder Rennsport) verboten.
Mit der Gleichschaltung der Sportverbände und der Umstellung auf das Führerprinzip ging die Entfernung jüdischer Funktionäre aus ihren Ämtern einher. So wurde beispielsweise der jüdische Präsident des FC Bayern, Kurt Landauer, zum Rücktritt gedrängt. Fortunas jüdischer Leiter der Fußballabteilung, Dr. Waldemar Spier, musste ebenfalls von seinem Amt zurücktreten. Im Gegensatz zu Landauer, der in die Schweiz flüchten konnte, überlebte Spier die NS-Schreckensherrschaft nicht. Er wurde im September 1944 nach Auschwitz deportiert und starb am 2. März 1945 an den Folgen der KZ-Haft.70 Von Spiers Entlassung und ihren Ursachen dürfte Janes etwas mitbekommen haben, er äußerte sich aber nicht dazu.
Deutscher Meister 1933 Fortuna Düsseldorf. Von links: Torwart Willy Pesch, Kapitän Theo Breuer, „Knöd“ Bender, Paul Janes, Willi Wigold, Kurt Trautwein, „Schorsch“ Hochgesang, Felix Zwolanowski, Paul Mehl, Paul Bornefeld, „Tau“ Kobierski.
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