Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque

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Название Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор произведения Friedrich de La Motte Fouque
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207022



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gebracht haben soll, geheimen Zaubers stark. Auch sollte dies Kleinod der Besitzerin als Pfand gelten, auf die in Frankreich errungenen Lehen. Man will sogar das Fräulein mit dem köstlichen Goldreife bereits an Festen haben prunken sehn, doch kehrte er noch immer wieder in die Hände Messire Huguenins zurück.

      Er reiste um diese Zeit in die Normandie, um seine schönen Burgen das erstemal zu sehen, und diese lagen dicht am Stammsitze unsres Hauses, wo meine Mutter einsam lebte, einzig beschäftigt, mich zu einem wackern Ritter, des Namens der Montfaucon nicht unwürdig, zu erziehen, und in ihrem verlaßnen Stande um so bedrängter, da ihre, es schien unverwelklich blühende, Schönheit noch immer die huldreichsten und jüngsten Frauenblumen des Landes überstrahlte, und von vielen, ihr allesamt lästigen Freiern nachgesucht ward. Ich erinnere mich noch wohl, wie der herrliche Messire Huguenin das erstemal auf unser Schloß geritten kam, wie mein ganzes Herz an der fürstlichen Gestaltung hing, und wie er so ritterlich artig, so fern und doch so sittig vertraut mit der Mutter sprach; denn ich war schon ein Knabe von mehr als zehn Jahren, und wohl fähig, den Unterschied zwischen ihm und unsern andern Nachbarn wahrzunehmen. Wenn ich nachher bisweilen so glücklich gewesen bin, edlen Frauen nicht zu mißfallen, mußt' ich mir immer sagen, daß ich die beste Sitte von Messire Huguenin erlernt habe, ohne dies Musterbild adligen Wesens doch je vollkommen erreichen zu können. Auch meiner schönen Mutter war er höchst anmutig und bedeutend gewesen, so wie dagegen ihre himmlische Erscheinung ihm jede andre Verbindung, als die mit ihr, unerträglich machte. Seine erste Sorge war nun, sich von dem frühern Verhältnisse mit jenem Fräulein loszuwinden, und die Scheu vor der Gunst des Königs gegen Huguenin sowohl, als vor des Ritters tapfern Arm zähmte die Verwandten der Dame dergestalt, daß alles im tiefen Frieden abging, der Ritter seinen Ring behielt, und meine Mutter erst lange nachher, als sie schon Huguenins Gattin war, das erste von dieser Verhandlung erfuhr.

      Willig hatte die schöne Wittib ihr Leben und Glück, und was ihr weit höher am Herzen lag, die ritterliche Erziehung ihres Sohnes, dem ruhmvollen Messire Huguenin anvertraut. Wie die beiden erstgenannten, köstlichen Kleinode bei ihm aufgehoben sein mochten, weiß ich nicht, denn so herrlich die Rosenzeit seiner Liebe blühte, so kurz blühte sie auch. Kaum etwas über zwei Jahr, während welcher meine Stiefschwester Blancheflour, ein Abbild alles Huldreizes der schönen Mutter, geboren ward, lebte der prächtige Ritter Huguenin in unsrer Burg; dann zog er auf die See hinaus, und kam nimmermehr wieder. Zum besten seiner Seele und seiner Ehre laßt uns denken, ihn habe irgendwo ein schneller rühmlicher Tod erreicht. Meine Mutter vernahm nie wieder etwas von ihm, und je mehr er während jener kurzen Verbindung ihr Glück erhöht hatte, je sichrer zog er jetzt ihr schönes Leben in seine Dunkelheit nach. Wenige Jahre zehrte der Gram an ihrer Gesundheit; dann sank sie schmerzlich lächelnd in ihr stilles Grab.

      Das andre Pfand, mich selbst und meine ritterliche Bildung, hatte er ehrlich bewahrt. Ernst und liebevoll, hoch und freundlich, einer winkenden Feuersäule vergleichbar, schritt er immer vor mir her. Des Tages über sprach er wenig mit mir, aber er zeigte mir in Waffenübung und Jagen und Reiterstücken desto mehr Treffliches und Ermunterndes. Des Abends quollen die Sagen und Geschichten uralter Zeit reichlich von seinen stolzen Lippen zu mir hernieder; wenig oder keine Ermahnungen dazwischen, aber er erzählte so, daß immer der Geist und die Schöpferkraft der Taten in freudiger Lieblichkeit dastand, mir gleichsam die Hand hinhaltend, daß ich einschlagen sollte zum glänzenden Bund. Und das tat ich denn im Herzen um so inniger, da ich wohl wußte, es erzähle mir das alles ein gewaltiger Held, der vielfach nicht mindere Dinge vollbracht habe, als die, von welchen er sprach. Ich war ihm auch, – das darf ich wohl ohne Prahlerei sagen, – in den zwei Jahren gut nachgewachsen, weshalb er mich am Abend vor seiner Abfahrt mit in sein Zimmer nahm, hinter uns abschloß und sagte: ›Folko, ich ziehe hinaus; auf wie lange, weiß Gott; mag sein, auf immer. Deine Augen sagen mir schon die Bitte an, daß ich dich mitnehmen soll in Kampf und Sieg, aber das geht nicht, weil ich dich noch zu was Höherm berufen habe. Du sollst mir hier bleiben, als Schirmvogt deiner Mutter und der kleinen Blancheflour, denn zählest du gleich nur dreizehn Jahr, so bist du doch an Geisteskraft und Waffenfertigkeit um ein halb Dutzend Jahre älter. Dazu hast du mich lieb, und die arme kleine Blancheflour auch. Die sollst du nun schützen bei dem wunderbaren Ringeskleinod, welches ich ihr hinterlasse, und das man ihr – ich sehe es voraus – von mancherlei Seiten her anfechten wird. Aber laß du es ihr nicht nehmen, mein junger Leue von Montfaucon, und sorge auch, wenn ihr beide größer werdet, daß sie dereinst deines Hauses Namen führen möge, denn der des meinen, zwar groß und gewaltig, ist nicht so bekannt hier im Reich, und rauscht fremd und unbehülflich in fränkische Ohren. – Willst du mir nun das alles versprechen?‹ – Ich schlug stolz und freudig ein, und habe mit Gott mein Wort ehrlich gehalten bis auf den heutigen Tag. – Messire Huguenins frühre Verlobte heiratete nachher den Ritter Portamour, und ward Gabrielens Mutter. Darauf hörte die schöne Gabriele, früh zur elternlosen Waise geworden, durch ihre Vormünder viel von ihren Rechten auf den Ring, nach welchem ihre arme Mutter in der Todesstunde gerufen haben soll, als nach einem ihr verlobten, teuern Eigentum, und da nahm das viele Fechten darum seinen Beginn. Wenn es Gottes Wille und Euer gutes Glück so ist, nimmt es heute oder morgen vielleicht sein Ende; denn seht, die Türme der Burg, wohin ich meine schöne Feindin geladen habe, ragen bereits über die Baumwipfel hervor.«

      In einem frischen Buchenwalde, am Fuße des Schloßberges, hatte die Gesellschaft unter den breitschattigen Ästen Halt gemacht, um der anmutigen Herbstluft zu genießen, die abendlich durch die Waldung hinzog, während ein vorausgesandter Knappe nach der Burg hinaufeilte, die Ankunft des Herrn und seiner edlen Gäste zu verkünden. Aber kaum noch, daß man von den Rossen gestiegen war, und die Becher gefüllt hatte, so kam auch der Bote schon wieder eilig zurück, meldend, Fräulein Gabriele von Portamour seie bereits eingetroffen in der Burg, und auf ihr Begehr habe Fräulein Blancheflour, als die Wirtin des Kastells, befohlen, Vesperbrot und Abendessen hier unten im Forste zu bereiten, auch bewege sich der Zug, welcher die edlen Frauen geleite, schon den Hügel herab. Wirklich sah man es durch das Gezweige leuchten von blanken Waffen und silbernen Gerätschaften und reichen Gewanden. Der Freiherr von Montfaucon wandte sich an Don Hernandez und an den Grafen Vinciguerra bittend, daß sie einstweilen an der Spitze der ritterlichen und sangeskundigen Genossenschaft die Damen empfangen möchten. »Denn«, sagte er, »es ziemt sich, daß wir zwei Kämpfer zierlich und geschmückt vor der schönen Gabriele erscheinen, mehr, als es uns Reise und Überraschung jetzt im Augenblick gestatten würden.« – Und so schritt er mit Otto ein kleines Talgesträuch hinab; Tebaldo und ein Knappe des Freiherrn folgten.

      Die jungen Degen wappneten und schmückten sich mit Eile und Fleiß. Sorgfältig wurden die Platten und Schienen abgerieben und geglättet, die Riemen fester geschnallt und versteckt, die Federn der Helmbüsche geordnet, die Feldbinden ausgestäubt und zierlicher umgelegt. Als beide ihre Helme auf die Häupter setzten, sahe Folko den jungen Ritter staunend an. – »Nun erst mit dem Adlervisier«, sagte er, »wird mir es recht kund, was mir an Eurer schwarzsilbernen Rüstung so wunderlich vorkam und doch so bekannt. Ist das nicht der Harnisch des Grafen Archimbald von Walbeck?« Und auf Ottos bejahende Antwort, fuhr er fort: »Ich werde Euch einmal bitten, mir ausführlicher zu erzählen, wie Ihr junge Ritterblume in dieses strenge Gewaffen hineinkommt, und Euch dagegen berichten, wieviel Seltsames ich vom Kämpfen mit einem silberschwarzen Adler geträumt habe. Der flog immer von Deutschland her den Rhein herüber, und pflückte mir mit bissigem Schnabel in einem Kranze, der auf meinen Scheiteln saß. Wenn ich dann vor meinem eignen Sträuben erwachte, sagte ich zu mir selber: Du müßtest an heiße Kämpfe mit Graf Archimbald von Walbeck glauben, doch den bindet ja sein Wort und schließt ihn vom Ringesabenteuer aus. Aber nun ist der Adler dennoch schlagfertig da. Folgt mir, mein junger Aar, die Damen warten. – Und alsbald schritten die beiden ritterlichen Genossen Hand in Hand den Abhang wieder hinauf.

      Durch den Kreis, welchen oben holde Frauen und edle Herren und Meister geschlossen hatten, leuchtete Gabrielens Schönheit so wunderbar, daß Otto, seines Entscheidungskampfes und des seligen Preises bewußt, die Augen demütig zur Erde sinken ließ. Folko trat gegen das schöne Fräulein Portamour heran, sprechend: »Nie würd' ich es mir verzeihen, als ein saumseliger Wirt später zu erscheinen, denn ein so holder Gast, wenn es nicht noch unentschieden stände, wer hier Wirt und Gast überhaupt verbleiben soll. Wär' es Euch gefällig, so hielte sich dieser tapfre junge Deutsche, die Streitfrage zu entscheiden, bereit.«

      Gabriele