Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque

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Название Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор произведения Friedrich de La Motte Fouque
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207022



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That ein sehr hübsches Mädchen, sagte Anselmo. Ihr seid recht glücklich, Euer Bild aus einem so reinen Spiegel wiederleuchten zu sehn, welchen noch keines Andern Hauch berührt hat. Ihr zartes Alter war bis jetzt ein Schutzengel, für ihre Schönheit.

      Mein Bild darin wiederleuchten! antwortete Alwin. Wer sagt Euch denn, daß ich so stolze Gedanken hege, und ob es mir je gelingen wird, ihre zarte Neigung auf mich zu lenken.

      Ich prophezeihe Euch das Beste, rief Anselmo. Und seht, zum glücklichen Wahrzeichen meiner Rede, stehn wir so eben unter ihren Fenstern. Er zeigte nach einem großen Hause, worin die erlöschenden Lichter verkündeten, wie seine Bewohner nach und nach zur Ruhe gingen. Richtig! fuhr er fort. Sie wacht am längsten, und singt sich wohl noch die artigen Tanzmelodieen des heutigen Festes vor. Dort, wo die Blumen hinter den Scheiben zwischen dem Lichte hindurchblühen, ist ihr Zimmer. Wenn ihr bei Tage vorbeireitet, könnt Ihr oft des neugierigen, zierlichen Lockenköpfchens gewahren. Und o, wie viel schöner ist es, zur Nachtzeit durch die Straßen zu wandern, mit lustiger Musik und seinen Vertrauten, oder ganz allein, die Cither am Arm, süße Melodien in die Träume schöner Mädchen hinübergaukelnd. Das ist die Sitte meines lieben Italiens, aus dem mich des Vaters wilde Laune hergeschleudert hat. Da klingts in jeder Nacht von Serenaden, und der warme Himmel sieht freundlich drein mit seinem tiefen, reinen Blau. Aber ich bitte Euch, was hindert uns, hier das nämliche zu thun; ein wenig Schnee unter den Füßen? desto leiseres Wandeln; dichtre Wolken am Firmament? so gesicherter die Heimlichkeit der Minne. Ich wollte, Ihr hättet Eure Cither bei Euch; wir könnten gleich den Anfang machen. Aber was Heut nicht geschieht, soll ein Andermal nachgeholt werden. Ihr tanzt recht hübsch, und seht gut aus, vorzüglich jung und unbefangen. Es wird Euch nicht an artigen Abentheuern fehlen. Nur vor Einer Klippe nehmt Euch in Acht, vor Euerm bärtigen Geleitsmann, dem gestrengen Herrn Secretarius Thorwald. Es war Euer Glück, daß die jungen Damen weder Heute noch Gestern bemerkten, wie Ihr unter seiner Aegide auftratet. Keine schlechtre Empfehlung in der Liebe, als einen Hofmeister zu haben, der uns auf allen Schritten nachruft: hübsch sacht, hübsch besonnen! Und vollends so eine Vogelscheuche! So einen Gegenfüßler aller Galanterie!

      Er scheint doch ziemlich angesehn, unter allen Vornehmen, wandte Alwin ein.

      Ja, unter den Alten, sagte Anselmo, die von nichts mehr Notiz nehmen, als von ihren verdrießlichen Geschäften, und außerdem bei der schönen Gräfin, die ihrer Schönheit zum Trotz abscheulich weise ist. Da soll er auch für unentbehrlich gelten, heißt es. Wir jungen Leute haben eine Rangordnung wie das goldne Zeitalter: was blüht und duftet ist für uns, die getrockneten Früchte mögen die trocknen Bewundrer allein verzehren. Bei uns gilt Thorwald nicht, bei uns soll er nicht gelten, so lange ich noch eine Stimme habe, und das will ich jetzt beweisen, ein Liedchen zu Eurer Cither singend. Holt sie mir herunter, denn wir stehn ja schon vor Eurer Wohnung, und mich kommt meine Serenadenlust wieder an.

      Alwin, sich der tollen Laune fügend, brachte die Cither. Ach, wenn dort meine Braut wohnte! seufzte Anselmo, blickte nach einem hellen Fenster gegenüber, und sang:

      Schon im Bettchen,

       Blühende Schönheit?

       Brennst Dein Nachtlicht,

       Daß es beleuchte,

       Daß es bestrahle

       Leuchtende Glieder,

       Strahlende Farben,

       All' ein wogend Blumenbeet,

       All' ein liebehauchend Meer

       In Blitzen, in Wellen,

       Wie Du schlafend liegst und unbewußt.

       Oder stehst Du noch sinnend vor dem Spiegel,

       Flichst zusammen die reichen Locken,

       Ein wundersam Netz?

      Weh, mich hat der Blitz getroffen,

       Mich die Wellen eingeschlungen,

       Mich das reiche Netz umrungen,

       Weh', ich muß vergehn!

      Morgen thu' die Aeuglein offen,

       Frag', wo ist der treue Knabe?

       Wirst ihn schon vielleicht im Grabe

       Todt vor Liebe sehn.

      Gute Nacht! Gute Nacht! sang er noch halb, und sprach er halb, warf die nachtönende Cither ihrem Herrn in den Arm und eilte fort.

       Inhaltsverzeichnis

      Am nächsten Tage bereits hatte Alwin im Fenster, welches Anselmo besang, das liebliche Gesichtchen Alinens erblickt, und überhaupt konnte ihm das Verhältniß Beider fast nicht einen Augenblick verborgen bleiben. Die ganze Welt sprach davon. Balderich, der tapfre Kriegsoberste, war Alinens Vater, und hatte sich bestimmt gegen eine Verbindung mit dem jungen Italiäner erklärt, so wohl er auch mit dessen kühnem Verhalten auf mehrern kleinen Zügen zufrieden gewesen war. Seine Abwesenheit schaffte beiden Liebenden einige Freiheit, welches man mit allgemeiner Theilnahme bemerkte, gleich als freue es auch die dumpfesten Creaturen, zwei liebliche Gestalten vereinigt zu sehn, und in ihrem Sonnenschein zu spielen. Auf eine ähnliche Weise erkannte man nach einigen Wochen Alwins Verhältniß mit Beatrix an. Es war keine eigentliche Erklärung vorgefallen, zu Alwin's Mißvergnügen, der gern einen so feierlichen Moment erlebt hätte, von dem seine alten Romanzen öfters sangen, seine liebe Mährchen plauderten, aber man wußte, daß man sich liebte, nannte sich, wo man unbemerkt war, fast immer mit dem vertrauten Du, ja man entwarf manch ein lustiges Plänchen für die Zukunft. So ähnliche Lagen knüpften die Freundschaft der beiden jungen Männer immer fester, und auch die Mädchen, sonst wenig mit einander bekannt, schlossen einen traulichen Bund, welcher bald, ein vierblättriges Kleeblatt, Glück und Eintracht bedeutend, aufzusprossen begann.

      In dieser Zeit geschah es, daß Mathilde an einem heitern Abend von einem nahen Maskenballe sprach. Nur, sagte sie, möchte ich nicht gern, daß sich Alles anfinge, wie ein andrer gewöhnlicher Tanz, wo erst dieser, dann der Andre in den Saal tritt, die Geigen gestimmt werden, und endlich die Füße nach und nach in Bewegung gerathen. Wie mit einem Zauberschlage müßte Alles in die phantastische Maskenwelt hinüber geblitzt seyn, weit hinter uns zurück bleiben, was an Gestern und Morgen erinnern darf, und ich weiß dazu keinen bessern Rath, als einen hübschen poetischen Eingang, den uns Alwin dichten soll. Leiht uns Eure Schwingen, lieber Paradiesvogel, sagte sie, sich an ihn wendend, wir leihen Euch dafür ein Andermal unsre Füße.

      Alles ward im lustigen Kreise bald verabredet und festgesetzt, auch Jeglichem eine Rolle verheißen, nur daß die Gräfin wider Anselmo eine Ausnahme machte. Ihr werdet ein Juweel unsres Festes sein, Euch Eurer eignen Tollheit überlassend, aber Alles mit Euerm Lachen verderbend, wenn Ihr anderthalb Verse im Sinn behalten sollt.

      Alwin dichtete, man lernte auswendig, probirte, und der fröhliche Tag kam heran.

      Mathildens hoher, gewölbter Saal war in einen künstlichen Garten umgewandelt. Pomeranzenbäume aus den Treibhäusern, boten ihre goldne Früchte über das Fichtengebüsch hervor, womit man ihre Kasten unsichtbar gemacht hatte, noch wunderbarer lachten purpurne und azurne Aepfel im hellen Lichte der Illumination durch schwärzliche Tannenzweige; Lampen, goldne Ketten, Blumen bildeten Kränze und Guirlanden mannichfacher Art.

      In solcher Umgebung erschien Mathilde; schön in ihrer eigenthümlichen Herrlichkeit, reich geschmückt, als eine Fürstin des Geisterreiches. Golden, von Edelsteinen blitzend das Diadem auf der weißen Stirn, der Locken phantastisch Geflecht wie zum Kranze zusammenhaltend, ein Purpurmantel, mit Hermelin aufgeschlagen, in reichen Falten ihren Gang umfließend, und ein wundervoller Gürtel, aus grünen Steinen zusammengesetzt, verschloß das jungfräulich weiße Unterkleid. Sie sagte folgende Verse:

      Des Purpurs Kind, geboren auf dem Thron,

       War schon die Wiege mir ein Königshaus.

       Vortretend in die Welt, hat jeder Schritt

       Erweitert mir das angeerbte Reich,