Название | Die Königsfälschung |
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Автор произведения | Max Melbo |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788711449295 |
Die Abgaben der Gläubigen – der sogenannte Zehnte –, die Bitt-, Heiligen- und Wallfahrts-»Entgelte«, die Spenden und Stiftungen, flossen alle nach Rom zu den Päpsten, die sich und ihre Familien damit zu Multimillionären machten.
Um 1400 kulminierte der Protest gegen das Papsttum in der Gestalt des tschechischen Reformators Jan Hus (geboren etwa 1370), der am 6. Juli 1415 in Konstanz verbrannt wurde.
Die Wehr gegen den denkbar korruptesten Amtsmissbrauch, den die Päpste und Kardinäle betrieben, steigerte sich unter den Gläubigen im Laufe des 15. Jahrhunderts. In Deutschland, Skandinavien, England, Italien, Polen, Böhmen, in der Schweiz, in den Niederlanden, vor allem in Frankreich wurden die Lichterketten des Protestantismus, des Protestierertums, angezündet. Die Eisbergspitzen des Widerstandes zeigten sich vor, nach und neben Jan Hus in den Glanzlichtern des Humanismus, der sich innerhalb des katholischen »Lagers« profilierte (es gab noch keine gegenkatholische Kirche, die erst im Verlaufe des 16. Jahrhunderts gegründet wurde): Bruno, Calvin, Kopernikus, Erasmus, Hutten, Jansen, Latimer, Luther, Melanchthon, Morus, Müntzer, Reuchlin, Savonarola, Wycliff, Zwingli ...
Immer heikler wurde für die römische Kardinalscorporation, dass sich religiöse Erneuerungen mit sozialen Reformplänen mischten. Ab ungefähr 1520 entstand in Deutschland um Thomas Müntzer die »Wiedertäuferbewegung«. In der Stadt Münster wurde 1535 das »Königreich Zion« ausgerufen – eine frühe Bürgerrevolution, gerichtet gegen alle Arten von Herrschaft –, noch im selben Jahr von »oben« zerstört und danach einer ihrer Vorkämpfer, Jan van Leiden, mit 27 Jahren hingerichtet.
Anfang des 16. Jahrhunderts verliert der Vatikanstaat seine Position als europäische Großmacht. 1530 wird in Bologna zum letzten Mal ein Kaiser von einem Papst gekrönt (Karl V. durch den zweiten Medici-Papst Klemens VII.). 1523 stirbt der letzte ausländische Papst, der deutsche Hadrian VI., nach nur anderthalb Jahren Regierungszeit. Danach reduziert sich das Papsttum auf eine inneritalienische Angelegenheit. Die römischen Kardinäle wählen bis zum polnischen Papst Johannes Paul II. 450 Jahre lang nur noch Italiener und verinzüchten das System damit ideologisch immer mehr.
Für dieses Schrumpf-Papsttum war der staatliche Protestantismus in Südfrankreich das Lebensbedrohlichste. Deutsche Fürsten und Patrizier (Städte der Hanse) lösten sich vom Papst, Holland war trotz abscheulichster Unterdrückungen durch die spanische Fremdherrschaft nicht mehr zu halten. England musste seit Heinrich VIII. (1491–1547) als verloren angesehen werden. Aber Frankreich lag ungemütlich landberührend nah am Papststaat Vatikan! Die französischen Könige Charles VIII, Louis XII und François I fielen um 1500 in italienische Stadtstaaten ein, Mailand, Venedig, Florenz, Neapel waren plötzlich französisch. Und wenn französisch = calvinistisch = antipäpstlich hieß, dann war es mit dem Saus und Braus des Papsttums aus. – Die südfranzösische Königin Margarete von Navarra (1492–1549), Schwester des großfranzösischen Königs Franz des Ersten (1494–1547), Großmutter Heinrichs des Vierten, Aufklärerin, Humanistin und mit ihrem »Heptameron« weltberühmte Autorin, gewährte Papstverfolgten in ihrem Königreich Navarra an der französisch-spanischen Grenze Asyl. Katholisches Gesamtfrankreich und protestantisches Südfrankreich waren also schon miteinander verschwistert! Mit jedem neuen großfranzösischen König konnte der Funke des Protestantismus auf das ganze französische Land politisch überspringen, was dann mit der Thronbesteigung des protestantischen Navarra-Königs Henri III, der gesamtfranzösischer Henri IV wurde, 1589 auch geschah. Das Königreich Navarra war zwischen 1540 und 1590 schon ein halbes Jahrhundert lang protestantisch regiert worden. Die einzige Tochter Margarete von Navarras, die Kronerbin und Königin Jeanne d’Albret, hatte den Protestantismus zur Staatsreligion erklärt.
Was sich in Südfrankreich entwickelte, war das Ultra-Gefährlichste für die römischen Kardinäle, denn dieses papstnahe Gebiet hatte das Papsttum schon einmal aufständisch-alternativ bedroht: die Bewegung der Katharer, die nach Jahrzehnten Existenz 1229 vom damaligen französischen König Ludwig dem Neunten, dem (Un)»Heiligen« »ausgerottet« wurde.
Frankreich war das Einwohner-zahlreichste, militärisch stärkste Land im Europa der beginnenden Neuzeit. Von dort flossen die meisten Gelder nach Rom. Mit militärischen und diplomatischen Mitteln konnte Frankreich nicht mehr wie zu Zeiten Ludwigs des Neunten zur Papstgefolgschaft bestimmt oder gezwungen werden, denn auch schon das katholische Frankreich machte seit langem Papst-unabhängige, ehrgeizige Weltpolitik. François I zwang den Päpsten 1516 das Konkordat von Bologna auf, in dem er sich das Recht verbriefte, alle kirchlichen Positionen in Frankreich selbst zu besetzen. Der Papst hatte nur ein Bestätigungs- oder Gegenzeichnungsrecht. Ohne den Willen des französischen Königs konnte niemand in Frankreich Bischof oder Kardinal werden!
Die Kardinalscorporation in Rom kam auf einen Trick. Der Trick hieß: »Mitbieten auf der europäischen Heiratsbörse des Hochadels und dadurch Infiltration papstgenehmen, reaktionär gesinnten ›Erbgutes‹, das Papst-konformes Verhalten auf dem französischen Thron garantierte.«
Es gab ab 1500 für die nächsten 150 Jahre drei Schritte, um an das Ziel zu kommen, Frankreich pro-päpstlich zu genealogisieren, so dass von innen heraus der dort um sich greifende protestantische Virus bekämpft werden konnte:
Medici-Coup I
Die Erhebung des Mitglieds eines Zweiges der italienischen Bankiersfamilie Medici in den Herzogstand, vollzogen am Anfang des 16. Jahrhunderts vom Ablasspapst Leo X., selbst ein geborener Medici, der seinen Neffen Lorenzo zum Herzog von Urbino kürte – eine Aktion gegen den Kaiser des »Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation«, der allein befugt war, mittlere deutsche und italienische Adlige in den Herzogstand zu versetzen.
Sowie Lorenzo Medici Herzog von Urbino war, heiratete er die französische Herzogstochter Madeleine de la Tour d’Auvergne, starb Papstplan-zeitadäquat mit seiner Frau ein paar Tage nach der Geburt seiner Tochter Katharina, die der Familie entrissen und in päpstlichen Hallen zu einer Homuncula herangezogen wurde – psycho-spirituell mit einer einzigen Botschaft aufgebläht, in Frankreich, in das sie vom nächsten Medici-Papst, Klemens VII., eingeheiratet wurde, verbrannte Protestanten-Erde zu veranstalten. – Tatsächlich gelang es dem Papst, Katharina Medici als Herzogstochter an König Franz den Ersten von Frankreich zu verkaufen, wobei nicht etwa der französische König der Zahlende war, sondern ihm Gelder in Millionenhöhe für den Fall in Aussicht gestellt wurden, dass er seinen zweiten Sohn Henri, den späteren König Henri II (1519–1559), mit dem Biografie-politischen Papstprodukt, Katharina Medici, verheiratete. Franz 1 tat es 1533. Der Medici-Papst Klemens VII. brachte als europaweit sich demonstrierender Braut-»Führer« persönlich seine Großnichte Katharina nach Frankreich, als überführe ein Herzog seine Tochter in das Land ihrer zukünftigen Bestimmung.
Fast 60 Jahre, von 1533 bis 1589, betätigte sich Katharina Medici wie eine Adolfine Hitler als Einzel- und Massenmörderin, ging in die Geschichte ein als Drahtzieherin der »Bartholomäusnacht«, in und nach der im August 1572 Zehntausende französische Protestanten ermordet wurden.
Und doch: Der erste Coup der Kardinäle gelang nur deshalb nicht, weil sämtliche von Katharina Medicis fünf Söhnen starben, ohne legitime Nachfolger für den Thron Frankreichs zu hinterlassen. Die Valois’ erloschen in der männlichen Linie. Der Bourbonenvetter und protestantische Navarra-König, Henri III, kam als Henri IV 1589 auf den französischen Thron. Die römische Kardinalsrunde musste sich neue Perfidien ausdenken.
Medici-Coup II
Abermals gelang es den Kardinälen, einen Medici-Coup in Frankreich zu landen. Sie schleusten die zweite Medici-Braut mitten in