Название | Am Fenster |
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Автор произведения | Wolfgang Breuer |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783961360918 |
„Natürlich, haben die Laaspher Kollegen schon von sich aus gemacht.“
„Prima. Wer von denen ist vor Ort?“
„Äääh, warte mal … Clemens Rohrer und Jutta Henning.“
„Okay. Wann, meinst Du, könnte der ‚Freak‘ hier sein?“
„Ich weiß nicht, wie der fährt“, lachte Finkbeiner.
„Ich aber“, lachte der Kripo-Chef etwas gallig. „Wie ein Schwein!“
„Na, dann ist er ja bald bei Dir.“
„Gut, mein Lieber. Ich danke Dir und mach’ mich mal in die Puschen. Und Du informierst bitte noch den Staatsanwalt.“
Nachdem er sich verabschiedet und das Gespräch weggedrückt hatte, sprintete Klaiser hinauf ins Schlafzimmer, um sich für eine kalte und schneereiche Nacht einzukleiden. Keine Ahnung, was ihn dort erwarten würde.
Lange Unterhose, langes Unterhemd, darüber Thermohose, T-Shirt und ein dicker Pullover. Zusammen mit der dicken Winterjacke, gefütterten Stiefeln, Schal, Handschuhen und Mütze müsste das reichen, fand er und schlich auf Zehenspitzen wieder nach unten. Seine Damen schienen wieder eingeschlafen zu sein.
Leise schloss er die Haustür hinter sich. Doch als er vors Haus trat, empfing ihn ein schallendes Gelächter. „Mein Gott, Chef, Du siehst ja aus wie ein Michelin-Männchen. Mit wieviel Grad Frost rechnest Du denn, wenn ich fragen darf?“
Sven war wohl just in dem Moment vorgefahren, als Klaiser seiner Frau einen Zettel geschrieben hatte, um ihr mitzuteilen, wo er hin musste und dass er stattdessen lieber in ihren Armen läge. Die Ehe mit Ute und das knapp dreijährige Töchterlein der beiden, machten ihn nach wie vor zum glücklichsten Mann unter der Sonne.
„Wer von uns beiden hat denn hier laufend Schnupfen, he?“, antwortete er auf den Spott seines jungen Kollegen, den alle nur den ‚Freak‘ nannten. Der Kollege mit seinem fast abartigen Hang zu allen technischen Neuerungen trug nämlich mal wieder seine so typischen ‚Schmuddelklamotten‘. Schimanski-Parka, Jeans und ausgelatschte Camel-Boots.
Immerhin hatte er wenigstens Lederhandschuhe an und eine Russenmütze auf dem Kopf, deren Felllappen rechts und links über seine Ohren hingen.
„Steig lieber wieder ein, bevor Dich noch jemand sieht. Du kannst einem ja Angst einjagen in Deinem Outfit“, grinste Klaus und klopfte den Schnee von seinen Füßen, als er sich in Svens Mondeo gesetzt hatte. Kurz darauf wurde ihm bereits zu warm, in dem gut geheizten Dienstwagen.
Lukas hatte den kraftvollen Dieselmotor nur blubbern lassen, um rückwärts aus der Hauseinfahrt hinaus zu kommen. Als er die Lenkung einschlug, knirschte der eiskalte Pulverschnee unter den Rädern. Aber dann nutzte er die Gunst des Drehmoments und ließ sein Gefährt nach vorne schnellen. Die Berghäuser Straßen waren ausnahmsweise frisch geräumt.
Schon an der Klinker’schen Kreuzung in Raumland hatte Klaus das Kunststück fertiggebracht, sich der Winterjacke zu entledigen, ohne sich abzuschnallen. Svens Fahrweise und die Bordheizung hatten ihm bereits so zugesetzt, dass er hätte kübeln können.
Bei leicht geöffnetem Seitenfenster dachte er mit Grauen an eine Dienstfahrt im letzten Winter. Damals hatte er seinen Audi am Rhein-Weser-Turm in eine Schneewehe gejagt. Wollte sich der Kollege jetzt revanchieren? Immerhin hatte der sich an jenem Tag mit keinem Wort beschwert. Im Gegenteil. Blödsinn hatte er gemacht.
Doch danach war jetzt keinem der beiden Kriminalisten mehr zumute. Schlimm genug, was da auf sie wartete. „Wer, um alles in der Welt, erschießt denn einen Rollstuhlfahrer?“, hatte Lukas ihn gefragt, nachdem sie losgefahren waren.
„Ich kann es Dir nicht sagen“, war die lapidare Antwort des Chefs. „Wir werden es hoffentlich herausfinden.“
„Machen wir“, war Sven sicher, „ich versprech’ es dem armen Schwein, das da jetzt tot im Rollstuhl sitzt.“
„Hou, hou, hou, mach’ mal halblang. Jetzt warte erstmal ab, was wir dort vorfinden.“ Klaus Klaiser war absolut kein Freund von Früh- und vor allem von Ferndiagnosen. „Weiß der Geier, wie die Dinge liegen.“ Dann krallte er sich am Griff in der Beifahrertür fest. Sein Magen begann zu rebellieren.
Am Tatort hatte sich eine veritable Menge Mensch eingefunden. Autofahrer vor allem. Und zwar sowohl volljährige Pennäler, die bergauf ins Internat zurückkehren wollten. Als auch solche, die zu später Stunde unten in der Stadt noch ‚etwas zu besorgen‘ hatten. Doch manche Liebe blieb in dieser Nacht unbefriedigt.
Die beiden Oberkommissare Jutta Henning und Clemens Rohrer hatten bereits uniformierte Verstärkung aus Berleburg bekommen, weil an Ort und Stelle alles dort hatte stehen und liegen bleiben müssen, wo es sich beim Auffinden der Leiche befunden hatte. Auch der Unimog mit Schneepflug, der quer auf der Straße stand und den Verkehr beträchtlich behinderte.
Mit vereinten Kräften versuchten jetzt fünf Beamte, die Gaffer zurückzuhalten und wenigstens einige von ihnen vom Ort des Geschehens wegzubekommen. Was nicht ganz einfach war. Wegen der schier unstillbaren Neugier der Leute einerseits und der schon länger nicht mehr geräumten und gestreuten Straße andererseits.
An Clemens Rohrer war es hängen geblieben, den Auffindeort zu sichern und gegen fremde Blicke zu schützen. Aber wie? Irgendwann war Frederik Tiemann auf die Idee gekommen, die eingerosteten Angeln wieder so gängig zu machen, dass die alten Windladen vor dem Fenster, und damit vor dem Toten, zugeklappt werden konnten.
Sven und Klaus hatten bereits weiter unten am Schloßberg ihre liebe Not mit den Straßenverhältnissen. Denn das Wetter hatte kein Erbarmen mit ihnen und der Fahrbahn.
Gerade dort, wo ein zügiges Vorankommen von enormer Wichtigkeit gewesen wäre, hatten die Straßenbauer blöderweise Kurven eingebaut. Und die mit höherer Geschwindigkeit zu nehmen, vermied selbst Lukas, der ‚Freak‘. „Kacke!“, schimpfte er und musste ein ums andere Mal runter vom Gas.
Das Beschleunigen war dann nicht mehr die reine Freude. Weil schon zu viele Fahrer vor ihnen dieses Manöver mitgemacht und die Fahrbahn zu einer Eispiste gemacht hatten.
Und so zeigte die Uhr schließlich 22.07 Uhr, als sie, weil sie ja Blaulicht auf dem Wagen hatten, durch die Absperrung am Schloßberg gelassen wurden. Immerhin aber noch eine halbe Stunde vor Steffen Siebert von der Spurensicherung und Doktor Klaus Faulhaber vom Rechtsmedizinischen Institut. Die hatten allerdings auch den längeren Anfahrtsweg.
„Was für eine Schweinescheiße“, motzte Siebert, als er, die Handschuhe überstreifend, das Haus betrat und die Kriminalisten drinnen antraf. „Solche Einsätze müssten in solchen Nächten verboten werden.“
„Wir haben es uns nicht ausgesucht, Verehrter“, begrüßte ihn Sven Lukas. „Kommen Sie bitte.“
Die dargebotene Hand übersah der Ankömmling geflissentlich und meinte mit hochgezogenen Augenbrauen: „Ihr könnt draußen bleiben. Sonst latscht Ihr mir da drin alles kaputt, was es eventuell an Spuren gibt.“
„Hier gibt es wohl kaum Spuren vom Täter“, bremste ihn Sven Lukas ziemlich barsch. „Die finden Sie alle da draußen. Wir machen den Job schließlich auch schon ein bisschen länger.“
„Jaa, jaa, das sehe ich. Macht Euch lieber ‘n Paar Überzieher an die Füße. Handschuhe alleine reichen nicht!“ Dann marschierte er voraus. „Mann, Mann, Mann, Ihr seid vielleicht ‘n paar Profis“, giftete er weiter.
„Hey!“, rief Sven, „es ist gut! Vielleicht lassen Sie erst mal ‘n bisschen Dampf ab, bevor Sie mit Ihrer Arbeit anfangen.“
Siebert plusterte sich auf. „Also hören Sie mal. So können Sie mit mir nicht reden. Ich hätte unterwegs fast gekotzt wegen dieser Scheiße hier.“
„Ich auch!“, fauchte ihn Klaiser an, der in der Zimmerecke stand. „Und ich motze hier nicht so rum. Mann! Was ist denn mit Ihnen los? Haben Sie gesoffen, oder was?“
Der SpuSi-Mann fuhr erschrocken herum und riss den Mund