Triumph der Gewalt. Karl Arne Blom

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Название Triumph der Gewalt
Автор произведения Karl Arne Blom
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788711459157



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Was? Nun verstehe ich nichts mehr. Vorhin sagtest du, er hätte dich geekelt. Da hat er doch wohl noch etwas anderes gemacht.

      (Schweigen.)

      – Kannst du es nicht sagen?

      (Kopfschütteln.)

      – Du kannst es nicht sagen. Na ja. Kannst du wenigstens andeuten, was er in dich hineinsteckte?

      (Kopfschütteln.)

      Auch das nicht. Na ja. Du sagst, er machte es mit dem Finger. Aber machte er es nicht auch mit dem Geschlechtsteil, wie man es nennt? Du weißt, mit dem Penis, mit dem Männer auch Wasser lassen?

      – Mmmm ...

      – Das tat er also. Ist es das, was du nicht sagen kannst?

      (Kopfnicken.)

      – Führte er ihn richtig ein? (Erik Orre wurde ganz eifrig.)

      – Nein.

      – Was machte er denn damit?

      – Ich weiß nicht ...

      – Du hattest doch wohl keine Hose an.

      – Doch.

      – Was sagst du? Du hattest die Hose an? Sei bitte so gut und sag mir genau, wie es war. Ich muß es wissen. Hattest du die Hose an?

      (Kopfschütteln.)

      – Na also. Und da drang er in dich ein?

      – Mmmm ...

      – Siehst du wohl. Wie war das für dich? Wie fandest du es?

      Am selben Tag nachmittags wurde Inger vom Arzt untersucht.

      Der Befund lautete: „Bei der chemischen Untersuchung des Scheideninhalts wurde das Vorkommen von Samenzellen festgestellt, deren Alter mit der angegebenen Zeit des Vorfalls übereinstimmt.“

      Im Oktober fand die Gegenüberstellung statt.

      Inger erkannte Jönsson.

      Tags darauf schrieben die Zeitungen zum erstenmal von dem Vorkommnis.

      In den nächsten zwei Tagen erstatteten mehrere Elternpaare bei der Polizei Anzeige. Auch ihre Töchter waren von Rolf Jönsson genotzüchtigt worden.

      Im ganzen handelte es sich um elf Mädchen zwischen sieben und fünfzehn Jahren.

      Anfang November wurde Inger nochmals vorgeladen. Diesmal mußte sie Auskunft über Rolf Jönssons Wohnung geben.

      Im Dezember kam der Fall vors Untersuchungsgericht. Inger mochte nicht dabei sein, weil es ihr widerstrebte, über den Vorfall Bericht zu erstatten. Auch ihre Eltern fanden es verkehrt, sie dem Schauspiel auszusetzen. Der Richter entschied, daß sie nur an der Hauptverhandlung teilnehmen müsse. Aber nie wurde ein Psychologe zu Rate gezogen, obwohl Inger infolge eines Verkehrsunfalls, den sie mit sieben Jahren erlitten hatte, ein wenig entwicklungsgestört war.

      Vor der Begegnung mit Jönsson war Inger ein fröhliches aufgeschlossenes Kind gewesen. Ihre Familienverhältnisse waren gut. Der Vater besaß ein Fotogeschäft, die Mutter war Hausfrau. Seit dem Vorfall hatte sich Inger stark verändert; sie war unzugänglich, mürrisch und trübsinnig geworden.

      Rolf Jönsson stritt anfangs alles ab.

      Beim dritten Verhör aber wurde er überführt und angeklagt, sich an Inger vergangen zu haben. Die anderen elf Mädchen hatten ihn ebenfalls wiedererkannt. Doch nur Inger wurde zweimal vorgeladen, und nur sie mußte bei der Hauptverhandlung als Zeugin auftreten.

      Jönsson wurde wegen Unzucht an Minderjährigen verurteilt.

      Zum erstenmal war Inger Elwing mit der Polizei in Berührung gekommen.

      Im Herbst

      Am 27. Oktober 1971 erstattete Patrik Ljunggren gegen seinen Nachbar Nils Göransson Anzeige, er habe sich an Ljunggrens dreizehnjähriger Tochter Ewa-Lena vergriffen. Patrik Ljunggren war Alkoholiker und gemütskrank.

      Ewa-Lena war oft zu Besuch bei der Nachbarfamilie Göransson. Sie fühlte sich bei Nils und Gun Göransson mehr zu Hause als bei ihren Eltern.

      Als ihre Mutter, Siv Ljunggren, vor zwei Jahren bei einem Verkehrsunglück verletzt worden war, hatte Ewa-Lena fünf Monate lang bei Nils und Gun Göransson gewohnt.

      Ewa-Lena wurde mehrmals verhört, und jedesmal schilderte sie in allen Einzelheiten, was sich auf dem Rücksitz von Göranssons Auto abgespielt hatte. Demnach war es öfters zum Geschlechtsverkehr gekommen.

      Ein halbes Jahr später, im März 1972, wurde ein Psychologe zugezogen. Er sollte ein Gutachten erstellen.

      Aus der Expertise ging hervor, daß Ewa-Lena gern dramatisierte, zu Hysterie neigte und mehrmals in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden war.

      In einigen Punkten stimmten ihre Angaben dem Psychologen gegenüber nicht mit ihren Aussagen beim polizeilichen Verhör überein.

      Der Psychologe fragte sich, ob das Mädchen wirklich die Wahrheit sprach. Ihm hatte sie unter anderm gesagt, Göransson habe sich mit ihr im ehelichen Schlafzimmer vergnügt.

      Inzwischen war Nils Göransson verhaftet worden, genauer gesagt, im Januar. Er blieb bei seiner Aussage, er habe mit dem Mädchen keinen Geschlechtsverkehr gehabt.

      Gun, seine Frau, war überzeugt, daß Ewa-Lena die ganze Geschichte erfunden hatte.

      Vier Tage nach der Verhaftung erlitt Nils einen Herzinfarkt und lag dann drei Monate im Krankenhaus.

      Eines Tages, Mitte Oktober 1972, erfuhr der Psychologe, das Mädchen sei einige Wochen nach der Anzeige gegen Göransson wegen Unterleibsbeschwerden von einem Gynäkologen untersucht worden.

      Er ließ sich die Krankengeschichte kommen.

      Die Beschwerden hatten nichts mit dem angeblichen Geschlechtsverkehr zu tun gehabt. Vor allem aber stand in dem Protokoll, daß Ewa-Lena zur Zeit der Untersuchung unberührt gewesen war.

      Der Psychologe setzte sich mit dem Frauenarzt in Verbindung.

      Der Gynäkologe hielt es für ausgeschlossen, daß Ewa-Lena die von ihr geschilderten Erlebnisse gehabt hatte.

      Hierauf erwirkte der Psychologe eine Besprechung mit dem zuständigen Polizei-Inspektor. Er erfuhr, daß man nach der Anzeige gegen Göransson sofort eine gynäkologische Untersuchung beantragt hatte. Aber das Mädchen hatte sich geweigert, sich untersuchen zu lassen.

      Die Polizei hatte sich damit begnügt und Nils Göransson verhaftet.

      Ewa-Lena wurde aufs neue verhört.

      Da bekannte sie, alles erfunden zu haben.

      Im Gutachten des Psychologen stand: „Ewa-Lena Ljunggren hat eine stark erotisch gefärbte Phantasie und ist außerstande, zwischen Phantasie und Wirklichkeit zu unterscheiden. An und für sich ist das bei Mädchen in der Pubertät nichts Ungewöhnliches. Das hätte man jedoch bei den Ermittlungen bedenken sollen, zumal der Verdächtigte die gegen ihn erhobene Anklage hartnäckig bestritt. Das Mädchen ist mythomanisch veranlagt und hat eine abnorme Einbildungskraft. Es wäre wünschenswert gewesen, mich früher heranzuziehen, da ein derartiger Fall Sachkenntnis verlangt, über die Polizeibeamte nun einmal nicht verfügen.“

      Ewa-Lena wohnte im selben Haus wie Inger Elwing.

      Sie war nicht zum letztenmal mit der Polizei in Berührung gekommen.

      Im Winter

      Der Winter 1971/72 war der trübste und nebeligste, den man in dieser Gegend seit Menschengedenken erlebt hatte. Allerdings zog mitten im Oktober ein Schneesturm über Lund, und fast eine Woche lang lag der Schnee einen halben Meter hoch. Dann aber kam das Elend: der Nebel.

      Von Anfang November bis Ende Februar weigerte sich die Sonne eigensinnig, sich sehen