DER MODDETEKTIV BESIEGT CORONA. Christopher Just

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Название DER MODDETEKTIV BESIEGT CORONA
Автор произведения Christopher Just
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783903184718



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nicht, Inspector Krambambo zählt altersbedingt zu den Unberührbaren und ist, wie es sich gehört, selbstverständlich in Quarantäne. Niemand außer seiner Mrs. darf ihn sehen.«

      »Von der wir allerdings nicht wissen, ob sie überhaupt existiert …«, gab die myCorona-Lady zu bedenken.

      »Nur damit wir uns richtig verstehen: Das ist nicht meine Meinung!«, begohr der Moddetektiv auf, um jedoch gedeftet hintanzustellen: »Aber ja, es gibt diese Gerüchte.«

      Letztmaliges, ablehnendes Kugelschreibergekritzel.

      »So, das war’s auch schon, Sir. Bitte bleiben Sie in der Leitung, bis wir Ihren Test ausgewertet haben.« Supersofte Saxophonwarteschleifenmusik flutete den Hörer.

      Test? Welcher Test?? Er hatte doch angerufen, um einen Test zu bekommen, da er sich entsetzlich angeschlagen fühlte, starke Kopf- und Gliederschmerzen hatte, zudem wahrscheinlich an hohem Fieber litt, sprich: eindeutig infiziert war! Keine drei Sekunden später meldete sich die my-Corona-Lady Jutta Baumann zurück.

      »Sir, sind Sie noch dran?«

      »Ja, bin ich!«

      »Sir«, perlte es ihm freudig entgegen, »ich darf Sie zu Ihrem Testergebnis beglückwünschen, Sie sind Corona-negativ.«

      »Wie bitte?? Welches Testergebnis? Ich wurde noch gar nicht getestet, genau deshalb rufe ich doch an, um endlich an einen dieser scheißverdammten Tests ranzukommen!«

      »Sir, die Summe der Antworten auf die an Sie gestellten Nach-dem-Test-ist-vor-dem-Test-Fragen ergab eindeutig, dass Sie Corona-negativ sind und aus diesem Grund keinen weiteren Test benötigen.«

      Es einfach nicht glauben könnend, schraubte sich die Stimme des Moddetektivs in kanzlerartige Höhen: »Bloß weil ich in jüngster Zeit nicht in Italien, nicht in Tirol, nicht bei Mrs. Krambambo, alles drei: gewesen bin, bescheinigen Sie, Jutta Baumann, mir, dem Der Moddetektiv, Coronanegativ und deshalb testunwürdig zu –«

      Ein letztes Mal fiel ihm die myCorona-Lady mit liebenswürdig säuselndem Singsang ins Wort: »Danke, Sir, dass Sie sich an myCorona-1450 gewendet haben, wir hoffen, Ihnen geholfen zu haben, und wünschen Ihnen noch einen schönen Tag. Bleiben Sie gesund, und vergessen Sie nicht:

      Gemeinsam schaffen wir das.«

      Er schaltete das Radio an.

      »… wurden in Wien–Donaustadt erneut mehrere Personen zu Tode gebissen in ihren Wohnungen aufgefunden. Die Polizei geht davon aus, dass es sich dabei um das Werk sogenannter Plasma-Junkies handelt, die es auf die Antikörper im Blut bereits Genesener abgesehen haben. Zum Aufspüren ihrer Opfer machen sich die Plasma-Junkies die staatlich angeordnete myStatus-Pflicht-App zunutze. In einem eindringlichen Appell richtet sich der Oberarzt des KFJ Hospitals, Dr. Maryland, erneut an die Bevölkerung, und bittet inständig, von derartigen Praktiken abzusehen, da vom bloßen Trinken des Blutes als immun gekennzeichneter Personen keinerlei heilende Wirkung zu erwarten ist.

      Des Weiteren häufen sich die brutalen Übergriffe von Anhängern der anfänglich als harmlose Irre eingestuften Sekte der Apokalyptischen Annieser. Wie bekannt wurde, kam es in letzter Zeit wiederholt zu Annies-Attacken, bei denen Mitglieder der Apokalyptischen Annieser, kurz AA genannt, nicht wie vorgeschrieben in ihre Armbeuge niesen, sondern zufällig des Weges kommende Passanten mit einem Trick, den die Polizei aus Sicherheitsgründen nicht bekanntgeben will, dazu veranlassen, den Schutzhelm abzunehmen, um ihnen im Anschluss mitten ins Gesicht zu niesen, zu spucken oder zu husten.

      Für die Anhänger der Apokalyptischen Annieser steht laut einer Prophezeiung ihres Führers Coronald Covidel der Weltuntergang kurz bevor. Mitglieder der AA, die sich durch gegenseitiges Anniesen absichtlich infizieren, verweigern Virustests sowie das Tragen der staatlich verpflichteten Plexiglasniesschutzkugeln, verstoßen systematisch gegen die Ausgangsbeschränkungen und verspeisen illegal hergestellte Teigtaschen, die mit dem Auswurf Infizierter gefüllt sind, sogenannte Covideltascherl.

      Der Gesundheitsminister rät, sich unbedingt von den Apokalyptischen Anniesern fernzuhalten und diese, sollten Sie ihnen begegnen, umgehend der Polizei zu melden sowie keinesfalls deren Covideltascherl – und sehen sie auch noch so schmackofatze aus – zu konsumieren.

      Das waren die Nachrichten.

       Und nun zum Wetter mit Verena Schöpfaaaaaaaaaaaaaaaaaa…

      Er schaltete das Radio aus.

      Was war da bloß so schiefgelaufen? Sogleich musste er mit einem von Bitterkeit zur Fratze verzerrten Grinsen desillusioniert den Kopf schütteln darüber, was denn diese an ihn selbst gestellte Frage sollte – er wusste es natürlich nur zu genau. Alle wussten es mittlerweile natürlich nur zu genau.

      Viel zu früh hatte sich die von populistischen Politikern und meinungsmachenden Medien scharfgemachte, völlig bescheuerte Bevölkerung dieses idiotischen Landes kollektiv demaskiert, um die Shoppingmalls, Gartencenter und Parkanlagen zu Abertausenden zu stürmen, kaum dass die von den Wirtschaftsbossen weichgejammerte Regierung eine Lockerung der Ausnahmebestimmungen in Aussicht gestellt hatte. Verdächtig rasch hatte die Infektionskurve begonnen sich abzuflachen, fragwürdig schnell war euphorisch verlautbart worden, dass die Anzahl der Genesenen jene der positiv-getesteten Neuerkrankten überflügelte. Man brauchte bei Mod kein Detektiv sein, um zu erahnen, wie diese Jubelbotschaft zustande kam; man hatte einfach kontinuierlich weniger und weniger getestet, so gesehen also nicht einmal die Unwahrheit gesagt. Eine vom Gesundheitsminister medienwirksam angekündigte Studie, die an zweitausend vom Zufallsprinzip bestimmten Bürgern durchgeführt worden war, um Licht in die Dunkelziffer der unwissentlich Erkrankten zu bringen, wurde, als das Ergebnis feststand, klammheimlich unter den Teppich des Schweigens gekehrt, da sich die daraus gewonnenen Erkenntnisse vernichtend, weil gegenteilig zu der sich offiziell in schwungvoller Talfahrt befindlichen Kontaminationskrümmung ausnahmen. Denn eine Studie, die belegte, dass fünfzehnkommafünfmal so viele Infizierte wie angenommen begierig darauf warteten, endlich wieder Geld ausgeben zu dürfen, konnte man – wenn demnächst die Geschäfte wieder aufsperren sollten – so gut gebrauchen wie ein infektiologischer Oberarzt einen fingerlosen Handschuh aus Brüsseler Spitze.

      Und endlich – immerhin hatte es endlose vier Wochen gedauert – durften die vom tatenlos ins Eigenheim einkasernierten, psychisch bereits schwer zerrütteten, dumpf vor sich hin fressenden und kackenden Familien, Lebens- und Wohngemeinschaften, Singles und Einzelindividuen die nicht einen einzigen weiteren Tag erträgliche Folter des Dolcefar-niente hinter sich lassen und hinaus in den Sommer, zurück in den als Normalität verkauften Shoppingirrsinn hüpfen, um endlich, endlich wieder Dinge jenseits von Teigwaren und Hygieneartikeln einzukaufen, endlich wieder überall in der Gegend herumzugehen (selbst wenn sie es zuvor nicht allzu sehr getan hatten), endlich wieder ihre Kredite für trendige Tops, schicke Chinos, freche Frisuren, bodenlange Bärte, bizarre Brillen, surreale Siebenmeilenstiefel, frische Fernsprechgeräte, erstklassige Elektronengehirne, eskapistische SUVs, rasante Rasenmäher, gewaltige Grillstationen, nachbarkeitsneidgenerierende Gartenlauben und so weiter und so fort, aufzustocken.

      Und natürlich endlich, endlich, endlich!! – durften