Название | Julius Hirsch. Nationalspieler. Ermordet. |
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Автор произведения | Werner Skrentny |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783895338595 |
Gottfried Fuchs gehört in Düsseldorf einem Team an, das zur Hälfte aus Engländern besteht: Rapier, Miller, Kirby, Leak und die Brüder Briggs mit Namen. „Wir sind um der Engländer willen seinerzeit stark angefeindet worden“, berichtet die Vereinschronik. „Für die Hebung der Spielstärke unseres Vereins und damit zur Belehrung Anderer war das Mitspielen der Engländer aber von großer Bedeutung.“
Gelernt hat Fuchs von den Briten auch die Fairness: Als beim Stand von 0:0 in einem späteren Punktspiel des Karlsruher FV gegen Wiesbaden ein Strafstoß für seine Mannschaft gegeben wird, bittet er den Unparteiischen, die seiner Ansicht nach falsche Entscheidung zurückzunehmen. Und als man ihm nach einer anderen Begegnung einen Lorbeerkranz verleiht, zupft er die einzelnen Blätter heraus und verteilt sie an die Mitspieler.
Fuchs selbst datiert diese Zeit in einem Brief, den er 1955 an seinen früheren Kölner Gegenspieler Peco Bauwens, den späteren DFB-Präsidenten, schickt, auf 1905 und 1906: „Dies waren die Zeiten, als Düsseldorf sich unter dem Spielführer Leak mit der Engländermannschaft des FC Ratingen vereinigt hatte.“
Im Rahmen seiner beruflichen Ausbildung ist Fuchs dann in London tätig, die Töchter Anita und Natalie bestätigen dies, und vermutlich hat er auch dort Fußball gespielt. 1908 läuft er erneut für Düsseldorf auf: „Mit Hilfe unseres eigens aus London herbeigeeilten Gottfried Fuchs schlagen wir die Hanauer (Anm.: 1. Hanauer FC 1893) mit 3:0, sehr zum Leidwesen der zahlreichen hiesigen Hanauer Kolonie. Eine unvergessliche Kabinettleistung von Fuchs war es, einem Hanauer den Ball vom Fuße wegzuköpfen und dann das erste Tor zu schießen.“ (Vereinschronik des DFC)
Gottfried Fuchs, womöglich fußballerisches Vorbild von Julius Hirsch, wird dessen lebenslanger Freund, der sich auch viele Jahre später an das letzte Wiedersehen der beiden in Paris erinnern wird. Hirsch und Fuchs werden gemeinsam beim Karlsruher FV spielen, sie gehören der süddeutschen Auswahl und der deutschen Nationalelf an.
EXKURS I
Der Karlsruher FV im Jahr 2011: C-Klasse auf dem Nebenplatz \\\ Stadion-Überreste \\\ „Prinz Berthold“, leerstehend
2. April 2011
Es ist einer der angenehmsten Wege, die zu einem deutschen Fußballstadion führen. Wenn man zum Wildparkstadion von Karlsruhe unterwegs ist, lässt man zunächst den Mittelpunkt der Stadt, den Marktplatz und das Schloss, hinter sich, passiert den Schlossgarten und geht hinein in den weiten Hardtwald, das ehemalige Jagdrevier der badischen Großherzöge.
Und das nebenbei: Das Wildparkstadion hat im Gegensatz zu vielen anderen bundesdeutschen Sportstätten glücklicherweise seinen Namen behalten, seit 1955. Wie sehr sei das dem Karlsruher SC und seinem Anhang gegönnt, angesichts von Traditionsnamen und lokalen Bezeichnungen, die dem Mammon zuliebe andernorts verschwunden sind.
Jedoch, wir sind nicht auf dem oft zurückgelegten Weg zu einem Heimspiel des KSC. Diesmal heißt es noch weiter gehen, das Stadion bleibt links liegen, denn der Karlsruher FV spielt im Frühjahr 2011 natürlich nicht im Wildparkstadion, sondern als Untermieter der DJK Ost Karlsruhe.
Seit der Verein im Sommer 2007 wieder auflebte, ist er auf Wanderschaft, denn sein angestammtes Terrain in der Nordweststadt, also das Stadion bei der Telegraphenkaserne, existiert nicht mehr. Der KFV spielte als Gast beim Gehörlosen SV in der Südstadt, beim SV Südwest in Oberreut und nun eben bei der DJK. Es gibt keine 2. Mannschaft und keine Nachwuchsteams, weshalb der Traditionsverein auch keinen Anspruch auf einen festen Platz innerhalb Karlsruhes erheben kann.
Die satte, grüne Rasenfläche vor dem DJK-Vereinsheim liegt an diesem Sonntagnachmittag im April verwaist da. Denn spielen darf der KFV nur auf dem Nebenplatz, auf dem das Gras eher seltener wächst.
Es geht an diesem Sonntagnachmittag gegen die FT Forchheim aus Rheinstetten. Das Kürzel FT steht für Freie Turnerschaft und die Herkunft aus dem 1933 von den Nazis zerschlagenen Arbeitersport. Leider tragen die KFVler nicht die traditionelle schwarz-rote Spielkleidung, sondern orangene Hemden, ebensolche Stutzen und schwarze Hosen.
KFV gegen Forchheim, das ist ein Punktspiel der Kreisklasse C, Staffel 1. Der Fußballkreis Karlsruhe hat fünf C-Klassen, überwiegend treten dort 2. Mannschaften an. Den Eintritt von zwei Euro kassieren zwei junge Frauen, indem sie den Platz umrunden. Mehr könnte man noch für Sitzplätze verlangen, aber die gibt es nicht. Zuschauer dürften es um die 60 gewesen sein.
Der KFV tritt als Drittletzter der Tabelle an und wird es nach dem 1:2 gegen Forchheim auch bleiben. Sein Team setzt sich vor allem aus italienischen Zuwanderern zusammen, die den Vorteil haben, sich in ihrer Heimatsprache auf dem Spielfeld verständigen zu können. Der bekannteste Spieler ist Pietro Lombardi, Jahrgang 1992 – er hat 2011 als Sänger den RTL-Wettbewerb „Deutschland sucht den Superstar“ gewonnen.
2004 hatte der ehemals so noble und erfolgreiche Verein den Spielbetrieb in der B-Klasse eingestellt: Es war kein Geld mehr da, noch nicht einmal mehr für die Verbandsabgabe. Offensichtlich hatte der Klub zeitweise trotz des kontinuierlichen sportlichen Niedergangs auf zu großem Fuß gelebt. Zum hundertjährigen Bestehen 1991 musste es schon der FC Bayern München als Gastspiel-Gegner sein.
Mit dem Ausscheiden aus dem Spielbetrieb wurden (verfrühte) Nachrufe auf den Deutschen Ex-Meister verfasst. Der aber war nach wie vor im Vereinsregister eingetragen, was 2007 die Möglichkeit bot, den KFV zu reaktivieren. Das Gelände an der Hertzstraße samt Stadion und Sportheim wurde an einen Investor veräußert, womit erst einmal die Altlasten getilgt waren. Alexander Etzel und Wolfgang Albert († 2010) waren damals die treibenden Kräfte.
2008 spielte der damals 20-jährige Steffen Herberger erstmals für den wieder erstandenen KFV: „Ich war stolz darauf, in einem Dorf im Schwarzwald das KFV-Trikot anziehen zu dürfen!“ Herberger, derzeit Student des Wirtschaftsingenieurwesens in Karlsruhe, wusste um die Bedeutung der drei Vereinsbuchstaben: Der frühere Reichs- und Bundestrainer Sepp Herberger war sein Urgroßonkel, und zur Verwandtschaft zählte auch Johann Herberger, aufgrund seiner Haarfarbe „der rote Herberger“ genannt. Dieser Herberger war bei Phönix Karlsruhe, den Stuttgarter Kickers, dem FC Bayern München und später noch in den USA aktiv.
Inzwischen ist Steffen Herberger 2. Vorsitzender des KFV und die treibende Kraft im Verein. Er unterhält die ausgezeichnete Website (www.karlsruher-fv1891.de) des Klubs und dessen Fanshop im Internet. Die Website gibt es auch in englisch- und französischsprachiger Version, dazu viele Extras wie „Helden“ (inklusive Hirsch, Fuchs, Bensemann), ein gesondertes Kapitel zum Julius-Hirsch-Preis, Statistikteil, KFV-Quiz u.v. a.m. Als Vorsitzenden hat man inzwischen den Karlsruher Baubürgermeister Michael Obert gewonnen, die Mitgliederzahl hat sich zuletzt fast verdoppelt (liegt aber noch unter der Hunderter-Grenze), und neuer Trikotsponsor ist der Bezirksverband der Gartenfreunde Karlsruhe.
Die früheren Mitglieder des KFV aber haben noch nicht „angebissen“: „C-Klasse, das ist doch nicht mehr unser KFV“, lautet ein Argument. Jüngeren wiederum ist die historische Bedeutung des Klubs nur schwer zu vermitteln, sagt Herberger. „Wir haben nicht die Anziehungskraft, die ich mir aufgrund der Vergangenheit vorgestellt hatte. Da hätte ich mir mehr versprochen.“
Aber: Der KFV 2011/12 lebt.
Wer nachsehen will, wo der Verein einst zu Hause war, fahre vom Karlsruher Hauptbahnhof mit der Straßenbahnlinie 2 E hinaus bis zur Haltestelle Siemensallee. Dort, wo das Stadion war, Adresse: Karlsruher Weg 17, ist ein Seniorenheim der Inneren Mission errichtet worden.