Название | Die Oslo-Connection - Thriller |
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Автор произведения | Olav Njølstad |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788726344127 |
Oper, Fechten. Bremers Freizeitinteressen waren eigentlich eine Farce, dachte Hartmann. Sie alle hatten ihre Wurzeln in einer vergangenen Zeit, in der sich sowohl die ethischen als auch die ästhetischen Ideale von denen der Jetztzeit unterschieden. Er hatte den alten Berufsdemonstranten unter Verdacht, diese Hobbys adoptiert zu haben, um sich in Kreisen Respekt zu verschaffen, zu denen er sonst nur mit Mühe Zugang gefunden hätte. Die weitsichtige Investierung eines jungen Radikalen für eine in ferner Zukunft liegende Gunst der Konservativen.
Natürlich hatte nichts von alledem zur Folge, dass Hartmann seinen Auftrag auf die leichte Schulter nahm. Sollte eine bedrohliche Situation entstehen, oblag es seiner Verantwortung, den Außenminister in Sicherheit zu bringen oder im schlimmsten Fall gegen einen eventuellen Attentäter zu verteidigen. Nach den Drohungen von Al-Qaida gegen Norwegen und dem Terroranschlag auf den unter norwegischer Flagge fahrenden Supertanker im persischen Golf wollte man kein Risiko eingehen.
Dabei war es in diesem Augenblick eigentlich Hartmann selbst, der Unterstützung gebraucht hätte – gegen den Schlaf. Er unterdrückte ein Gähnen und ärgerte sich, dass er sich vor Jahren hatte überreden lassen, an einem Grundkurs für Personenschutz teilzunehmen. Normalerweise arbeitete er in der Abteilung für Terrorabwehr des Sicherheitsdienstes, wo er die Verantwortung für die Abwehr von Terrordrohungen islamischer Extremisten hatte. Doch er musste ein wenig hinzuverdienen, um die Raten für sein Auto zu bezahlen – es war nicht gerade billig, in einem nagelneuen Range Rover herumzufahren –, und die Überstunden im Personenschutz hatten sich als eine Abkürzung zu schnell verdientem Geld erwiesen. Als Teil einer größeren Umstrukturierung des Sicherheitsdienstes im Jahr 2002 wurde der Personenschutz an die jeweiligen Polizeidienststellen übergeben. Hartmann hatte damals gefürchtet, dies würde das Ende seiner angenehmen Extraeinnahmen bedeuten, doch glücklicherweise wurde nach einer Weile beschlossen, dass Regierungschef und Außenminister weiterhin das Recht haben sollten, sich zusätzlich von den besonders ausgebildeten Spezialisten des PST schützen zu lassen. Seit dieses Spezialarrangement eingeführt worden war, hatte Bremer immer häufiger darum gebeten, dass der PST ihm dafür einen ganz bestimmten Beamten abstellte. Dieser Beamte war, paradoxerweise, sein früherer Schatten Jørgen Hartmann.
Sie hatten das Wikingschiffmuseum passiert und bogen vor dem Bygdøyhaus ein, einem großen, etwas verblichenen Steinhaus in der Huk Aveny 45, in dem der Bygdøy Fechtclub beheimatet war. Obwohl sie früh dran waren, standen bereits zahlreiche Autos vor dem Zaun der benachbarten Tennisanlage. Ein paar Mercedes, ein BMW, zwei teure Geländewagen amerikanischen Fabrikats. Fechten war vielleicht ein altmodischer, einfacher Sport, doch diejenigen, die ihn ausübten, schienen noch immer dem Geldadel der Gesellschaft anzugehören. Es war sicher kein Zufall, dass der wichtigste Fechtclub des Landes gerade hier auf Bygdøy lag. Ohne Zweifel der Postbezirk des ganzen Landes mit den meisten registrierten Millionären.
Hartmann war nicht wohl in seiner Haut. Seine Vorstellung von Sport war untrennbar mit den einfachen Trainingsverhältnissen der fünfziger Jahre im Boxclub der Arbeiterjugend verbunden, und er war der Ansicht, dass sich der Außenminister des Landes in einer Umgebung wie dieser nicht wohl fühlen sollte.
Aber was dem einen recht ist, ist dem anderen billig. Bremer war kein Snob und bestand darauf, seine Tasche mit den Sportsachen selber zu tragen. Der Degen war nicht dabei. Der wurde im Clubhaus aufbewahrt, erklärte er, eingeschlossen in einem Schrank mit einem speziellen Schlüssel. Hartmann folgte ihm zögernd in die Garderobe. Es missfiel ihm aufs Äußerste, wenn sein Personenschutzauftrag es notwendig machte, in die Privatsphäre anderer Menschen einzudringen. Manchmal hatte er seine »Objekte« sogar bis auf die Toilette begleiten müssen. Er erinnerte sich noch, wie peinlich es gewesen war, als er einen finnischen Staatsminister begleitet hatte, der extreme Schwierigkeiten beim Wasserlassen hatte. Minuten waren vergangen, ohne dass er das geringste Geräusch vernommen hatte, und schließlich hatte Hartmann all seinen Mut zusammengenommen und gefragt, ob alles in Ordnung sei. »Was glauben denn Sie, Sie Idiot?«, hatte der Staatsminister gedonnert. »Ich würde wohl kaum hier im Scheißhaus stehen und Luft pissen, wenn ich nicht ein Scheißproblem hätte!«
Sie waren in den Männerumkleideraum gekommen.
Einen Augenblick lang dachte Hartmann, Bremer geniere sich, weil er mit dabei war. Statt sich Mantel und Jacke auszuziehen, blieb er nämlich vor einem Garderobenschrank stehen und wartete. Die Sekunden vergingen. Nach einem Blick auf die Uhr sagte er erklärend:
»Wir sind ein bisschen früh.«
Im gleichen Moment hörten sie draußen ein Auto halten, dann das Klacken einer ins Schloss fallenden Tür.
»Da haben wir ihn«, sagte Bremer, begann aber noch immer nicht, sich umzuziehen.
Ein paar Sekunden später flog die Tür auf, und herein stürmte ein Mann, den Hartmann sofort erkannte. Das war Bremer! Oder etwas genauer: ein Mann, der Bremer beim ersten Hinsehen zum Verwechseln ähnlich sah, der aber trotzdem nicht Bremer war. Die Haare waren dunkler und die Nase kräftiger. Der Gang eine Spur geschmeidiger. Die Kerbe im Kinn nicht ganz so tief. Aber ansonsten war das meiste wie bei Bremer: die buschigen Augenbrauen, die klaren blauen Augen, das spitze Kinn und die vollen, fast femininen Lippen.
»Mein kleiner Bruder Christopher«, sagte Bremer mit einem Lächeln. Ganz offensichtlich genoss er den überraschten Gesichtsausdruck des erfahrenen Polizisten. Doch Hartmanns Überraschung war einstudiert: Es musste mehr als zwanzig Jahre her sein, dass er unfreiwillig Bekanntschaft mit dem Zwillingsbruder gemacht hatte, nachdem er einen ganzen langen Abend im Club 7 damit vergeudet hatte, die falsche Person zu observieren. »Chris war so liebenswürdig, mir anzubieten, heute Vormittag für mich den Degen zu führen.«
Der Bruder nickte und nahm Bremers Sporttasche. Ohne ein Wort zog er sich aus und streifte sich den Fechtanzug seines Bruders über. Als er fertig war, waren die beiden Männer beinahe identisch, und das bisschen, was es noch an Unterschieden gab, würde garantiert verschwinden, sobald erst die Netzmaske aufgesetzt worden war.
Bremer nickte seinem Bruder anerkennend zu.
»Eigentlich schade, dass du nicht ich bist! Wenn du ein bisschen gebildeter wärst, könnte ich dich als Stand-in für meinen nächsten Staatsbesuch in Libyen nutzen!«
»Du hast ihn doch eingeweiht?«, fragte der Bruder. »Schließlich ist es nicht er, den du mit diesem Possenspiel in die Irre führen willst.«
»Nicht in erster Linie, nein.« Bremer zwinkerte ihm zu. »Aber wer kann schon der Verlockung widerstehen, Isachsen einen Streich zu spielen?«
Der Bruder zuckte resignierend mit den Schultern und murmelte, dass das mal wieder typisch sei. Dann zog er sich die Netzmaske halb vor das Gesicht und ging zur Tür.
»Ich mache nur Witze«, rief ihm Bremer nach. »Natürlich weiß Isachsen, dass du nicht ich bist. Aber er weiß auch, dass er das nicht zeigen darf. Du solltest es ihm so leicht wie möglich machen!«
Der Bruder streckte den Daumen siegessicher nach oben und verschwand in den Trainingsraum, in dem Isachsen, ein früherer NATO-Botschafter mit reichlich Erfahrung, Staatsgeheimnisse zu bewahren, ungeduldig darauf wartete, die unerwartete Ehre zu haben, seinen Degen gegen den Doppelgänger des Außenministers zu erheben.
»Und somit wären wir wieder allein«, sagte Bremer und wandte sich Hartmann zu. »Kommen Sie, ich habe eine wichtige Verabredung hier im Haus. Im Sitzungszimmer im Obergeschoss. Unsere ausländischen Freunde warten schon seit Stunden; sie sind gestern Abend in Arlanda gelandet und haben die ganze Nacht im Auto gesessen.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Wir haben das Gebäude für eine knappe Stunde für uns, es gilt also, keine Zeit zu verlieren. Sie müssen heute Vormittag noch nach Jerusalem zurück. Über Stockholm, Wien und Zypern. Aber in Oslo waren sie an diesem Wochenende nicht, nur, damit Sie mich richtig verstehen.«
Hartmann zuckte gleichgültig mit den Schultern.
»Wie Sie wünschen«,