Fluch der verlorenen Seelen. Darina D.S.

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Название Fluch der verlorenen Seelen
Автор произведения Darina D.S.
Жанр Языкознание
Серия Der Fluch der verlorenen Seelen
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783969536155



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      ist: mit ihr zu sprechen.

      Lass ihre Seele dich berühren,

      sonst wirst ihre Macht du spüren.

      Wendest du dich von ihr ab,

      geht dein Leben steil bergab.

      Ein Bund für die Ewigkeit

      ohne Ausweichmöglichkeit.

      Bleib deiner Waffe stets treu,

      sonst wirst du es bereuen.

      Allmählich schlich sich Routine in Amalias Alltag ein. Der Rest der Woche verlief ähnlich wie der dritte Tag an der Akademie. Freya holte Amalia jeden Morgen ab, brachte sie zum Unterricht und anschließend saßen sie gemeinsam mit den Jungs beim Essen zusammen. Amalia fiel es immer leichter, dem Unterricht zu folgen, obwohl ihr die Fächer Seelen- und Waffenkunde immer noch Kopfzerbrechen bereiteten. Doch es war nicht nur das, auch sah sie hie und da Schüler mit den mönchsähnlichen Kutten in der Akademie umherstreifen. Dieser Ort versprühte eine geheimnisvolle Atmosphäre, jedoch schaffte es Freya mit ihren Bemühungen um Unterhaltung wie dem kleinen Spaziergang auf dem Klostergelände, dass sich Amalia bei aller Skepsis langsam heimisch fühlte. Dennoch wünschte sie sich, endlich mit dem Akademieleiter zu sprechen. Zu viele Fragen brannten ihr noch unter den Nägeln.

      Amalia warf Freya ein dankbares Lächeln zu. Obwohl die beiden nicht viel miteinander gesprochen hatten, war der Spaziergang eine wohltuende Ablenkung gewesen. Zu gern hätte Amalia ihr all die Fragen gestellt, die so schwer auf ihren Schultern wogen, doch Professor Adams hatte ihr unmissverständlich klar gemacht, dass sie sich bis zur Ankunft des Akademieleiters gedulden sollte.

      »Freya, warum müssen wir schon wieder zurück?« Amalia zog die frische Luft tief ein, sie genoss die warmen Sonnenstrahlen und den lauen Frühlingswind.

      »Die Jungs erwarten uns bereits«, sagte Freya und tippte auf ihrem Handy herum.

      »Wieso, haben wir noch was vor?«, fragte Amalia. Ihr war nicht entgangen, dass Freya abermals ihre schwarzen Langschafthandschuhe trug, von denen sie einen ausgezogen hatte, um ihr Smartphone zu bedienen. Das war nicht irgendein Trend, dessen war sie sich mittlerweile sicher, und sie nahm sich fest vor, Freya darauf anzusprechen, wenn sich ein passender Moment ergäbe. Denn wider Erwarten konnte sie an ihren zarten Händen nichts erkennen, was hätte verdeckt werden müssen.

      »Sieht so aus.« Ihre Freundin zwinkerte ihr zu.

      Von Weitem erkannte Amalia die beiden Jungs, die schon ungeduldig vor der Eingangstür auf sie warteten. Julien sah in seinen schwarzen Hosen, dem weißen Poloshirt und einer dunkelblauen Jeansjacke wie immer umwerfend aus, wohingegen sie sich bei Franz-Yato ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Er trug zu seinen hellblauen Jeans und dem schwarzen T-Shirt einen dunkelbraunen Cowboyhut und dazu passende Boots.

      »Ihr habt euch ja ganz schön Zeit gelassen, Ladys«, sagte der Cowboy.

      »Och, Franzel, ich weiß, dass du es nur schwer ohne mich aushältst«, antwortete Freya in einer übertrieben hohen Tonlage.

      »Er ist zurück. Lasst uns zu ihm gehen«, informierte sie Julien.

      Amalia wurde sogleich von Freya am Arm gepackt und mitgeschleift. Sie verstand nur Bahnhof:

      »Wer ist wieder da?«

      »Geduld, du wirst ihn gleich kennenlernen«, wisperte Freya.

      Geduld? Das sagte genau die Richtige, dachte sich Amalia, während sie die Treppen hochgingen. Verwundert blickte sie sich um. Wohin wollten sie? Sie hatten das zweite Stockwerk passiert. Im dritten befanden sich ihres Wissens nach nur die Lehrräume, da war sich Amalia sicher. Doch sie wurde eines Besseren belehrt.

      Die vier gingen an allen Klassenzimmern vorbei, dann bog Julien um die Ecke. Mit einem großen Fragezeichen im Gesicht trottete Amalia ihm hinterher. Am Ende blieb der Blonde vor einer breiten dunklen Holztür stehen und öffnete sie.

      Verwundert betrachtete sie die hellbraune Wendeltreppe und die Efeuschnitzereien, die sich am Geländer hochschlängelten.

      Unsicher folgte sie den anderen bis nach oben zu einer weiteren Holztür. Zumindest wusste sie jetzt, dass es da oben einen Raum gab.

      Dreimal klopfte Julien an die Tür, bevor er eintrat. Amalia versteckte sich hinter Freya, als sie den Jungs in das Zimmer folgten, und musterte über Freyas Schulter hinweg die Räumlichkeit. Sie wirkte stilvoll und schlicht elegant – keine Spur überladen. Mitten in dem geräumigen Büro stand ein großer, länglicher Schreibtisch aus Kiefernholz. Dahinter und links daneben deckenhohe Bücherregale aus dunklem Schieferholz, die ein Stück des Raums abtrennten. Eine schwarze lederne Couch auf der rechten Seite war einladend neben dem großen Erkerfenster platziert.

      »Hallo, Collin. Ich hoffe, es war alles in Ordnung?«, sagte Julien zur Begrüßung.

      »Schön dich zu sehen, Cousin. Ja, in Indien verlief es soweit nach Plan. Habt ihr das Mädchen schon geholt?«, entgegnete Collin.

      »Ähm … Amalia ist doch hier.« Julien drehte sich nach ihr um, entdeckte sie aber nicht gleich hinter Freya, da diese größer war.

      »Amalia, komm bitte vor«, rief Julien und winkte sie zu sich.

      Freya, die Amalias Unsicherheit spürte, nahm ihre Hand und ging mit ihr ein paar Schritte nach vorne.

      »Hallo, Mister Jackdaw, das ist Amalia Ried.«

      Der junge Mann, den Amalia auf Mitte, Ende zwanzig schätzte, schaute sie eindringlich an und auch sie begutachtete ihn prüfend. Er machte einen gepflegten und seriösen Eindruck, trug Khakihosen und ein blassblaues Hemd, dessen Ärmel ordentlich hochgerollt waren, ein schwarzer Baumwollpullover hing über den Schultern. Amalias Blick verharrte auf seinen Augen. Sie hatten die Farbe von dunklem Honig mit kleinen goldenen Sprenkeln wie Blattgold in einer Sektflasche. Diese Augen wirkten wie die eines Raubtiers, doch seltsamerweise jagten sie ihr keine Angst ein, sondern weckten ein vertrautes Gefühl in ihr, das sie nicht zu beschreiben vermochte. Collins Haare lagen locker auf den Schultern; die Farbe ähnelte Juliens, jedoch eine Nuance dunkler. Ein stattlicher Mann mit einer undurchsichtigen Mimik – ein gutes Pokerface.

      »Hallo, Amalia! Ich bin Collin Jackdaw, der Leiter dieser Akademie und Juliens Cousin.« Während er sich vorstellte, streckte er ihr die Hand entgegen.

      »Hallo, ich bin Amalia Ried. Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte sie und schüttelte seine Hand. Er war sehr jung für die Stelle des Leiters. Misstrauisch lauschte sie seinen Worten und beobachtete ihn genau.

      »Es tut mir leid, dass ich dich nicht persönlich abholen konnte. Professor Adams ist, wie du bereits weißt, mein Stellvertreter und erledigt solche Aufträge in meinem Namen. Es ist besser, wenn ein älterer Herr sich um die Aufnahme unserer neuen Schüler kümmert. Ich mache das nur in Ausnahmefällen oder um Julien anzulernen.«

      Bingo, nicht nur sie schien ihn zu jung für diesen Job zu halten. Aber warum war er dann der Leiter?

      »Ich kann mir vorstellen, dass dir einige Fragen auf der Zunge brennen, und ich werde dir sicher ein paar davon beantworten«, erklärte Collin und lächelte sie freundlich an.

      »Warum bin ich hier? Ich habe zwar bemerkt, dass die Menschen hier anders sind, aber hinter den Sinn komm ich nicht«, sagte Amalia.

      »Die Nightingale Akademie gibt es schon seit langer Zeit. Sie bietet jenen Menschen Heimat, die Dinge wahrnehmen, die anderen verschlossen bleiben. Bei manchen sind es nur Gefühle oder Geräusche, einige wenige – wie du – sind in der Lage, das Übernatürliche zu sehen.«

      »Sie meinen diese Kreaturen, die Groohls?«, warf Amalia ein.

      »Unter anderem. Die andere Welt ist komplizierter, als du glaubst. Aber keine Sorge, das wirst du lernen – alles zu seiner Zei…«

      »Was sind das für Wesen, diese Groohls?«, fiel Amalia ihm ins Wort und Collin schmunzelte.

      »Schon seit Jahrhunderten gibt es Menschen, die Dinge aus der anderen Welt wahrnehmen.