Название | Fluch der verlorenen Seelen |
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Автор произведения | Darina D.S. |
Жанр | Языкознание |
Серия | Der Fluch der verlorenen Seelen |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783969536155 |
»Danke!« Amalia legte alles auf dem Boden ab und packte es in die Tasche.
»Wie war der Unterricht?«, fragte Freya und griff dabei wie üblich nach Amalias Arm.
»Wir haben in Geschichte die Hexenprozesse von Salem behandelt, in Englisch Phonetik und Phonologie, in Latein verstehe ich leider gar nichts … Ich habe keine Vorkenntnisse«, antwortete sie und bemühte sich, Freyas schnellen Schritt zu halten. Auf eine gewisse Art hatte sie etwas mit dem weißen Kaninchen aus Alice im Wunderland gemeinsam, das ebenfalls immer in Eile war. Bei diesem Gedanken musste sich Amalia beherrschen, um nicht laut loszulachen.
»Das freut mich.« Freya drehte den Kopf nach hinten, lächelte und stieß die Kantinentür auf. Augenblicklich nahm Amalia die verschiedensten Gerüche wahr: frisch angebratenes Fleisch, Thymian, Tomatensoße und den süßen Duft von geschmolzener Schokolade.
»Oh, da hat jemand Hunger!« Freya hatte bemerkt, wie Amalias Magen knurrte.
Peinlich berührt rieb Amalia ihren Bauch. Auf ein Neues ergriff Freya ihren Arm und lief mit ihr schnellen Schrittes auf die Essensausgabe zu. Nachdem die beiden Mädchen ihre Auswahl getroffen hatten, marschierten sie zu einer etwas abseits liegenden Tischreihe. Sofort erspähte Amalia den blonden Schönling Julien und wurde rot wie die Tomatensoße auf ihren Nudeln. Am selben Tisch saß ein weiterer Junge; er hatte dunkle mandelförmige Augen und dunkelbraunes Haar. Er trug ein rot-weiß kariertes Hemd und lederne Armmanschetten. Eine Tischreihe weiter saßen vier Mädchen, die förmlich nach Ärger rochen. Eine von ihnen warf ihre platinblonden Haare zurück und blinzelte Julien dabei mit ihren strahlend blauen Augen verliebt an. Freya stellte ihr Tablett auf dem Tisch ab und schlang ihre Arme um den braunhaarigen Typ.
»Amalia, das ist mein Franzel. Und Julien kennst du bereits. Ich meine, nach eurem intimen Moment sogar noch besser.« Sie stützte sich mit ihrem Arm auf Juliens Schulter ab und warf einen Blick nach hinten, als wollte sie kontrollieren, ob das platinblonde Mädchen ihre Worte ebenfalls vernommen hatte.
Hatte sie, denn ihre Miene verfinsterte sich. Wenn Blicke töten könnten, wäre Amalia auf der Stelle tot umgefallen. Hastig setzte sie sich Julien gegenüber und versuchte, das hellhaarige Übel zu ignorieren, indem sie konzentriert auf ihre Nudeln starrte.
»Freya, du Hexe, kannst du mich nicht einmal normal vorstellen? Hey, Amalia, mein Name ist nicht Franzel, sondern Yato«, korrigierte der Junge und lächelte sie an.
»Nenn mich nicht immer Hexe!« Freya gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.
»Du bist aber meine kleine Hexe«, witzelte er.
Amalia hörte bei ihm einen leichten Akzent, konnte diesen aber nicht zuordnen.
»Eigentlich ist sein Name Franz-Yato«, schmunzelte Freya, während sie sich neben Amalia niederließ. Amalia lachte. Jetzt war sie sich sicher, dass sein Akzent deutsch war.
»Hey! Na, geht es dir besser?«, fragte Julien und sah ihr grinsend in die Augen.
»Danke, ja! Ihr müsst wissen, dass ich manchmal schlafwandle, deshalb weiß ich auch nicht, was genau passiert ist«, antwortete Amalia etwas verlegen. Gelogen hatte sie nicht, nur eben nicht die ganze Wahrheit erzählt. Doch Freyas misstrauischer Blick entging ihr nicht.
»Julien, ich will gleich nach Levi schauen, ihm ging es heute Morgen nicht so gut. Wahrscheinlich hat er ’ne verrottete Maus gefressen. Kannst du Amalia in den nächsten Unterricht bringen?«, fragte sie ihn und schlang weiter ihr Essen hinunter.
»Selbstverständlich. Du weißt, wenn du mich um etwas bittest, kann ich nicht nein sagen.« Julien lächelte.
»Haha, du meinst wohl eher, du traust dich nicht, nein zu sagen. AUA!! Freya, hast du mich getreten?«, schrie Yato.
»Welches Fach hat sie nach der Pause?«, fragte Julien, ohne auf das Geplänkel der beiden einzugehen.
»Waffenkunde bei Misses Walker. Bis nachher.« Freya stand auf und winkte ihnen zum Abschied.
»Wer ist Levi?«, wollte Amalia wissen.
»Die Akademiekatze. Der kleine schwarze, flauschige Fellball ist so was wie unser Maskottchen. Freya kümmert sich um ihn«, erklärte Yato, während er sich die Haare hinters Ohr strich. »Woher kommst du eigentlich?«, fragte er und begutachtete Amalia.
Sie fühlte sich etwas unwohl. Die gesamte Situation, hier allein mit zwei fremden Jungs zu essen, behagte ihr nicht.
»Ähm … a… aus London«, stotterte sie und Yato grinste.
»War das jetzt eine Frage oder eine Antwort?«
»A… Antwort. Und du?« Sie fühlte, wie ihre Wangen erröteten.
»Aus Augsburg, einer Stadt in Deutschland.« Yato amüsierte sich und klopfte Julien auf die Schulter: »Und er hier ist Ureinwohner, er kommt aus Lancaster.«
Julien strich sich durch die Haare und verdrehte die Augen. Als sich Amalias Blick mit seinem traf, schaute sie schnell wieder auf ihren fast leeren Teller. Er sollte nicht sehen, dass sie ihn musterte.
»Bist du fertig, Amalia? Wir müssen gleich los«, sagte Julien und stand gemächlich auf. Sie nickte zustimmend. Alle drei begaben sich zur großen Eingangshalle.
»Wir müssen in den dritten Stock. Was machst du jetzt, Yato?«, fragte Julien, während sie alle vor der Treppe standen. Der Halbasiate erinnerte sie an eine gleichnamige Mangafigur.
»Nahkampftraining mit Chris. Amalia, hat mich gefreut. Wir sehen uns später«, merkte Yato mit einem Augenzwinkern an. Julien nickte.
»Hat mich auch gefreut, bis dann«, sagte Amalia zu dem charmanten jungen Mann. Stillschweigend folgte sie Julien die Treppen nach oben. Kurz vor dem Klassenzimmer blieb er abrupt stehen und drehte sich zu ihr um.
»Ist wirklich alles in Ordnung?«
Amalia bemerkte seinen besorgten Gesichtsausdruck.
»Ja …« Sie schielte zu Boden. »Es ist einfach nur sehr viel für mich. Aber jeder hat doch mit seinen inneren Dämonen zu kämpfen, oder?« Amalia schaute Julien an und zwang sich zu einem Lächeln; als seine Hand ihren Haaransatz berührte, zuckte sie zusammen. Sie spürte ein Kribbeln auf ihrer Haut, das sich bis in ihren Magen ausweitete. Sein sanftes Auf- und Abstreichen über ihre Haare bereitete ihr sowohl Wohlbefinden als auch Unbehagen und sie wunderte sich über eine solche Geste von einem Jungen, den sie kaum kannte. Doch gleichzeitig verstand sie ihre eigene Reaktion nicht, denn bei jedem anderen wäre sie schon längst zurückgewichen – aber bei ihm nicht.
Hastig zog Julien seine Hand zurück, als hätte er ihre Unsicherheit gespürt, und wies mit ihr auf die Tür vor ihnen.
»Du musst zum Unterricht. Wir sehen uns.« Er machte auf dem Absatz kehrt und verschwand die Treppe hinunter.
Amalia brachte keinen Ton über die Lippen. Schweigend sah sie ihm hinterher und lauschte noch seinen Schritten, als er längst aus ihrem Sichtfeld verschwunden war. Nervös umfasste sie die Türklinke und trat in das Zimmer. Eine kleine, zierliche Frau, deren Haar so schwarz wie das Federkleid eines Raben war, und deren Haut dunkler Schokolade glich, winkte Amalia zu sich.
»Du musst Amalia Ried sein. Ich bin Misses Walker und unterrichte Waffenkunde. Professor Adams hat mir schon gesagt, dass du dir gerne die Fächer vorab anschauen möchtest. Also bitte setz dich.« Die Lehrerin deutete auf den freien Sitzplatz in der ersten Reihe am Fenster. Amalia nahm Platz und folgte gebannt dem Unterricht, auch wenn ihr der Sinn dieses Faches nicht wirklich einleuchtete. Misses Walker erklärte den Unterschied zwischen verschiedenen Schwerttypen und welche Technik sich für welche Waffe am besten eignete. Amalias imaginäre Fragezeichen über ihrem Kopf vermehrten sich unaufhörlich. Vielleicht hätte sie mit dem Unterricht doch noch warten sollen?
3.