Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane. Felix Dahn

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Название Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane
Автор произведения Felix Dahn
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027222049



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vielleicht doch», flüsterte Cethegus, auf sie zuschreitend. «Du hast die Vorschläge von Byzanz verworfen? Das erwartete ich von dir. Entlaß den falschen Griechen.»

      Auf einen Wink der Königin trat Petros in ein Seitengemach.

      «Was bringst du mir, Cethegus! Ich traue dir nicht mehr!»

      «Du hast, statt mir zu trauen, dem Kaiser vertraut, und du siehst den Erfolg.»

      «Ich sehe ihn», sagte sie schmerzlich.

      «Königin, ich habe dich nie belogen und getäuscht darin: ich liebe Italien und Rom mehr als deine Goten: Du wirst dich erinnern, ich habe dir dies niemals verhehlt.»

      «Ich weiß es und kann es nicht tadeln.»

      «Am liebsten säh’ ich Italien frei. Muß es dienen, so dien’ es nicht dem tyrannischen Byzanz, sondern euch, der milden Hand der Goten. Das war von je mein Gedanke, das ist er noch heute. Um Byzanz abzuhalten, will ich dein Reich erhalten: aber offen sag’ ich dir, du, deine Herrschaft läßt sich nicht mehr stützen. Rufst du zum Kampfe gegen Byzanz, so werden dir die Goten nicht mehr folgen, die Italier nicht vertrauen.»

      «Und warum nicht? Was trennt mich von den Italiern und von meinem Volk?»

      «Deine eignen Taten. Zwei unselige Dokumente, in der Hand des Kaisers Justinian. Du selbst hast zuerst seine Waffen ins Land gerufen, eine Leibwache von Byzanz!»

      Amalaswintha erbleichte: «Du weißt –»

      «Leider nicht nur ich, sondern meine Freunde, die Verschworenen in den Katakomben: Petros hat ihnen den Brief mitgeteilt: sie fluchen dir.»

      «So bleiben mir meine Goten.»

      «Nicht mehr. Nicht bloß der ganze Anhang der Balten steht dir nach dem Leben: – die Verschworenen von Rom haben im Zorn über dich beschlossen, sowie der Kampf entbrannt, aller Welt kundzutun, daß dein Name an ihrer Spitze stand gegen die Goten, gegen dein Volk. Jenes Blatt mit deinem Namen ist nicht mehr in meiner Hand, es liegt im Archiv der Verschwörung.»

      «Ungetreuer!»

      «Wie konnte ich wissen, daß du hinter meinem Rücken mit Byzanz verkehrst und dadurch meine Freunde dir verfeindest? Du siehst: Byzanz, Goten, Italier, alles steht gegen dich. Beginnt nun der Kampf gegen Byzanz unter deiner Führung, so wird Uneinigkeit Italier und Barbaren spalten, niemand dir gehorchen, und dies Reich hilflos vor Belisar erliegen. Amalaswintha, es gilt ein Opfer: ich fordere es von dir im Namen Italiens, deines und meines Volkes.»

      «Welches Opfer? Ich bringe jedes.»

      «Das höchste: deine Krone. Übergib sie einem Mann, der Goten und Italier gegen Byzanz zu vereinen vermag, und rette dein Volk und meines.»

      Amalaswintha sah ihn forschend an: es kämpfte und rang in ihrer Brust: «Meine Krone! Sie war mir sehr teuer.»

      «Ich habe Amalaswinthen stets jedes höchsten Opfers fähig gehalten.»

      «Darf ich, kann ich deinem Rate trauen!»

      «Wenn der dir süß wäre, dürftest du zweifeln. Wenn ich deinem Stolze schmeichelte, dürftest du mißtrauen: aber ich rate dir die bittre Arznei der Entsagung. Ich wende mich an deinen Edelsinn, an deinen Opfermut: laß mich nicht zuschanden werden.»

      «Dein letzter Rat war ein Verbrechen», sagte Amalaswintha schaudernd.

      «Ich hielt deinen Thron durch jedes Mittel, solang er zu halten war, solang er Italien nützte: jetzt schadet er Italien, und ich verlange, daß du dein Volk mehr liebst als dein Zepter.»

      «Bei Gott! Du irrst darin nicht: für mein Volk hab’ ich mich nicht gescheut, fremdes Leben zu opfern» – sie verweilte gern bei diesem Gedanken, der ihr Gewissen beschwichtigte –, «ich werde mich nicht weigern, jetzt – aber wer soll mein Nachfolger werden?»

      «Dein Erbe, dem die Krone gebührt, der letzte Amaler.»

      «Wie? Theodahad, der Schwächling?»

      «Er ist kein Held, das ist wahr. Aber die Helden werden ihm gehorchen, dem Neffen Theoderichs, wenn du ihn einsetzest. Und bedenke noch eins: seine römische Bildung hat ihm die Römer gewonnen: ihm werden sie beistehen: einen König nach des alten Hildebrand, nach Tejas Herzen würden sie hassen und fürchten.»

      «Und mit Recht», sagte die Regentin sinnend: «aber Gothelindis Königin!»

      Da trat Cethegus ihr näher und sah ihr scharf ins Auge: «So klein ist Amalaswintha nicht, daß sie kläglicher Weiberfeindlichkeit gedenkt, wo es edler Entschlüsse bedarf. Du erschienst mir von jeher größer als dein Geschlecht. Beweis es jetzt. Entscheide dich!»

      «Nicht jetzt», sprach Amalaswintha, «meine Stirne glüht, und verwirrend pocht mein Herz. Laß mir diese Nacht, mich zu fassen. Du hast mir Entsagung zugetraut: ich danke dir. Morgen die Entscheidung.»

      Viertes Buch:

       Theodahad

       Inhaltsverzeichnis

      

      «Nachbarn zu haben schien Theodahad eine Art von Unglück.» Prokop, Gotenkrieg I.

      Erstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Am andern Morgen verkündete ein Manifest dem staunenden Ravenna, daß die Tochter Theoderichs zugunsten ihres Vetters Theodahad auf die Krone verzichtet und daß dieser, der letzte Mannessproß der Amelungen, den Thron bestiegen habe. Italier und Goten wurden aufgefordert, dem neuen Herrscher den Eid zu schwören.

      So hatte Cethegus richtig gerechnet.

      Das Gewissen der unseligen Frau fühlte sich durch manche Torheit, ja durch blut’ge Schuld schwer belastet. Edle Naturen suchen Erleichterung und Buße in Opfer und Entsagung: durch ihrer Tochter und Cassiodors Anklagen war ihr Herz mächtig bewegt worden, und der Präfekt hatte sie in günstiger Stimmung für seinen Rat gefunden. Weil er so bitter war, befolgte sie ihn: ja sie hatte, um ihr Volk zu retten und ihre Schuld zu sühnen, sich noch weitere Demütigungen vorgesteckt.

      Ohne Schwierigkeit vollzog sich der Thronwechsel.

      Die Italier zu Ravenna waren zu einer Erhebung keineswegs vorbereitet und wurden von Cethegus auf gelegenere Zeit vertröstet. Auch war der neue König als Freund römischer Bildung bei ihnen bekannt und beliebt.

      Die Goten freilich schienen sich nicht ohne weiteres den Tausch gefallen lassen zu wollen. Fürst Theodahad war allerdings ein Mann – das empfahl ihn gegenüber Amalaswinthen – und ein Amaler: das wog schwer zu seinen Gunsten gegenüber jedem andern Bewerber um die Krone.

      Aber im übrigen war er im Volke der Goten keineswegs hoch angesehen. Unkriegerisch und feige, verweichlicht an Leib und Seele hatte er keine Eigenschaften, welche die Germanen von ihren Königen forderten. Nur eine Leidenschaft erfüllte seine Seele: Habsucht, unersättliche Goldgier. Reich begütert in Tuscien lebte er mit allen seinen Nachbarn in ewigen Prozessen: mit List und Gewalt und dem Schwergewicht seiner königlichen Geburt wußte er seinen Grundbesitz nach allen Seiten auszudehnen und die Ländereien weit in der Runde an sich zu reißen: «Denn» – sagt ein Zeitgenosse – «Nachbarn zu haben schien dem Theodahad eine Art von Unglück.»

      Dabei war seine schwache Seele vollständig abhängig von der bösartigen, aber kräftigen Natur seines Weibes.

      Einen solchen König sahen denn die Tüchtigsten unter den Goten nicht gern auf dem Throne Theoderichs. Und kaum war das Manifest Amalaswinthens bekanntgeworden, als Graf Teja, der kurz zuvor mit Hildebad in Ravenna angekommen war, diesen sowie den alten Waffenmeister und den Grafen Witichis zu sich beschied und sie aufforderte, die Unzufriedenheit des