Название | Das Anthropozän lernen und lehren |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Pädagogik für Niederösterreich |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783706560832 |
Abbildung 12: Das Design-Thinking-Konzept eignet sich auch für schulischen Projektunterricht. (Aus den Lehrerhandreichungen zum Transformationscomic, Zea-Schmidt & Hamann, 2013). Näheres siehe Text.
Mit dieser Methode können einzelne Buchkapitel, einzelne im Buch angesprochene Aspekte oder auch das gesamte Buch bearbeitet werden. Die jeweiligen Buchkapitel behandeln (1) Warum wir uns transformieren müssen, (2) Die Erde in der Menschenzeit, (3) Heiße Sache: Klimawandel, (4) So blöd sind wir gar nicht. Blick auf die Vergangenheit, (5) Technisch geht alles, (6) Eine Aufgabe für die ganze Welt, (7) Wer soll das bezahlen? (8) Auch der Staat ist gefordert, (9) Die Politik schafft das nicht allein. Damit werden im Buch sowohl der gesamte Problemaufriss (1, 2) – unter Vertiefung des Klimathemas (3) –, aber auch Mutmacher (4) sowie technische, politische und zivilgesellschaftliche Lösungsvorschläge (5–9) behandelt, was in einem Design-Thinking-Projekt gut weiter aufgearbeitet werden kann. Sehr viele Vorschläge zum Vorgehen für die einzelnen Phasen in schulischen Projekten finden sich in Zea-Schmidt & Hamann (2013). Lesen, diskutieren, Feldforschung durchführen, Rollenspiele, um verschiedene Sichtweisen zu finden, kreatives Brainstorming für Lösungsideen, Basteln und Designen von Prototypen, Einbeziehung anderer für den Test und auch noch eine Umsetzungsphase mit danach anschließendem oder auch später erfolgendem Evaluieren und Reflektieren, was noch besser gemacht werden könnte (Abb. 12).
Auch können sich aus den Buchthemen ergebende weitere relevante Themen behandelt werden, etwa um ein Ernährungs- und Recycling-Konzept für die Schule oder einen Vorschlag zur besseren Implementierung des Nachhaltigkeitsgedankens in allen Schulbereichen zu erarbeiten.
3.3.3 Weitere Formate
Viele weitere Formate im partizipativen und problemlösungsorientierten Kontext sind möglich, sie reichen von Theatervorführungen über Beteiligung an öffentlichkeitswirksamen Schulprojekten bis hin zur Entwicklung von Lernspielen, was hier nicht weiter ausgeführt werden kann.
3.4 Wünschbare Zukünfte für das Anthropozän erarbeiten
Bei den vorhergehenden Anregungen für schulische Projekte eignet sich der anthropozäne Bezug insbesondere für Zustandsbeschreibungen und Analysen von Problemlagen im Anthropozän (z.B. Monitoring-Projekte, Reflexionsprojekte, Prozessverständnis-Projekte etc.). Zwar können auch Lösungen reflektiert und konzipiert werden (ggf. auch in künstlerischen Projekten), insbesondere wenn neue Einsichten erreicht sind. Dennoch erschöpft sich dies doch in der Regel in appellativen Aufforderungen (etwa bei der Verwendung von Metaphern und Narrativen) oder Detaillösungen, die für den Moment und den Fokus sinnvoll erscheinen. Gerade die konsequentiale Metaebene des Anthropozäns erfordert jedoch auch ein Vordenken a) im Sinne der Erstellung von Szenarien auch für entferntere Zeiträume, b) wie Pfade dorthin aussehen könnten, c) welche Schritte dafür jetzt gegangen werden müssen und d), wie bzw. ob dies alles auch ein gutes Leben für alle mit sich brächte. Dass Derartiges schwierig anzugehen ist, wird gerade auch durch die Klimakrise besonders ersichtlich. Ursachen für Verschiebungs- und Vermeidungsstrategien gibt es viele – etliche davon wurden hier bereits erwähnt (vgl. Abb. 5). Herausgegriffen sei nochmals die in unserer westlichen Kultur des „richtig oder falsch“, „gut oder böse“, „Natur oder Kultur“ erlernte duale Denkweise. Selbst wenn verschiedenste Lösungsansätze für ein Problem vorhanden sind und möglicherweise Kombinationen davon durchaus denkbar wären, geht unser Diskursansatz doch meist in die Richtung, die eine angeblich richtige Lösung aus diesem Angebot zu finden, mit dem Effekt, dass es häufig überhaupt keine Entscheidung gibt. Auch sind unsere Zukunftsvorstellungen stark von Science Fiction geprägt, bei der es in der Regel dann eben einem Helden gelingt, ungeahnte Probleme doch noch „aus der Welt“ zu schaffen. Weder gibt es derartige Helden oder „Silver Bullets“ – dazu sind die anthropozänen Problemlagen viel zu komplex –, noch können wir Probleme in der Regel wirklich „aus der Welt“ schaffen, sie bleiben meist sehr lange eine zu überwachende Herausforderung (etwa Klimakrise, Biodiversitätskrise oder auch die SARS-CoV-2-Krise). Viele Lösungen waren zu ihrer Zeit überaus hilfreich, kreierten im Laufe der Zeit jedoch neue Probleme (etwa Dampfmaschine, Verbrennungsmotor).
Die klassische Zukunftsforschung beschränkt sich häufig auf Trendforschung, also dem Fortschreiben schon bekannter, existierender Entwicklungen. Häufig werden mit der sogenannten Delphi-Methode Expertinnen und Experten aus Technik, Politik und Sozialwissenschaften befragt, wie sie die Trendausweitung sehen. Meist wird hier allerdings sehr sektoral vorgegangen. Technologischen Trendvorhersagen mangelt es oft an der notwendigen Kombination mit soziologischen Vorhersagen, denn nur weil etwas machbar ist, wird es nicht automatisch umgesetzt. Kein Wunder, dass viele Trendvorhersagen zwar nicht grundsätzlich falsch liegen, aber eben doch gerade die Zeitabläufe der Innovationsschritte oft sehr falsch eingeschätzt werden. Und da sich viele andere, die gesellschaftliche Beachtung finden, gerne auch aus einem Bauchgefühl heraus zur Zukunft äußern, stimmen natürlich gerade solche unwissenschaftlichen, emotionalen „Glaskugelvorhersagen“ in aller Regel überhaupt nicht – gerne werden solche Beispiele auch zitiert, um Zukunftswissenschaften in Misskredit zu bringen, es gibt sogar Sammlungen solcher, auch historischer Zitate (z.B. „Zitate ganz berühmter Irrtümer“ in Hehmerin 2016). Für weitergehende Ausführungen für diese oftmals mangelhafte Zukunftskompetenz siehe ggf. auch Leinfelder 2013a, 2015, 2019, 2020b).
Es ist damit nicht sehr verwunderlich, dass sich bei all den tatsächlichen oder auch nur gefühlten Problemlagen des persönlichen Bereichs viele nicht mit der Zukunft in einem breiteren und tieferen Aspekt beschäftigen möchten, sich mit vielfältigen Ausreden (siehe Abb. 5) aus der Verantwortung auch für die Zukunft nehmen wollen oder gar die Vergangenheit verklären und möglicherweise für die Parolen rückwärtsgewandter Gruppen oder auch verschwörungstheoretischer Propaganda aufgeschlossen sind.
Gerade die Anthropozän-Thematik erfordert aber wegen ihrer „Alles-hängt-mit-allemzusammen“-Komplexität eine Blickwinkel-Öffnung und Offenheit für ggf. auch unerwartete Zukunftsoptionen. Zukunftskompetenz sollte sehr früh, also auf alle Fälle im schulischen Unterricht angelegt werden. Schulische Bildung kann mit dem Thema Lösungen für die Zukunft im Anthropozän eine Stärkung der fundierenden psychischen Ressourcen Selbstwirksamkeit, Genussfähigkeit und Selbstakzeptanz, bei gleichzeitiger Entwicklung der zielbildenden physischen Ressourcen Achtsamkeit und Genussfähigkeit bewirken. Dies fördert nach Hunecke (2013) durchaus auch eine Sinnkonstruktion für ein persönliches Leben (vgl. auch Leinfelder 2018 für weitere Ausführungen).
Die Blickwinkel-Öffnung für die Zukunft muss allerdings eingeübt werden. Hierzu ist es sinnvoll, nicht nur über wahrscheinliche, also trendbasierte, prognostische Zukunftswege zu reflektieren, welche in der Regel nur einen „Business as usual“-Weg modulieren. Zusätzlich sollten mögliche Zukünfte47 konzipiert werden, um daraus wünschbare Zukünfte abzuleiten. Letztere können auch durchaus sehr imaginative und visionäre Szenarien sein, um dann zu überlegen, ob es Pfade dorthin geben könnte.
Allerdings ergeben sich bei den wünschbaren Zukünften zwei Problemlagen:
a) Unter Solidaritäts-, Gerechtigkeits- und ökologischen Aspekten ist nicht alles Wünschbare sinnvoll, also erdsystemverträglich, solidarisch und gerecht. Das Möglichkeitsfenster sollte insbesondere durch die Planetarischen Grenzen und die vereinbarten Nachhaltigkeitsziele der UN, bei denen alle drei Aspekte verknüpft sind (UNSDGs 2015) aufgespannt werden. Es bleibt aber immer noch sehr viel Raum für verschiedenste Pfadmöglichkeiten.
b) Die Wunschforschung zeigt auf, dass Unbekanntes schwer wünschbar ist (siehe Helbig 2013, Fischer 2016). Um sich etwas wünschen zu können, muss dies vorstellbar sein. Dazu sollten Teilbereiche wünschbarer Szenarien einerseits ausprobiert werden, andererseits auch in ein großes Gesamtbild einfügbar sein. Dazu muss dieses narrativ erzählt oder noch besser zumindest in einer die Vorstellung anregenden Weise visualisiert