Название | Das Anthropozän lernen und lehren |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Pädagogik für Niederösterreich |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783706560832 |
Insgesamt erscheinen gut designte partizipative sowie Design-Thinking-basierte Projekte hervorragend geeignet, um
• Motivation auch zur Beschäftigung mit komplexen Themen zu erzeugen;
• sich mit der „Gesamtheit“ einer Situation zu befassen, also vernetztes, systemisches Denken und Handeln einzuüben;
• aus vernetztem Denken Problemlösungsschritte zu generieren (vgl. Gomez & Probst 2001):
• Zusammenhänge und Spannungsfelder der Problemsituation verstehen;
• Zusammenhänge und Spannungsfelder der Problemsituation herstellen;
• Gestaltungs- und Lenkungsmöglichkeiten erarbeiten;
• mögliche Problemlösungen beurteilen;
• Problemlösungen umsetzen und verankern.
Derartige Bildungsansätze erscheinen wesentlich, um nicht nur Komplexität des vernetzten Systems von Ökosphären mit der Anthroposphäre, sondern auch mögliche integrative Handlungsoptionen und deren Umsetzungen zu vermitteln bzw. anzuregen. Dies steht im Einklang mit der vom WBGU vorgeschlagenen Transformationsbildung, welche ebenfalls dazu befähigen soll, globales Verantwortungsbewusstsein zu reflektieren, systemisches Denken zu fördern und daraus ein systemisches Verständnis der Handlungsoptionen zu generieren (WBGU 2011). Dadurch wird der Gesellschaft Wissen über Umweltprobleme zur Verfügung gestellt und diese zu gesellschaftlicher Teilhabe sowie zu politischem Handeln angeregt. Der WBGU schlägt dazu vor, im Unterricht einen Bezug zu Schlüsselfaktoren der Transformation herzustellen, indem transformationsrelevante Themen fächerübergreifend bzw. fächerverbindend behandelt werden, so dass systemisches Denken alltagsnah erfahrbar und Wirkzusammenhänge nachvollziehbar gemacht werden (siehe z.B. Pelletier et al. 1998; Pintrich 2003; Gormley 2011, WBGU 2011).44
Jeweils ein Beispiel aus dem eigenen Umfeld des Verfassers sei nachfolgend kurz vorgestellt.
3.3.1 Schulisches Anthropozän-Umweltmonitoring – ein Fallbeispiel für die Förderung vernetzten Denkens
Ausgangspunkt für eine in der Arbeitsgruppe des Verfassers durchgeführte Dissertation war die Beobachtung, dass auch an Schulen komplexe Themen oftmals nicht in der notwendigen systemischen Vernetzung behandelt werden, sondern abgesehen von einigen Querschnittsthemen (wie dem leider oft nur als „add-on“ in Projektunterricht behandelten Thema Nachhaltigkeit) für linearen Fachunterricht vielfach zu kleinteilig heruntergebrochen werden. Daher wurde in einem interdisziplinären partizipativen Projekt zum Biodiversitätsmonitoring untersucht, ob dies systemisches Denken positiv beeinflussen kann.
Im Rahmen dieser Dissertation (Rost 2014) wurde mit Berliner Schulen ein fächerübergreifendes Umweltmonitoring erarbeitet und ausgewertet. Dazu wurden vier fächerübergreifende „Forscherhefte“ (Tiere, Pflanzen, Meteorologie, Boden) als Benutzeranleitung erstellt und in Kooperation mit dem Museum für Naturkunde Berlin eine unterstützende datenbankbasierte App angepasst. Die Forscherhefte beinhalten Aufgaben, die wie Arbeitsblätter gestaltet und austauschbar sind. Zum Konzept gehört auch, dass die Schüler/innen ihre Forschergruppe frei wählen durften, jedoch die Lehrkräfte hier ggf. moderierend eingreifen, um auf vergleichbare, miteinander im Austausch stehende Gruppengrößen zu kommen. Jede/r in der Gruppe bekommt ein eigenes Forscherheft, es gibt aber auch ein Gruppenforscherheft, in welches die Lösungen erst nach Einigung in der Gruppe kommen. Auch die Schwierigkeitsstufen der Aufgaben sind erkennbar, es gibt Pflicht- oder Wahlaufgaben, manche Aufgaben können auch als Hausaufgabe gelöst werden, andere nur durch Feldversuche. Insgesamt sollen die einzelnen Gruppen ihre Arbeiten möglichst selbstständig planen und durchführen können, Lehrkräfte werden nur für eventuelle Moderations- und ggf. Aufsichtsaufgaben benötigt. Der jeweils letzte Arbeitsauftrag besteht darin, eine Vernetzung zwischen den Themen der Gruppe aus Sicht der eigenen Forschergruppe herzustellen.
Die Auswertung erfolgte mit Hilfe von Concept Maps mit Pre- und Posttest. Der Pretest unterstrich, dass die Probandengruppe und die Kontrollgruppe genügend homogen waren. Der Posttest ergab, dass die Probandengruppe deutlich höhere positive Wissenszuwächse erfahren hat als die Kontrollgruppe. Qualitativer und quantitativer Fachwissenszuwachs und Entwicklung des systemischen Denkens konnte mit den Concept-Map-Methoden eindeutig und statistisch signifikant erkannt werden. Die zusätzliche Projektevaluierung durch die beteiligten Schüler/innen sowie durch die Lehrkräfte anhand klassischer Fragebögen (mit Likert-Kategorien) ergab, dass das Projekt in all seinen Facetten gut bis sehr gut angekommen ist.
Das Projekt wurde so designt, dass es selbstständig nicht nur auf Schulgärten, sondern auch in öffentlichen Parks oder auch im ländlichen Bereich gut durchführbar ist und auch nicht nur als einmalige Aktion, sondern über mehrere Schuljahre hinweg mit unterschiedlichen Gruppen fortführbar ist. Die Dissertation von Anneli Rost ist frei online verfügbar45.
3.3.2 Design Thinking
Design Thinking ist eine systematische Herangehensweise an komplexe Problemstellungen aus allen Lebensbereichen. Im Gegensatz zu vielen Herangehensweisen in Wissenschaft und Praxis, die Aufgaben von der technischen Lösbarkeit her angehen, steht hier der Mensch im Fokus.
Design Thinking ermöglicht es, traditionelle und veraltete Denk-, Lern- und Arbeitsmodelle zu überwinden und komplexe Probleme kreativ zu lösen. Es schafft in Organisationen die Kultur, die benötigt wird, um die digitale Transformation zu meistern.
So lautet die kurze Einführung in diese Methode auf den Seiten der School of Design Thinking des nach dem Entwickler der Methode benannten Hasso-Plattner-Instituts.46
Die Methode basiert (1) auf kleinen multidisziplinären Teams, damit möglichst viele verschiedene Ideen generiert werden können; (2) auf einer flexiblen Arbeitsumgebung, zur Erleichterung kreativen und kommunikativen Arbeitens und (3) auf einem speziellen „Innovationsprozess“, der auf sechs verschiedenen Phasen basiert und oftmals iterativ abläuft. Nach Dorst (2006) wird dadurch insgesamt analytisches Denken mit kreativen Umsetzungen – „Design“ – verbunden. Die Methode eignet sich insbesondere für komplexe Problemlagen, indem sie vielfältige Lösungsideen generiert, diese jeweils analysiert, evaluiert und darauf basierend immer weiter optimiert werden können.
Dieses methodische Vorgehen eignet sich hervorragend auch zur kreativen Behandlung komplexer Anthropozän-Themen in schulischen Projekten. Für den in Abschnitt 3.2.2 bereits vorgestellten, auf dem WBGU-Transformationsgutachten (WBGU 2011) basierenden Sachcomic zur Großen Transformation (Hamann et al. 2013) wurden Lehrerhandreichungen erstellt, die neben Anregungen und Vorschlägen zur Behandlung der dort vorgestellten Themen im fachspezifischen, fächerübergreifenden und projektbasierten Unterricht für letzteren auch die Design-Thinking-Methode aufgreifen (Zea-Schmidt & Hamann (2013). Zur Anpassung an den schulischen Unterricht wurde der sechsphasige Innovationsprozess der Methode um zwei weitere Phasen ergänzt, um möglichst abgeschlossene Projekte zu ermöglichen (