Название | Das Dekameron |
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Автор произведения | Джованни Боккаччо |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788726544862 |
Nach einigen Tagen sandte der König sie dann auf ihre Bitte mit einer ehrenvollen und erlesenen Gesellschaft von Herren und Damen unter der Führung des Antigonus an den Sultan zurück. Wie groß die Freude bei ihrer Ankunft war, wird mich wohl niemand erst fragen. Aber auch Antigonus und seine ganze Gesellschaft wurden nicht weniger freundlich aufgenommen. Kaum hatte die junge Fürstin sich ein wenig ausgeruht, so wollte der Sultan von ihr hören, wie sie am Leben geblieben war und wo sie sich so lange aufgehalten hatte, ohne ihm jemals von ihrem Ergehen Kunde zu geben. Darauf begann die Dame, die des Antigonus Bericht vollkommen aufgefaßt hatte, also zu ihrem Vater zu sprechen:
„Es war etwa am zwanzigsten Tag nach meiner Abreise von Euch, mein Vater, als ein fürchterlicher Sturm unser Schiff zerschellte und nachts gegen eine Küste im Westen trieb, nahe bei einem Orte, der Aigues Mortes genannt wird. Was aus den Männern geworden ist, die sich auf dem Schiffe befanden, habe ich niemals erfahren und erinnere mich nur, daß ich am andern Morgen, als ich gleichsam von den Toten erwachte, nebst zwei meiner Begleiterinnen von den Bewohnern jener Landschaft, die das zerschellte Schiff inzwischen bemerkt hatten und von allen Seiten zusammengelaufen waren, um es zu berauben, ans Ufer getragen wurde. Mehrere junge Männer packten uns, und jede wurde in einer anderen Richtung davongeschleppt. Mich hatten trotz meines Widerstandes zwei junge Leute ergriffen und zogen mich Weinende an den Haaren hinter sich her. Von meinen beiden Frauen habe ich nie wieder etwas gehört. Als jene mich eben über eine Heerstraße hinweg in einen dichten Wald schleppen wollten, geschah es, daß vier Ritter desselben Weges gezogen kamen. Sobald meine Räuber jene vier sahen, ließen sie mich plötzlich los und ergriffen die Flucht. Die vier Ritter, die von ehrbarem und gesetztem Aussehen waren, kamen, als sie jene fliehen sahen, auf mich zu und fragten mich vielerlei, auch sprach ich viel zu ihnen, doch verstanden sie mich ebensowenig wie ich sie. Darauf hielten sie lange miteinander Rat, hoben mich endlich auf eines ihrer Pferde und führten mich in ein nach den Sitten ihrer Religion eingerichtetes Frauenkloster. Was die Ritter dort gesagt haben mögen, weiß ich nicht. Genug, ich wurde mit vielem Wohlwollen aufgenommen und immer mit Achtung behandelt, während ich mit den Klosterfrauen den heiligen Crescentius im tiefen Tale, den die Weiber dortzulande sehr lieb haben, verehrte. Als ich nun schon einige Zeitmit ihnen gelebt und ihre Sprache einigermaßen erlernt hatte, fragten sie mich, wer und woher ich sei. Ich überlegte aber, wo ich mich befand, und fürchtete, so ich die Wahrheit gestand, sie könnten mich leicht als Feindin ihres Glaubens verstoßen. Deshalb antwortete ich, ich sei die Tochter eines angesehenen Edelmanns auf Zypern und habe auf der Fahrt zu meinem verlobten Gemahl in Kreta, vom Sturme weit verschlagen, Schiffbruch erlitten. In dieser Zeit mußte ich aus Furcht vor größerem Schaden manche ihrer Gebräuche mitmachen.
Als mich aber einmal die erste unter diesen Klosterfrauen, die man Äbtissin nennt, fragte, ob ich nach Zypern zurückzukehren wünsche, antwortete ich, daß mich nach nichts so sehr verlange. Indes wollten sie mich aus Besorgnis für meine Ehre niemand anvertrauen, der nach Zypern reiste, bis endlich, jetzt vor zwei Monaten, einige gesetzte Männer, von denen einer mit der Äbtissin verwandt war, mit ihren Frauen aus Frankreich in jene Gegend kamen. Kaum hatte die Äbtissin vernommen, daß jene nach Jerusalem reisten, um das Grab zu besuchen, in welches der, den sie für einen Gott halten, nach seiner Ermordung durch die Juden gelegt worden ist, so empfahl sie mich ihnen an und bat sie, mich meinem Vater in Zypern zu überbringen. Wie gütig diese Edelleute mich als Reisegefährtin aufnahmen, wieviel Ehre sie nebst ihren Frauen mir antaten, wäre zu weitläufig zu erzählen. Genug, wir gingen zu Schiffe und gelangten in einiger Zeit nach Baffa. Hier angekommen, ohne eine Menschenseele zu kennen, wußte ich nicht, was ich jenen Edelleuten sagen sollte, die mich infolge des Auftrags der ehrwürdigen Frau meinem Vater zuführen sollten. Doch führte mir Gott, der vielleicht Erbarmen mit mir hatte, in dem Augenblick, wo wir in Baffa an Land gingen, Antigonus am Ufer entgegen. Sogleich rief ich ihn an und sagte ihm in unserer Sprache, damit die Edelleute und ihre Frauen mich nicht verstehen sollten, er möge mich als seine Tochter aufnehmen. Er begriff mich sofort, bezeigte mir die größte Freude und bewirtete meine Reisegefährten und ihre Frauen, soweit es in seinen geringen Kräften stand. Dann führte er mich zum König von Zypern, und der hat mich so ehrenvoll aufgenommen, daß ich’s nimmer erzählen könnte, und Euch zugesandt. Sollte noch etwas zu berichten übrig sein, so mag Antigonus es nachtragen, der mich diese meine Schicksale schon oft genug hat erzählen hören.“
Darauf wandte sich Antigonus dem Sultan zu und sagte: „Mein Gebieter, Eure Tochter hat Euch dasselbe erzählt, was ich oftmals sowohl aus ihrem Munde als auch aus dem der Edelleute vernommen habe, mit denen sie nach Zypern kam. Nur eines hat sie zu sagen unterlassen, und das mag sie, wie ich glaube, getan haben, weil sich nicht ziemt, daß sie selbst es erzählt. Ich meine nämlich, was mir jene Edelleute und Damen, mit denen sie gereist ist, von dem ehrbaren Leben, das sie mit den frommen Frauen geführt, und von ihren Tugenden und guten Sitten berichtet haben, und wie Männer und Frauen weinten und klagten, als sie sie bei mir zurücklassen und sich von ihr trennen mußten. Wollte ich Euch alles wiederholen, was mir jene über diesen Punkt gesagt haben, reichte weder der gegenwärtige Tag noch die kommende Nacht dazu aus. Nur so viel will ich hinzufügen, daß Ihr nach den Berichten jener Leute und nach dem, was ich selbst habe wahrnehmen können, Euch rühmen dürft, unter allen Herren, die eine Krone tragen, die schönste, sittsamste und trefflichste Tochter zu besitzen.“
Über dies alles freute der Sultan sich unbeschreiblich und bat Gott mehr als einmal, ihm die Gnade zu erzeigen, daß er jedem, der sich um seine Tochter verdient gemacht, angemessenen Dank beweisen könne, besonders aber dem König von Zypern, der sie ihm auf so ehrenvolle Weise zurückgesandt. Einige Tage darauf ließ er dem Antigonus äußerst kostbare Geschenke reichen, erlaubte ihm, nach Zypern zurückzukehren, und dankte dem König brieflich und durch besondere Gesandte auf das verbindlichste für alles, was er an seiner Tochter getan.
Nach all diesem wünschte der Sultan den ursprünglichen Vorsatz verwirklicht und Alatiel an den König von Algarbien vermählt zu sehen. Daher schrieb er diesem die ganze Geschichte und forderte ihn auf, nach ihr zu schicken, wenn er noch Wert auf ihren Besitz lege. Dem König von Algarbien waren diese Nachrichten sehr willkommen. Er ließ sie auf das ehrenvollste abholen und empfing sie voller Freuden. Dann legte sie, die von acht Männern vielleicht zehntausendmal beschlafen worden war, sich als Jungfrau neben ihm nieder, machte ihn glauben, daß sie es wirklich noch sei, und lebte lange Zeit als Königin glücklich mit ihm. Darum sagt man noch heute: „Neumond und geküßter Mund sind gleich wieder hell und frisch und gesund.“
ACHTE GESCHICHTE
Der Graf von Antwerpen gebt einer falschen Anschuldigung wegen in die Verbannung