Das Dekameron. Джованни Боккаччо

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Название Das Dekameron
Автор произведения Джованни Боккаччо
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788726544862



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und eben dahin warfen, wohin sie den Fürsten bereits geworfen.

      Nachdem dies alles vollbracht war und der Herzog sicher sein konnte, daß weder die Dame noch sonst jemand etwas davon bemerkt habe, nahm er ein Licht in die Hand, ging damit an das Bett und deckte die Dame, die noch ruhig schlief, leise völlig auf. Ihre Formen, die er nun enthüllt sah, schienen ihm von vollendeter Schönheit, und hatte sie ihm bekleidet gefallen, so entzückte sie ihn nackt über alle Maßen. Dieser Anblick entzündete in ihm neue Glut, und die Scheu des eben begangenen Verbrechens hielt ihn nicht ab, sich mit noch blutigen Händen neben sie zu legen und sie, die ihn im Halbschlaf für den Fürsten hielt, zu beschlafen. Als er eine Weile mit dem größten Vergnügen an ihrer Seite zugebracht hatte, erhob er sich wieder und ließ von einigen der Seinen, die er unter Vermeidung aller Geräusche herbeirief, die Dame durch die verborgene Tür, durch die er hereingekommen, davontragen. Draußen mußte sie sich zu Pferde setzen, und die ganze Gesellschaft machte sich eilig und so still als möglich auf den Weg und kehrte nach Athen zurück. Weil aber der Herzog verheiratet war, führte er die mehr denn je betrübte Dame nicht nach Athen selbst, sondern nach einem schönen Landhause, das er unweit der Stadt und nahe am Meer besaß, und hielt sie dort verborgen, während sie auf das anständigste mit allem versehen ward, dessen sie bedurfte.

      Am Tage nach jener Tat warteten die Höflinge des Fürsten bis nach der Mittagsstunde, daß er aufstehen sollte. Da er sich aber immer noch nicht regte, stießen sie die Türen auf, die nur zugeklinkt waren; doch sie fanden niemand und bekümmerten sich nicht weiter darüber, da sie annahmen, daß er mit seiner schönen Dame auf ein paar Tage zu seinem Vergnügen heimlich verreist sein möchte. In dieser Ungewißheit warteten sie noch, als am anderen Tage ein Narr, der in die zerfallenen Häuser gelaufen war, in denen die Leichen des Fürsten und des Kyriakos lagen, die letztere beim Stricke herauszog und hinter sich herschleppte. Mehrere Leute erkannten diese Leiche mit Erstaunen und schmeichelten dem Narren so lange, bis er sie hinführte, wo er jene herausgeholt hatte, und wo sie nun zum großen Schmerze der ganzen Stadt den Körper des Fürsten fanden, der alsbald ehrenvoll begraben ward. Darauf spürte man dem Täter eines so großen Verbrechens nach und vermutete, da der Herzog von Athen nicht mehr anwesend, sondern heimlich abgereist war, er möchte, wie er es wirklich getan hatte, den Fürsten erstochen und die Dame mit sich geführt haben. Infolge dieses dringenden Verdachts wurde schnell ein Bruder des Verstorbenen an dessen Stelle gesetzt und von den Seinigen nachdrücklich zur Rache angespornt. Dieser fand die Meinung der übrigen noch durch andere Anzeichen bestätigt und forderte daher seine Freunde, Verwandten und Untergebenen in den verschiedenen Landschaften zur Hilfe. In kurzem brachte er ein ansehnliches, mächtiges und wohlbewaffnetes Heer zusammen, mit dem er gegen den Herzog von Athen in den Krieg zog.

      Auch der Herzog rüstete indes, sobald er von den Maßnahmen jenseits der Grenze Kunde erhielt, nach Kräften zur Verteidigung, und viele Herren kamen zu seiner Hilfe herbeigezogen; namentlich schickte der Kaiser von Konstantinopel seinen Sohn Konstantin und seinen Neffen Manuel mit zahlreichen und schönen Truppen. Der Herzog, mehr noch aber die Herzogin, die des ersteren Schwester war, empfingen sie auf das ehrenvollste. Inzwischen rückte der Krieg immer näher heran, und die Herzogin ergriff eines Tages die Gelegenheit, ließ Bruder und Vetter zu sich rufen, erzählte ihnen mit Tränen und ausführlichen Worten die ganze Geschichte und den Anlaß des Krieges und beschwerte sich über den Schimpf, den der Herzog ihr dadurch antue, daß er jenes Frauenzimmer, insgeheim, wie er meine, unterhalte. Unmutig und verletzt forderte sie beide auf, zur Wiederherstellung der Ehre des Herzogs und zu ihrer Genugtuung alles zu unternehmen, was in ihren Kräften stehe. Da indes die beiden Jünglinge bereits wußten, wie sich alles zugetragen hatte, hielten sie die Herzogin nicht weiter mit Fragen auf, sondern suchten sie zu beruhigen, soweit sie es vermochten, und erfüllten ihr Herz mit guter Hoffnung. Darauf entfernten sie sich, nachdem sie zuvor noch über den Aufenthaltsort der Schönen unterrichtet worden waren.

      Nun hatten sie früher schon oft die wunderbare Schönheit jener Dame rühmen gehört. Sie verlangten daher sehr danach, sie zu sehen, und baten den Herzog, er möchte sie ihnen zeigen. Dieser sagte es ihnen zu, uneingedenk dessen, was dem Fürsten widerfahren war, weil er sie ihm gezeigt hatte. Er ließ in dem reizenden Garten, der zu dem von der Dame bewohnten Landhause gehörte, ein prächtiges Mittagessen richten und führte sie am folgenden Tage mit wenigen anderen Bekannten dorthin zur Tafel. Bei dieser Mahlzeit mußte Konstantin, der neben ihr saß und sie voller Verwunderung betrachtete, sich gestehen, daß er noch nie eine solche Schönheit gesehen hatte, und er mußte in Gedanken nicht nur den Herzog, sondern auch jeden anderen entschuldigen, der, um ein so schönes Wesen zu besitzen, einen Verrat oder eine sonstige Schlechtigkeit beginge. Indem er sie nun einmal über das andere betrachtete, wobei er sie jedesmal schöner fand, erging es ihm nicht anders, als es dem Herzog ergangen war. Er schied verliebt von ihr und dachte nicht mehr an den Krieg, sondern allein daran, wie er sie dem Herzog entreißen wollte. Dabei verhehlte er jedoch seine Liebe sorgfältig vor jedermann.

      Während er aber in solchem Feuer entbrannte, wurde es Zeit, gegen den Fürsten, der sich schon dem Gebiet des Herzogs näherte, ins Feld zu rücken. Darum verließen der Herzog, Konstantin und die übrigen Athen und rückten den getroffenen Vereinbarungen gemäß an die Grenze, um den Fürsten am weiteren Vordringen zu hindern. Nachdem sie dort mehrere Tage verweilt hatten, meinte Konstantin, der Herz und Gedanken immer bei jener Dame hatte, daß es jetzt, wo der Herzog ihr nicht mehr nahe sei, leichter gelingen könnte, ans Ziel zu kommen. Um Gelegenheit zu haben, nach Athen zurückzukehren, stellte er sich krank und nahm Urlaub vom Herzog, nachdem er zuvor dem Manuel den Oberbefehl über seine Streitmacht übertragen hatte. In Athen bei seiner Schwester angelangt, brachte er nach einigen Tagen das Gespräch auf die Kränkung, welche der Herzog ihr, wie sie meinte, durch seine Leidenschaft für die Fremde antat, und sagte, wenn sie nur wolle, könne er leicht Abhilfe schaffen, indem er jene in ihrem Aufenthaltsort aushebe und anderswohin führe. In dem Wahn, dies alles geschehe nur ihr, nicht aber der Fremden zuliebe, billigte die Herzogin den Plan vollkommen, wenn dabei so vorgegangen würde, daß der Herzog nie erfahre, sie habe in die Sache gewilligt. Konstantin sagte ihr das auf das bestimmteste zu, und die Herzogin gab nun ihre Zustimmung, daß jener nach seinem Gutdünken verfahre.

      Darauf ließ Konstantin in aller Stille ein kleines Fahrzeug bewaffnen und schickte dies eines Abends, mit mehreren von seinen Leuten bemannt, die er zuvor genau unterrichtet hatte, in die Nähe des Gartens, wo die Dame verweilte. Dann begab er selbst sich mit einigen anderen nach dem Landhause und wurde dort sowohl von der ihr zugewiesenen Dienerschaft als auch von ihr selbst freundlich empfangen. Auf seinen Wunsch ging sie, von ihren eigenen Dienern und von Konstantins Gefährten begleitet, mit ihm in den Garten. Er aber führte die Dame, als ob er im Namen des Herzogs mit ihr zu reden habe, allein einer Tür zu, die aufs Meer hinausging. Diese war inzwischen schon von einem der Seinigen geöffnet worden. Das Fahrzeug erschien auf das verabredete Zeichen hin sogleich, und die Dame wurde schnell ergriffen und hineingetragen. Hierauf wendete Konstantin sich an ihre Dienerschaft und sagte: „Keiner, der nicht des Todes sein will, wage es, sich zu bewegen oder einen Laut von sich zu geben, denn ich bin nicht gesonnen, dem Herzog seine Geliebte zu rauben, sondern nur die Schande zu tilgen, die er meiner Schwester antut.“

      Niemand unterstand sich, darauf etwas zu antworten. Konstantin stieg mit den Seinigen ins Schiff, setzte sich neben die Dame, die noch immer weinte, und befahl, die Ruder auszuwerfen und vom Lande abzustoßen. Die Schiffer schienen nicht zu rudern, sondern zu fliegen und waren bald nach Anbruch des nächsten Tages schon in Ägina angelangt. Hier ging man an Land, um auszuruhen, und Konstantin stillte seine Lust an der Dame, die ihre unselige Schönheit beweinte. Dann ging es wieder zu Schiffe, und nach wenigen Tagen ward Chios erreicht, wo Konstantin aus Furcht vor dem Zorn seines Vaters und vor etwaigen Versuchen, ihm die Dame wieder zu entreißen, an einem sicheren Orte zu verweilen beschloß. Mehrere Tage lang beweinte die Dame noch ihr Mißgeschick; endlich aber schenkte sie den Tröstungen Konstantins Gehör und begann nachgerade sich an dem zu freuen, was das Glück ihr eben bot.

      Während sich dies alles auf die angegebene Weise zutrug, kam Osbeck, der damals König der Türken war und ständig mit dem Kaiser im Kriege lebte, zufällig nach Smyrna und erfuhr dort, daß Konstantin ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen auf Chios mit einem geraubten Mädchen ein wollüstiges Leben führe. Daher schiffte er eines Nachts mit einigen bewaffneten Fahrzeugen hinüber,