Allgemeine Epileptologie. Группа авторов

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Название Allgemeine Epileptologie
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Жанр Медицина
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Издательство Медицина
Год выпуска 0
isbn 9783170350762



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und neurologische Erkrankung ; (F) (Bonnett et al. 2014) – hier ist das Risiko eines Rezidivs in den folgenden zwölf Monaten dargestellt für Patienten, die nach dem ersten Anfall für ein halbes Jahr anfallsfrei verblieben sind, Bildgeb = kraniale Bildgebung; n = normal, a = abnormal (Specht und Bien 2018, © Georg Thieme Verlag KG).

      Fehlt eine akut-symptomatische Ursache, handelt es sich um einen unprovozierten Anfall. Entgegen einer verbreiteten Ansicht sind hierzu auch Anfälle nach »Stress« oder Schlafentzug (Lawn et al. 2014, image Abb. 1.3B) zu zählen. Bei etwa 40 % aller Patienten mit einem ersten unprovozierten Anfall tritt innerhalb von zwei bis vier Jahren ein Anfallsrezidiv auf, ca. zwei Drittel davon im ersten Jahr (image Abb. 1.3C). Die Unterschiede zwischen den Studien sind vornehmlich methodisch begründet (Pohlmann-Eden et al. 1994).

      Erster unprovozierter Anfall: Einflussfaktoren auf das Rezidivrisiko

      image Eine Pharmakotherapie senkt das Rückfallrisiko nach erstmaligem Anfall – je höher die Wiederholungswahrscheinlichtkeit, desto deutlicher. image

      Lässt sich ein früherer – auch symptomärmerer – unprovozierter Anfall im Abstand von mindestens 24 Stunden eruieren, liegt eine Epilepsie vor mit einem Rezidivrisiko > 60 % in vier Jahren (Fisher et al. 2014; Hauser et al. 1998). Nach einmaligem unprovozierten Anfall senkt eine antiepileptische Therapie das Risiko eines Rezidivanfalls (image Abb. 1.3D). Epilepsietypische Aktivität im EEG, eine potenziell epileptogene Läsion oder Hinweise auf eine zurückliegende Hirnschädigung erhöhen (ebenso wie das Auftreten des Anfalles aus dem Schlaf) das Wiederholungsrisiko, wobei sich mehrere pathologische Befunde additiv auswirken (Bonnett et al. 2014; Bonnett et al. 2010, image Abb. 1.3E und F). Die epidemiologisch relevante Dichotomie »einmaliger unprovozierter Anfall« vs. »Epilepsie« ist klinisch weniger hilfreich. Bei den oben genannten Risikokonstellationen kann das Rezidivrisiko auch nach einem einmaligen Anfall hoch sein und durch eine Medikation reduziert werden. Eine Risikoreduktion ist bei mittlerem und hohem Risiko nach der MESS-Studie gegeben (Kim et al. 2006, image Abb. 1.3E); ähnliche Ergebnisse erzielte eine Metaanalyse (Bonnett et al. 2014, image Abb. 1.3F).

      Auswahl des ersten Medikaments

      Die Frage nach den zu bevorzugenden Substanzen bei neu diagnostizierten Epilepsien ist von verschiedenen Gruppen unterschiedlich beantwortet worden. Grund hierfür sind die unterschiedlichen Bewertungskriterien. Eine Metaanalyse sieht bei fokalen Anfällen Lamotrigin, Carbamazepin und Oxcarbazepin in Führung (Tudur Smith et al. 2007). Demgegenüber folgte aus einer US-amerikanischen Metaananalyse hochwertiger Studiendaten bei fokalen Anfällen eine Klasse-A-Empfehlung für Phenytoin, Carbamazepin, Zonisamid und Levetiracetam (Glauser et al. 2006). Das britische National Institute for Health and Care Excellence (NICE) empfiehlt auf Grund klinischer und ökonomischer Aspekte bei fokalen Anfällen Carbamazepin oder Lamotrigin; wenn diese intolerabel oder ineffektiv sind, Levetiracetam, Oxcarbazepin, Valproinsäure (NICE 2012). Die deutsche Leitlinie schließlich orientiert sich bei fokalen Anfällen an einer Studie unter realistischen Alltagsbedingungen (Marson et al. 2007) und hebt pharmakokinetische Aspekte hervor. Damit gelangt sie zu einer Empfehlung von Levetiracetam und Lamotrigin (Bast et al. 2017).

      Dieser Überblick belegt, dass es keine eindeutige Antwort auf die Frage nach dem »besten ersten Medikament« gibt, sodass individuelle Vorlieben und spezifische Patienteneigenschaften die Auswahl bestimmen können.

      Literatur

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      Hauser