Mörderische Ostsee. Claudia Schmid

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Название Mörderische Ostsee
Автор произведения Claudia Schmid
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839267707



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Was empfiehlst du uns da? War in deinem Glas zufällig Hochprozentiges drin? Hast du nur für uns Wasser geholt und in deinem befand sich etwas anderes? Derartige Witze hast du seit deiner Pubertät nicht mehr zum Besten gegeben.«

      Julian grinste. »Was ihr euch schon wieder vorstellt! Alter, kannste dir nicht ausdenken. ›Kaka‹ ist das schwedische Wort für ›Kuchen‹.« Er blickte auf seine Uhr. »Warum ruft eigentlich Oma nicht an?«

      Norbert griff nach der Getränkekarte. »Wir telefonieren nicht mehr täglich.«

      Julian lachte. »Was ist denn da kaputt? Das machst du doch schon, seit ich denken kann, und erzählst ihr dabei, was es mittags in der Kantine gab!«

      »Du telefonierst doch auch mit deiner Mutter!«

      »Das ist was anderes.« Edelgard sah sich nicht in der Lage, diesen Einwurf zu unterdrücken. Sie fand den Vergleich unerhört. Im Gegensatz zu Norberts Mutter hatte sie ihren Sohn ja wohl losgelassen! Zumindest sie selbst betrachtete ihr Verhältnis zu Julian derart.

      »Versteh ich nicht. Wenn meine Mutter dich anruft, ist es was anderes, als wenn du Julian anrufst?«

      »Von Moms Warte aus schon.« Julian konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Er selbst verstand es in der Regel geschickt, sich vom Spannungsfeld der beiden Frauen fernzuhalten. »Erzähl schon, was ist los mit Oma?«

      »Oma hat …« Norbert suchte nach den richtigen Worten.

      Edelgard stupste ihn an. »Erzähl es endlich! Es ist etwas wirklich Positives.«

      »Jetzt bin ich echt neugierig. Was hat Oma?«

      Norbert räusperte sich. »Holst du mir bitte ein Glas Wasser, Julian?«

      Der griff nach dem Glas seines Vaters und stand auf. »Ey, du machst es echt spannend.« Er beeilte sich, mit dem Getränk zurückzukommen, und nahm wieder Platz. »Also, was ist los?«

      Norbert nahm einen großen Schluck, bevor er sprach. »Mutti hat jemanden kennengelernt.«

      »Wie bitte?«

      »Du hast richtig gehört. Der zweite Frühling ist angebrochen. Sie hat keine Zeit mehr, sich um ihren Sohn zu kümmern.« Edelgard strahlte. »Der neue Mann in ihrem Leben tut ihr augenscheinlich gut. Sie blüht richtig auf!«

      »Kümmern! Also, Edelgard, Mutti nimmt Anteil an meinem Leben. Das ist was gänzlich anderes.«

      Edelgard schwieg zu dieser Bemerkung.

      »Mutti hat einen Herrn in ihrem Alter kennengelernt. Den sieht sie häufig.«

      »Die beiden erwägen sogar, ihre Haushalte zusammenzulegen«, platzte Edelgard heraus.

      Norbert verschüttete sein Wasser, als er erneut trinken wollte. »Na ja, so weit sind wir noch nicht.«

      »Was heißt hier ›wir‹? Ziehst du auch mit ein, Paps? Wird das eine WG? Anstelle von einem Altersheim für Oma?«

      Norbert ignorierte den Scherz seines Sohnes. »Ich rate Mutti dazu, nichts zu überstürzen. So etwas will schließlich gut überlegt sein.«

      »Also, ich finde Theodor ziemlich nett. Ein akkurater und pünktlicher Herr. Außerdem sehr kultiviert! Die beiden passen gut zusammen! Sie ergänzen sich prächtig. Und sie haben dieselben Interessen. Theater, Konzerte, sie sind nur noch gemeinsam unterwegs. Theodor ist seit drei Jahren verwitwet.«

      Norbert betrachtete sein Hemd, welches er mit Wasser bekleckert hatte. »Ich mache das eben auf der Toilette trocken.« Er stand auf und entfernte sich.

      Als er außer Hörweite war, sagte Julian: »Verstehe. Paps spricht nicht gerne darüber.«

      »Meine Güte, er tut so, als ob er einen Stiefvater bekäme! In seinem Alter! Er übertreibt maßlos. Theodor drängt sich ihm wirklich nicht auf.«

      »Wo hat Oma ihren Liebhaber denn kennengelernt?«

      »Liebhaber? Um Himmels willen! Erwähne das bloß nicht in Norberts Gegenwart. Er scheint diese Verbindung rein platonischer Natur zuzuordnen. Da bin ich allerdings anderer Meinung.« Sie kicherte. »Also, neulich …« Sie besann sich, dass sie im Begriff war, mit ihrem Sohn ein pikantes Thema bezüglich seiner Großmutter zu erörtern, empfand dies rasch als äußerst unangemessen und wechselte deshalb das Thema. »Die beiden unternehmen wie gesagt viel gemeinsam.«

      »Lass mich raten. Ist er ihr im Supermarkt begegnet? Sie haben beide gleichzeitig nach dem letzten Brokkoli gegriffen?«

      »Kannst du schweigen?« Edelgard blickte hektisch in Richtung Toilettentür. »Norbert darf das nie erfahren. Hörst du? Niemals!«

      »Klar schweige ich. Versprochen! Rück endlich raus damit!«

      »Schwöre es!«

      »Mom! Okay, ich schwöre. Wenn du unbedingt willst. Aber jetzt erzähl’s doch endlich. Du machst es richtig spannend!«

      »Ich habe sie in einem Dating-Portal angemeldet. Natürlich heimlich.«

      »Was? Mom, das hätte ich dir gar nicht zugetraut!«

      »Ich dachte mir, es kann nicht schaden, wenn sie wieder einen eigenen Lebensinhalt hat. Sie hat mir ein bisschen zu viel Anteil an unserem Leben genommen, wenn du verstehst, was ich meine.«

      »Die täglichen Telefonate? Ihre Ratschläge bezüglich deiner Haushaltsführung? Ich erinnere mich. Manches Mal hatte ich den Eindruck, sie gibt dir ständig eine Art Bedienungsanleitung für Paps.«

      »Die hat sich bloß schrecklich gelangweilt. Stell dir vor, es funktioniert hervorragend mit Theodor! Sie ist richtig glücklich mit ihm.«

      »Aber …«

      »Ein einziger Herr hat sich gemeldet. Der dann auch angebissen hat. Jener Theodor.«

      »Wie hast du ihm erklärt, dass Oma nichts davon weiß?«

      Sie kicherte. »Er wurde ebenfalls hinter seinem Rücken angemeldet. Von seiner Enkelin. Die fand, der alte Herr sei einsam, und sie wollte ihm etwas Gutes tun. Wir beide haben uns ausgetauscht und dann beschlossen, Konzertkarten zu kaufen. Die beiden hören gern klassische Werke. Da hat sich das so ergeben. Wir haben ihnen Karten für nebeneinanderliegende Plätze geschenkt und Gutscheine für die Sektbar. Das hat sie ins Gespräch gebracht.«

      »Sektbar? Das wird ja immer doller.«

      »Hör zu, Julian. Oma denkt, sie hat ihren Theodor völlig zufällig getroffen. Seine Enkelin hält ebenfalls dicht. Du lässt sie bitte in diesem Glauben, wenn das Thema darauf kommt! Und kein Sterbenswörtchen darüber zu deinem Vater!«

      »Bestimmt nicht!«

      »Es ist viel entspannter bei uns, seit ihn seine Mutter nicht mehr täglich anruft. Und vor allem, seit sie nicht mehr bei uns nach dem Rechten sieht. Ob auch wirklich alles gründlich genug geputzt ist. So wie früher in den 50ern, als die Leute mit ihrer übertriebenen Sauberkeit den Dreck des schrecklichen Krieges wegzuputzen versuchten.«

      »Du hast mein Ehrenwort, Mom.«

      Norbert kam zurück. Auf seiner Brust lagen Fitzelchen des Papiertuchs, mit dem er versucht hatte, sein Hemd zu trocknen.

      »Wofür gibst du deiner Mutter ein Ehrenwort?«

      »Ehrenwort?«, echote Edelgard. »Da hast du dich verhört, Schatz. Wir besprechen unser morgiges Tagesprogramm.« Zur Bekräftigung stieß sie unterm Tisch sanft mit ihrer Fußspitze gegen das Schienbein ihres Sohnes.

      Der nickte pflichtschuldig. »Genau. Mom und ich überlegen, was wir unternehmen wollen.«

      Am nächsten Tag überraschte Julian seine Eltern mit einem spontanen Vorschlag.

      »Und Frida wird das wirklich mögen?« Norbert war skeptisch. »Überfallen wir sie nicht damit? Sie kennt uns doch gar nicht.«

      »Höchste Zeit, sie zu treffen! Ich will sie unbedingt kennenlernen.« Edelgard war sofort