WattenAngst. Andreas Schmidt

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Название WattenAngst
Автор произведения Andreas Schmidt
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783827184030



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dass Kerstin Möller einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen war. Offensichtlich fehlte von ihr jede Spur. Was sollte sie der Vermieterin von Kerstin Möller später sagen?

      „Allein unterwegs?“ Johannsen blickte auf, als er sah, dass Wiebke den schlammigen Parkplatz überquerte. Vom Regen in der Nacht hatten sich zahlreiche Pfützen in dem Schotterbelag gebildet.

      „Jan ist mucksig“, nickte sie.

      „Wegen der Konkurrenz aus Flensburg“, griente Johannsen.

      „Das K 1 ist keine Konkurrenz, es ist der Auftrag der Kollegen, Mörder zu überführen“, murmelte Wiebke.

      „Ich weiß das, ich weiß das“, nickte Johannsen. „Manchmal kommt man sich wie die zweite Wahl vor, wenn wir vorgeschickt werden, um die Drecksarbeit zu machen. Dann kommen die Kollegen, krempeln die Ärmel hoch und schieben uns aufs Abstellgleis – das ist frustrierend.“ Piet Johannsen nickte. „Ich kann Jan gut verstehen.“

      „Ich ja auch“, räumte Wiebke ein, „trotzdem müssen wir weiter unsere Arbeit machen.“

      „Apropos“, hakte der Kriminaltechniker ein. „Willst du dir den Fundort der Klamotten angucken?“

      „Ja.“ Wiebke nickte und folgte dem Kollegen zu dem alten Hünengrab am Rande des Parkplatzes. Massive Steine waren zu einer historischen Grabstätte aufgeschichtet worden. Wiebke erinnerte sich daran, dass die Grabstätte in früheren Zeiten in der Nähe von Voßberg an der Landstraße nach Ostenfeld gestanden hatte. Doch das war lange vor ihrer Zeit gewesen. Vor rund vierzig Jahren hatte man das Hünengrab an diesem Parkplatz wiedererrichtet. Fünf massige Steinblöcke trugen einen sechsten Stein, der als Dach diente. Grünspan hatte die tonnenschweren Blöcke überzogen. Ein muffiger Geruch drang in Wiebkes Nase, als sie am Eingang in die Hocke ging, um einen Blick ins Innere des Grabes zu werfen.

      Die Bekleidung wirkte modern und hochwertig. Ein pinkfarbenes Laufshirt, eine leichte Windjacke in Schwarz, die an den Ärmeln pinkfarbene Streifen aufwies, eine Art Leggins in Schwarz. Die modischen Sportschuhe in knalligem Pink, dazu weiße Socken, ein schwarzer Slip und ein Sport-BH, ebenfalls in Schwarz. Socken und die Unterhose waren auf links gedreht. „Sie scheint eine Vorliebe für Pink zu haben.“

      Johannsen grinste schief. „Haben das nicht viele Mädchen und Frauen?“

      „Ich nicht.“ Wiebke schüttelte den Kopf. „Blau ist meine Lieblingsfarbe.“ Sie zückte das Smartphone und fotografierte das seltsame Ensemble.

      „Wie schön, das hebt dich von der Masse ab“, bemerkte Johannsen hinter ihr. „Ich habe das schon fotografiert.“

      „Kann ich mir denken.“ Wiebke ließ das Handy verschwinden und stand auf. Sie beugte sich in die Grab-

      stätte und überlegte, was hier passiert sein könnte. Alles deutete auf eine Entführung hin – oder ein sexuell motiviertes Gewaltdelikt. Beides gefiel ihr nicht.

      Wiebke bemerkte, dass es am Ärmel der Windjacke ein Fach für das Smartphone gab. Die kleine, aufgenähte Tasche stand offen, das Fach war leer.

      „Ein Smartphone hast du nicht gefunden?“, fragte Wiebke, ohne sich zu Johannsen umzublicken.

      „Das hätte ich dir längst gesagt.“ Er wirkte ein wenig gekränkt. „Entweder hat sie es verloren, oder der große Unbekannte hat es mitgehen lassen.“

      „Die Gegend muss abgesucht werden.“

      „Dann veranlassen wir das.“

      „In Ordnung.“ Alles wirkte, als hätte es jemand achtlos in die Grabstätte geworfen. Als hätte es jemand eilig gehabt, die Kleidung zu entsorgen. Von einem Versteck wollte Wiebke nicht reden – dafür hatte sich der Unbekannte zu wenig Mühe gemacht. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Kleidung mit dem herumliegenden Laub abzudecken und so auf den ersten Blick unsichtbar werden zu lassen. Wiebke schloss kurz die Augen und dachte nach. Es hatte den Anschein, als habe der Unbekannte geplant, dass die Sportsachen schnell gefunden wurden. Oder er wollte auf sich aufmerksam machen.

      „Er hat sich keine Mühe gemacht, die Klamotten zu verstecken“, murmelte sie und stand auf. „Fragt sich, warum. War er in Eile, oder will er Aufmerksamkeit erregen?“

      „Das herauszufinden ist dein Part“, grinste Johannsen schulterzuckend. „Ich werde die Dinge sicherstellen und einen DNA-Test im Labor machen.“

      „Hast du etwas Auffälliges im näheren Umkreis der Fundstelle entdeckt?“, fragte Wiebke. „Was ist mit den Schleifspuren, die der Chef angesprochen hat?“

      „Ich kann dir nicht sagen, ob hier wirklich ein Kampf stattgefunden hat“, räumte Johannsen ein. „Theoretisch könnte es auch sein, dass jemand einen Müllsack oder so etwas über den Boden gezogen hat. Wären da nicht diese Fußabdrücke.“ Seine Augen funkelten unternehmungslustig hinter den Gläsern der Nickelbrille. „Aber mit denen werde ich mich noch beschäftigen, vielleicht wissen wir dann mehr.“ Er deutete auf das Hünengrab. „Derzeit hat es den Anschein, als hätte der Täter die Kleidung einfach hier reingeworfen, um sich mit dem Opfer aus dem Staub zu machen – warum auch immer.“

      „Ich will sämtliche Reifenspuren auf diesem Parkplatz haben“, sagte Wiebke.

      „Das sind viele“, behauptete der Kriminaltechniker.

      „Da musst du durch, fürchte ich.“ Wiebke versuchte sich vorzustellen, was hier passiert sein könnte.

      „Auf diesem Parkplatz herrscht ständiges Kommen und Gehen: Spaziergänger, Hundebesitzer, Geschäftsleute, die hier im Gebüsch pinkeln gehen, was weiß ich. Man kann doch mit dem Auto fast bis an die Grabstätte heranfahren.“

      „Vielleicht beabsichtigte unser Täter ja, dass die Bekleidung schnell gefunden wird.“

      „Das spricht nicht gerade für seine Intelligenz.“ Wiebke betrachtete den Kriminaltechniker mit einem zweifelnden Blick. Piet Johannsen zuckten die Schultern. Er nahm die markante Nickelbrille ab und polierte sie umständlich, hauchte auf die Gläser und putzte mit einem Tuch darüber. „Oder wir haben es sogar mit einem sehr intelligenten Täter zu tun, der uns an der Nase herumführen will.“

      „Dann wäre es ein gefährlicher Gegner“, bemerkte Wiebke.

      Piet Johannsen nickte. Er setzte die Brille auf und betrachtete Wiebke lange. „Und genau das ist es, was mir Sorge bereitet, Wiebke.“

      „Hast du persönliche Gegenstände gefunden?“

      Kopfschütteln. „Nichts. Kein Portemonnaie, kein Handy, kein Schlüssel.“ Johannsen deutete auf den Kia. „Vielleicht hat sie alles im Auto gelassen. Schade nur, dass auch der Wagenschlüssel noch nicht aufgetaucht ist.“

      „Wir werden ihn öffnen müssen.“

      „Ist schon eingestielt“, sagte Johannsen. „Der Schlüsseldienst ist unterwegs, ein Richter hat den nötigen Beschluss ausgestellt.“

      „Sehr schön“, lobte Wiebke. Es war selten, dass ein diensthabender Richter so schnell reagierte. Vermutlich waren die Behörden nach dem Mord an Hans Olaf Berger aufgescheucht und legten an Tempo weiter zu.

      Wiebke warf einen Blick auf die Uhr. Erika Brütsch erwartete sie sicher schon. „Ich muss los“, sagte sie. „Mal sehen, was die Vermieterin uns über Kerstin Möller erzählen kann.“

      NEUN

      Husum, Lundweg

      Eine Nachbarin, die auf dem Bürgersteig mehr schlecht als recht das nasse Laub zusammenkehrte, bedachte Wiebke mit einem misstrauischen Blick. Wiebke nickte der alten Frau freundlich zu, dann stand sie vor dem Haus von Erika Brütsch. Es handelte sich um ein unauffälliges Reihenhaus mit geklinkerter Fassade und einem auffallend hohen Spitzdach. Von Grünspan überzogene Waschbetonplatten führten durch einen kleinen Vorgarten zum Eingang des Hauses, das aus den frühen 1960er-Jahren stammte und sich nicht von denen in der direkten Nachbarschaft unterschied.

      Inzwischen hatte ein