Der Dreißigjährige Krieg. Peter H. Wilson

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Название Der Dreißigjährige Krieg
Автор произведения Peter H. Wilson
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783806241372



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der Adelsrepublik unterschätzt, weil ihre Truppen nicht nach dem Muster westeuropäischer Heere organisiert waren. Es gab ein kleines, stehendes Kontingent leichter Kavallerie (etwa 3000 bis 5000 Mann), das „Viertelsheer“ (wojsko kwarciane) genannt wurde, nach dem Anteil des königlichen Steueraufkommens, das zu seinem Unterhalt aufgebracht werden musste. Es patrouillierte entlang der südöstlichen Grenzen des polnischen Territoriums, um Überfälle der Tataren abzuwehren, und konnte nur dann vergrößert werden, wenn der Sejm die entsprechenden Steueraufstockungen bewilligte. Allerdings verfügte der König über seine eigene Leibwache und konnte unter der Bauernschaft seiner Kronländer eine Miliz von etwa 2000 Mann einberufen, die sogenannte Auswahl (wybranka, ähnlich den bereits erwähnten Wibranzen). Außerdem konnte er auf die Privatarmeen seiner Magnaten zurückgreifen, die als Adelsaufgebot (pospolite ruszenie) für die Landesverteidigung mobilisiert wurden. Meistens dauerte es freilich Monate, bis diese Aufgebote tatsächlich zur Verfügung standen, und selbst dann zogen sie mitunter nicht gleich ins Feld, sondern wurden von den Adligen als Plattform genutzt, um ihrem Unmut über bestimmte Missstände Luft zu machen. Andererseits bot die auf Reitertrupps und Überfallkommandos basierende Art der Kriegführung, wie sie in Osteuropa praktiziert wurde, reichlich Gelegenheit zum Plündern und zog deshalb zahlreiche Freiwillige an, die sich der leichten Kavallerie anschlossen. Ab 1578 verpflichtete die Rzeczpospolita auch ukrainische Kosaken für eine Grenzmiliz, die jener an der habsburgischen Militärgrenze ähnelte. Um 1619 zählten diese Kosakeneinheiten rund 11 000 Mann. Die Polen selbst verließen sich auf ihre Husaren oder Panzerreiter, die von mittlerer Kavallerie (den sogenannten pancerni) unterstützt wurden; zusammen machten sie mindestens die Hälfte eines typischen polnischen Feldheeres aus. Sogar gegen Soldaten, die nach der modernsten niederländisch-oranischen Methode ausgebildet worden waren, konnten derartige Reiterheere überaus effektiv sein. In der Schlacht von Kirchholm boten die Schweden 10 900 Soldaten auf, darunter eine große Zahl deutscher und anderer Söldner bei der Infanterie. Gegen ein vergleichsweise kleines Heer von 2600 polnischen Reitern mit nur rund 1000 Fußsoldaten als Verstärkung hatten sie dennoch keine Chance und wurden aufgerieben.160

      Allerdings verschloss sich auch die Adelsrepublik nicht den neuesten militärischen Entwicklungen, rekrutierte sogenannte „deutsche“ Fußsoldaten und Reiter, die das disziplinierte Schießen in der Formation gelernt hatten. Viele dieser Söldner waren tatsächlich Deutsche oder andere Ausländer, aber der Kriegsausbruch in Mitteleuropa sorgte – zusammen mit dem Misstrauen des polnischen Adels gegenüber Fremden in der Armee ihres Königs – dafür, dass spätestens in den 1630er-Jahren selbst solche Einheiten vorwiegend aus der eigenen Bevölkerung rekrutiert wurden. Die Heere der polnisch-litauischen Krone verbanden also taktische Elemente aus Ost und West – und das mussten sie auch, wollten sie sich erfolgreich gegen ihre Feinde aus beiden Himmelsrichtungen zur Wehr setzen.

      Kriege mit Russland und Schweden Der polnisch-schwedische Machtkampf wurde nach 1605 durch die Implosion des Moskauer Zarentums gleichsam auf Eis gelegt. Dort im Osten hatte sich eine ganze Reihe von angeblichen Thronerben und „falschen Dimitris“ die Klinke in die Hand gegeben. Allesamt gaben sie vor, der Zarewitsch Dimitri, jüngster Sohn Iwans des Schrecklichen und damit letzter Spross der Rurikiden-Dynastie, zu sein – dieser war jedoch schon 1591 gestorben. Die auf seinen Tod folgende „Zeit der Wirren“ bot sowohl Schweden als auch Polen-Litauen eine Gelegenheit, sich am russischen Territorium gütlich zu tun. Sigismund intervenierte 1609 in dem östlichen Nachbarland und beabsichtigte, seinen Sohn Władysław IV. Wasa zum neuen Zaren zu machen. Stattdessen einigten sich die verfeindeten Parteien innerhalb Russlands nach langem Hin und Her 1613 auf Michail Fjodorowitsch Romanow, als Zar Michael I. genannt, dessen Dynastie bis 1917 Bestand haben sollte. Mit dem Vertrag von Deulino endete im Dezember 1618 Sigismunds Intervention in Russland. Jedoch blieb das Gebiet um Smolensk, mit dessen Eroberung 1611 die Adelsrepublik ihre weiteste Ausdehnung – bis weit über den Dnjepr hinaus – nach Osten gefunden hatte, in polnischer Hand. Diesem Gewinn stand ein schwedisches Vorrücken auf russischem Boden gegenüber, seit der Friedensschluss mit Dänemark Gustav Adolf 1613 freie Hand zur Ausnutzung der russischen Wirren gegeben hatte. Der neue Zar trat im Frieden von Stolbowo (März 1617) die Provinzen Ingermanland und Karelien an die schwedische Krone ab, wodurch diese den gesamten Finnischen Meerbusen unter ihre Kontrolle brachte und Russland bis ins frühe 18. Jahrhundert hinein von der Ostsee abgeschnitten wurde. Allerdings gelang es den Schweden auch damit nicht, den Russlandhandel vollkommen an sich zu reißen, denn noch hielt Dänemark die Nordroute nach Archangelsk in seiner Hand. Obgleich die von Anbeginn hohen Erwartungen niemals nachließen, machte der Handel mit Russland die Schweden nicht reich, und schon bald nach 1617 richtete Gustav Adolf seine Aufmerksamkeit weiter nach Westen und an der Südküste der Ostsee entlang in Richtung Polen.161

      Nach dem Friedensschluss von Stolbowo war der Schwedenkönig sich seiner Sache ein wenig zu sicher und versuchte noch im selben Jahr 1617, aus dem noch andauernden Kampf der polnischen Adelsrepublik gegen Zar Michael Kapital zu schlagen, indem er von Estland aus südwärts nach Livland einrückte. Im darauffolgenden Frühjahr entsetzte der litauische Hetman Christoph Radziwill mit einer großen Streitmacht Riga, was die Schweden zwang, einen zweijährigen Waffenstillstand zu akzeptieren. Ein dauerhafter Friedensschluss blieb in weiter Ferne, weil Sigismund sich weigerte, seine Ansprüche auf die schwedische Krone aufzugeben. Seine Kriege gegen das lutherische Schweden und das orthodoxe russische Zarenreich mehrten das Ansehen des polnischen Königs in der katholischen Welt und brachten ihm wohlwollende Grußschreiben aus Spanien und vom Heiligen Stuhl ein. Sigismund revanchierte sich, indem er die Beziehungen zu den österreichischen Habsburgern verbesserte, die 1587 versucht hatten, seine Königswahl zu hintertreiben. Wegen Interessenkonflikten in Siebenbürgen, der Walachei und Moldau war das polnisch-österreichische Verhältnis in der Folge angespannt geblieben, aber Sigismund hatte nach 1592 eine enge Verbindung zum innerösterreichischen Familienzweig der Habsburger geschaffen.162 Dynastische Heiraten führten schließlich zu einer Formalisierung des Bündnisses im März 1613. Man versprach sich gegenseitigen Beistand gegen „Rebellen“ – was zunächst auf die schwedische Wasa-Dynastie gemünzt war, nach dem Ausbruch des Böhmischen Aufstands fünf Jahre später indes eine ganz neue Bedeutung bekommen sollte.

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