Название | Guy de Maupassant – Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Guy de Maupassant |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962817695 |
Ein anderes Mal, als Du Roy zufällig den Bilboquetschrank öffnete, hatte man die seines Vorgängers am Stiel mit schwarzem Flor umwunden und sein eigenes, mit dem er unter Anleitung Saint-Potins zu spielen pflegte, trug ein rosa Seidenbändchen; auf dem Brett, auf welchem die Bilboquets der Größe nach aufgestellt wurden, war ein Zettel angeheftet, ähnlich wie im Museum, auf dem stand:
»Alte Sammlung Forestier & Co. — Forestier, Du Roy Nachfolger G. m. b. H. Unveräußerliche Gegenstände dürfen bei jeder Gelegenheit selbst auf Reisen gebraucht werden.«
Er schloss ruhig den Schrank und sagte so laut, dass es jeder hören konnte:
»Neidische Dummköpfe gibt es überall.«
Er war tief verletzt in seinem Stolz und seiner Eitelkeit, in dieser besonders empfindlichen und nervösen und misstrauischen Schriftstellereitelkeit, die sowohl dem kleinsten Reporter wie auch dem genialsten Dichter zu eigen ist.
Dieses Wort »Forestier« kränkte sein Ohr. Er fürchtete, es zu hören, und errötete jedes Mal, wenn er es doch hören musste. Dieser Name war für ihn bissiger Spott geworden, ja mehr als Spott, eine schwere Beleidigung. Dieser Name schrie ihm zu: »Deine Frau macht die Arbeit für dich genau so, wie sie es für den anderen gemacht hat. Ohne sie wärest du nichts.«
Dass Forestier ohne Madeleine nichts gewesen wäre, das wollte er gern zugeben, aber er selbst — nein, das war ganz was anderes.
Und auch zu Hause wollte dieses bedrückende Gefühl nicht von ihm weichen. Das ganze Haus mahnte ihn jetzt an den Toten, die Möbel, die ganze Einrichtung, alles, was er anfasste. In der ersten Zeit hatte er nicht daran gedacht. Aber die Neckereien seiner Kollegen hatten seinem Geist eine Wunde beigebracht, die durch eine Menge bisher unbeachteter Kleinigkeiten noch weiter aufgerissen wurde. Er konnte nichts mehr in die Hand nehmen, ohne dass er Charles’ Hand darauf zu erblicken glaubte. Er sah und gebrauchte nur Dinge, die jener auch einst benutzt hatte, Gegenstände, die er gekauft, geliebt und besessen hatte. Und Georges begann sich schon jetzt bei dem Gedanken an die früheren Beziehungen seines alten Freundes zu seiner jetzigen Frau zu beunruhigen und zu ärgern.
Bisweilen wunderte er sich selbst über diese innere Empörung seines Herzens, die er sich nicht erklären konnte, und er fragte sich: »Zum Teufel, wie kommt das nur? Ich bin doch nicht auf die Freunde Madeleines eifersüchtig; ich kümmere mich nicht darum, was sie treibt; sie kommt und geht, wie es ihr passt und nur der Gedanke an diesen blöden Kerl, den Charles, macht mich direkt wütend.« Und in Gedanken setzte er hinzu: »Im Grunde war er ein Idiot, und das ist es, was mich so kränkt. Ich ärgere mich, dass Madeleine so einen Schafskopf hatte heiraten können.«
Und er wiederholte sich immerfort: »Wie konnte diese Frau so ein Vieh nur einen Augenblick gern haben?« Und sein Hass und seine Eifersucht wurden von Tag zu Tag durch unzählige Kleinigkeiten aufgestachelt, die ihn wie Nadelstiche peinigten. Immerfort wurde er an den anderen erinnert. Bald durch eine Bemerkung Madeleines, bald durch ein Wort des Dieners oder des Stubenmädchens.
Eines Abends fragte Du Roy, der süße Speisen liebte: »Warum haben wir nie ein Zwischengericht? Du lässt nie welche auftragen.«
Die junge Frau antwortete fröhlich:
»Das ist wahr, ich habe gar nicht daran gedacht; das kommt daher, weil Charles sie nicht ausstehen konnte.
Er konnte sich nicht mehr beherrschen und schnitt ihr mit einer ungeduldigen Bewegung das Wort ab:
»Ach weißt du, dieser Charles beginnt mir auf die Nerven zu gehen. Es geht ja fortwährend: Charles hier, Charles dort. Charles liebte dieses, Charles liebte jenes. Nun ist Charles krepiert, also soll man ihn endlich in Ruhe lassen.«
Madeleine sah ihren Mann erstaunt an. Sie begriff diesen plötzlichen Wutausbruch nicht. Doch bald ahnte sie mit ihrem scharfen Verstande, was in ihm vorging, die langsame Wühlarbeit dieser verspäteten Eifersucht, die jeden Augenblick wuchs, und durch alles genährt wurde, was ihn an den Toten erinnerte.
Sie hielt es vielleicht für kindisch, fühlte sich jedoch geschmeichelt und erwiderte nichts.
Er ärgerte sich über seine Gereiztheit, und dass er sich nicht hatte beherrschen können. Abends nach dem Essen arbeiteten sie wieder zusammen an einem Artikel für den nächsten Tag und er verwickelte sich in den Fußsack. Er konnte nicht mit den Füßen hinein, warf ihn mit einem Fußtritt beiseite und fragte lachend: »Charles hatte wohl immer kalte Füße?«
Sie lachte auch und antwortete:
»Oh, er lebte in einer ständigen Furcht vor Erkältungen; er hatte auch schwache Lungen.«
»Er hatte es übrigens auch bewiesen«, erwiderte Du Roy boshaft. Dann setzte er höflich und galant hinzu: »Zum Glück für mich.« Und er küsste seiner Frau die Hand.
Doch als sie zu Bett gingen, fragte er immer von demselben Gedanken verfolgt:
»Trug Charles auch baumwollne Nachtmützen, damit er keinen kalten Luftzug an die Ohren kriegte?«
Sie ging auf den Scherz ein und erwiderte: »Nein, er band sich ein Madrastuch um die Stirn.«
Georges zuckte die Achseln und sagte mit endloser Verachtung :
»So ein Affe.«
Seitdem war Charles für ihn ein unerschöpflicher Unterhaltungsgegenstand. Er sprach über ihn, bei jedem Anlass und nannte ihn nur noch »dieser arme Charles« mit verächtlich mitleidigem Ton.
Und wenn er von der Redaktion zurückkam, wo man ihn zwei- oder dreimal Forestier angeredet hatte, so rächte er sich dann und verfolgte den Toten bis in sein Grab mit bittersten und gehässigsten Witzen. Er spöttelte über seine Fehler, seine kleinlichen komischen Seiten, zählte sie mit Wohlbehagen auf, wobei er sie immer übertrieb und vergrößerte, als wollte er im Herzen seiner Frau den Einfluss eines gefährlichen Nebenbuhlers bekämpfen.
Er wiederholte:
»Sag’ mal, Madeleine, entsinnst du dich noch des Tages, als dieser Dummkopf Forestier uns beweisen wollte, dass die dicken Menschen kräftiger wären als die mageren?«
Dann wollte er allerlei intime Einzelheiten über den Verstorbenen erfahren, worüber die junge Frau unwillig schwieg. Doch er war hartnäckig und bestand darauf.
»Sag’ doch, erzähle es mir mal, er musste in diesem Augenblicke recht komisch sein?«
»Höre